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Mitarbeiter des Syker Finanzamtes gesteht: Millionen verzockt

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Von: Wiebke Bruns

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927 000 Euro soll der Finanzamtsmitarbeiter – hier mit seinem Anwalt – veruntreut haben.
927 000 Euro soll der Finanzamtsmitarbeiter – hier mit seinem Anwalt – veruntreut haben. © Wiebke Bruns

Fast eine Million Euro soll ein Mitarbeiter des Finanzamtes Syke veruntreut haben. Jetzt muss er sich dafür vor dem Landgericht Verden verantworten.

Verden/Syke – Rund 927. 000 Euro soll ein 29 Jahre alter Mitarbeiter des Finanzamtes Syke über einen Zeitraum von zweieinhalb Jahren veruntreut haben. Am Donnerstag ist am Landgericht Verden der Prozess vor der 4. Großen Wirtschaftsstrafkammer gestartet – mit einem Geständnis des Angeklagten aus Bassum. Zur Finanzierung seiner Spielsucht will er die Taten begangen haben.

81 Fälle der Untreue und Steuerhinterziehung werden dem 29-Jährigen zur Last gelegt. Jede Überweisung wird als eine Tat gewertet. Dabei steigerte er sich stetig in den Beträgen. Exakt ein Jahr vor dem Prozessauftakt soll er die letzte Buchung über rund 121 000 Euro getätigt haben. Wenige Tage später flog der Schwindel auf. Der Steueramtsinspektor, die Beförderung war noch 2020 erfolgt, wurde suspendiert.

Syke: Verdacht wird von außen ans Finanzamt herangetragen

„Wäre nicht an das Finanzamt von außen herangetreten worden über den Verdacht der Geldwäsche, wäre er noch immer dort tätig und würde Gelder abzweigen“, mutmaßte Verteidiger Helmut Pollähne. „Die Vorwürfe sind leider in vollem Umfang zutreffend“, so der Jurist und sprach von einer „massiven Spielsucht“. Schon 2011 sei der Angeklagte von seinen Eltern in einem Bremer Casino fürs Spiel gesperrt worden. Der Angeklagte schätzt, dass er im Laufe der Jahre zwei bis zweieinhalb Millionen Euro verzockt habe. Seinen höchsten Einzelgewinn bezifferte er mit 617 000 Euro beim Online-Roulette. Das Geld sei aber nicht ausgezahlt worden.

Veruntreuung: Spielleidenschaft oder Spielsucht?

Die Staatsanwaltschaft Verden spricht hingegen in der Anklageschrift lediglich von einer „Spielleidenschaft“. Ein psychiatrischer Sachverständiger wird beim nächsten Prozesstermin ein Gutachten dazu vorstellen.

Von dem veruntreuten Geld soll nichts mehr vorhanden sein. „Alles weg, alles verspielt“, sagte der Angeklagte. Doch wie konnte er unbemerkt so viel Geld des Fiskus veruntreuen? Dafür nutzte er Steuernummern, die aufgrund von Tod oder Insolvenz der Steuerpflichtigen inaktiv waren. „Er erzeugte Guthaben durch Umbuchungen und zahlte diese auf sein Konto aus. Das Ursprungskonto bereinigte er durch Niederschlagung von Steuerforderungen“, heißt es in der Anklageschrift.

Finanzamt Syke: Andere Mitarbeiter zu Unrecht unter Verdacht

Automatische Mahnungen habe der Angeklagte durch Sperrvermerke verhindert, erklärte ein Finanzbeamter, der mit der Aufklärung betreut war. Hinweise auf Guthaben seien anfangs auf dem Tisch des Angeklagten gelandet. Nachdem er in einem anderen Bereich tätig war, habe er diese abgefangen.

Andere Mitarbeiter des Syker Finanzamtes gerieten zu Unrecht unter Verdacht, weil der Angeklagte deren Passwörter oder Vertrauen missbrauchte. „Nicht das goldene Verbrechen, sondern Harakiri, das zweieinhalb Jahre gut gegangen ist“, merkte der Vorsitzende Richter Markus Tittel an. Der Prozess wird am Montag, 19. April, fortgesetzt.

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