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Geld und Lebensmittel: Syker Vereine sammeln Spenden für die Ukraine

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Von: Michael Walter

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Sie hoffen auf viel Geld für die Ukraine. Von links: Übersetzerin Eva Rozanov, Marita Thiel-Wolf (Intakt), Tatjana Popovichianko, Irena Poutrinia (Intakt) und Gerhard Thiel (Rund ums Syker Rathaus).
Sie hoffen auf viel Geld für die Ukraine. Von links: Übersetzerin Eva Rozanov, Marita Thiel-Wolf (Intakt), Tatjana Popovichianko, Irena Poutrinia (Intakt) und Gerhard Thiel (Rund ums Syker Rathaus). © Michael Walter

Im Rahmen einer Finissage im Café Alte Posthalterei sammeln die Künstlerin und zwei Syker Vereine Spenden. Die sollen in die Ukraine gehen.

Syke – Ein Jahr. So alt wird in diesen Tagen der Krieg vor unserer Haustür. Am kommenden Freitag, 24. Februar, ist der Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine. Ein Jahr ist dort jetzt Krieg. Ein Jahr lang sterben dort jeden Tag Menschen im Kampf. Ein Jahr lang sorgen sich Menschen, die aus der Ukraine fliehen konnten, um ihre Freunde und Verwandten, die dageblieben sind und von denen sie nicht wissen, ob sie sie jemals wiedersehen werden.

Künstlerin Tatjana Popovichianko aus der Ukraine stellt im Syker Cafe Alte Posthalterei aus

Wir können nicht so tun, als wäre dies ein Tag wie jeder andere: Diese Auffassung hat sich im Verein Rund ums Syker Rathaus und im Verein Intakt durchgesetzt. Gemeinsam mit der ukrainischen Künstlerin Tatjana Popovichianko haben sie eine Idee entwickelt, wie sie den Menschen in der Ukraine zumindest ein kleines bisschen helfen können.

Tatjana Popovichianko stellt im Café Alte Posthalterei Bilder aus. Sie sind ausnahmslos alle nach ihrer Flucht vor dem Krieg entstanden. Diese Ausstellung geht jetzt ihrem planmäßigen Ende entgegen. Also – lautete die Idee – machen wir doch eine Finissage zum Jahrestag des Einmarsches in die Ukraine und sammeln parallel dazu Hilfsgüter für die Bevölkerung.

Marita Thiel-Wolf von Intakt erzählt, wie alles gekommen ist. „Über die Sprachkurse, die Intakt für Flüchtlinge anbietet, hat sich ein Unterstützerkreis gebildet. Hauptsächlich Frauen.“ Diese Gruppe hat Kontakt zu einer Initiative in Oldenburg aufgenommen, die Lebensmittel in die Ukraine schickt. „Mit ihr zusammen machen wir jetzt eine gemeinsame Spendenaktion.“

Spenden für die Ukraine und Versteigerung von Bildern von Tatjana Popovichianko

Donnerstag von 14 bis 17 Uhr und Freitag von 9 bis 12 Uhr ist dafür eine Annahmestelle im Rathaus eingerichtet. „Wir sammeln alles an haltbaren Lebensmitteln“, sagt Marita Thiel-Wolf und zählt auf: Reis, Nudeln, Mehl, Haferflocken, Zucker, Salz, Kaffee, Tee, Tütensuppen und Konserven. Aber nur Dosen, kein Glas. „Wir fahren die Spenden dann nach Oldenburg, und Oldenburg fährt das Anfang März in die Ukraine.“

Annahmetermine für Spenden im Syker Rathaus

Zusätzlich veranstalten beide Vereine am 24. Februar ab 17.30 Uhr einen ukrainischen Abend im Café Alte Posthalterei. Mit Essen und Musik und aktuellen Berichten aus der Ukraine. „Alle Bilder von Tatjana Popovichianko sind käuflich zu erwerben“, sagt Gerhard Thiel von Rund ums Syker Rathaus. „Der Erlös geht direkt in die Ukraine.“ Und damit an diesem Abend noch ein bisschen mehr zusammenkommt, wird er eines der Bilder versteigern.

Therapie durch Kunst: Ukrainische Künstlerin Tatjana Popovichianko engagiert sich in Syke

Tatjana Popovichianko hat in einer Vorstadt von Odessa gelebt. Als dort die ersten Bomben fielen, flüchtete sie. Über Rumänien, Ungarn, die Slowakei und Polen kam sie nach Deutschland und wohnt heute in Martfeld. Praktisch ihr gesamter persönlicher Besitz ist in Odessa geblieben.

Einen Monat lang war sie wie blockiert und konnte nicht mehr malen. Dann brach es nur so aus ihr heraus und eine Vielzahl von Bildern ist seitdem entstanden, von denen sie eine Auswahl im Café Alte Posthalterei und nebenan im Spieker zeigt. Ihre Bilder sind friedlich, mit liebevoll-humorigen Details. Und sie zeigen überwiegend Häuser. „Häuser haben eine Seele“, ist sie überzeugt.

Dass sie malt und was sie malt, nennt sie selbst „Art Therapy“. Also: Therapie durch Kunst. Einmal die Woche bietet sie das in Bremen als Kurs für andere Ukraine-Flüchtlinge an. Darüber hinaus arbeitet sie inzwischen stundenweise als Betreuerin an der Grundschule in Martfeld. „Ich muss was machen“, sagt sie.

Tatjana Popovichianko berichtet von ihren Erfahrung aus der vom Krieg gebeutelten Ukraine

Rumsitzen und nichts tun kann sie nicht. Sie besucht auch Sprachkurse, um Deutsch zu lernen. Mit durchwachsenem Erfolg. „Ich kann noch nicht sprechen, aber ein bisschen was verstehen“, lässt sie übersetzen. „Und ich darf an der Grundschule schon Mathe-Hausaufgaben korrigieren.“

Ihr Haus bei Odessa steht noch, weiß sie. „Sogar Cafés und Theater arbeiten, weil die Leute etwas brauchen, das sie ablenkt.“ Aber auch wenn Odessa weit weg von der Front ist, ist der Krieg allgegenwärtig. Russische Bomben und Raketen auf die Infrastruktur haben spürbare Schäden hinterlassen. „Oft gibt es keinen Strom, kein Wasser und keine Heizung. Alles wird abgeschaltet, um die Notversorgung für Krankenhäuser und andere wichtige Einrichtungen aufrechtzuerhalten. Die Menschen duschen und föhnen sich dann eben nachts, wenn der Verbrauch insgesamt geringer ist und die Leitungen wieder angeschaltet werden.“

Ihre Mutter und ihr Bruder sind noch in der Ukraine, erzählt die 61-Jährige. „Mein Bruder muss wahrscheinlich zum Militär.“

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