Mit Spaß und Ehrgeiz am Melkgeschirr

Sulingen / Steimbke – Merle Spannhake aus Sulingen-Herelse hat nun den Bezirksmelkwettbewerb der Landwirtschaftskammer Niedersachsen in Steimbke gewonnen.
Die Nachwuchsmelkerin setzte sich gegen elf weitere Teilnehmer aus den Gebieten Diepholz, Nienburg, Südniedersachsen und Uelzen durch: Sie erreichte 105 von möglichen 110 Punkten in der theoretischen und praktischen Prüfung – und hat sich für den Landesentscheid am Landwirtschaftlichen Bildungszentrum der Landwirtschaftskammer in Echem bei Lüneburg am 10. März qualifiziert. Läuft auch dort alles bestens, könnte für die Bezirkssiegerin im April 2023 der „Bundeswettbewerb Melken“ der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft in Rheinland-Pfalz auf dem Programm stehen. Den zweiten Platz belegte Eske Eggers aus Faßberg, den dritten Justin Deggenhardt aus Neustadt am Rübenberge.
Vor dem Wettbewerb habe sie sich zwei Wochen gezielt vorbereitet, verrät Merle Spannhake. Weil weder der elterliche Betrieb in Herelse noch ihr derzeitiger Ausbildungsbetrieb noch einen Melkstand haben, sondern mit sogenannten Melkrobotern arbeiten, sei sie für das Training zu ihrem vorigen Ausbildungsbetrieb, dem Hof Campe in Staffhorst, zurückgekehrt. Das werde sie auch vor dem Landesentscheid so handhaben: „Ich werde sicher vorher noch einmal üben – dann flutscht das alles besser von der Hand“, sagt Merle Spannhake lachend.

Die 21-Jährige, die ihr drittes Ausbildungsjahr auf dem Milchviehbetrieb der Lingemann GbR in Löningen absolviert, gehört zum besten Melkernachwuchs, gravierende Fehler seien also nicht zu erwarten gewesen, berichtet Leistungsinspektor Klaus-Dieter Quade, der für die Kammeraußenstelle Sulingen den Wettbewerb organisierte. Und tatsächlich lagen die Ergebnisse am Ende recht eng beieinander. „Eine gewisse Nervosität war bei den Teilnehmern zu spüren, aber alle meisterten die ,Prüfungssituation Melkwettbewerb‘ sehr gut“, hat er bei den jungen Leuten registriert. Eine Teilnahme am Melkwettbewerb übe und ein gutes Abschneiden sei gut fürs Selbstbewusstsein – sowie eine Vorbereitung auf weitere Prüfungssituationen, wie zum Beispiel auf die anstehende Zwischen- oder Abschlussprüfung zum Landwirt.
Für Laien seien die Abläufe in dem Melkstand von Christian Oehlerking und Christian Andermann auf dem Betrieb der AOL GbR in Steimbke kaum nachvollziehbar, sagt Quade. Ein Prüfling, zwei Prüfer, vier Kühe lautet die Faustformel: „Gesunde Milch und Milchprodukte von gesunden Kühen“, der Rest geht schon ins „Eingemachte“. Dass das nicht mehr viel mit „Strip, strap, strull: Ist der Eimer bald voll?“ zu tun hat, hätten die zwölf Melker sehr schnell festgestellt, weiß der Leistungsinspektor. Fingerspitzengefühl am Euter sei gefragt. Prüfer und Prüfling betrachten mithilfe des Milchzelltestes die Eutergesundheit. Ist alles in Ordnung? Und wie geht es jetzt weiter? Wie erfolgt die Euterreinigung? Welche Reihenfolge ist beim Ansetzen des Melkgeschirrs zu beachten? Ist die technische Ausrüstung einsatzbereit? Und reicht die vorgegebene Zeit aus? In der theoretischen Prüfung mussten 20 Fragen aus einem Gesamtfragenkatalog von 300 Aufgaben – ähnlich wie beim Führerscheintest – zu Agrarwirtschaft, Rinderzucht und –haltung, Euter und Milchbildung, Melktechnik, Milchinhaltsstoffe, Reinigung und Desinfektion, Milchqualität, Futterwirtschaft und Fütterung, Gesundheitspflege und Tierwohl sowie Tierschutz beantwortet werden.
Die alle zwei Jahre von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen organisierten Melkwettbewerbe sollen die berufsständische Aus- und Weiterbildung unterstützen. Sie sind aber auch ein Leistungsvergleich für den landwirtschaftlichen Nachwuchs. Melkwettbewerbe werden daher auch manchmal als das „Leistungspflügen der Milchbauern“ bezeichnet. In diesem Jahr sei der Bezirk neu zugeschnitten worden mit den Gebieten Diepholz, Nienburg, Südniedersachsen und Uelzen. Insgesamt 110 Auszubildende seien bei den Kreisentscheiden angetreten, um sich für den Bezirkswettbewerb zu qualifizieren.
„Der Umgang mit Kühen und dem Rohstoff Milch ist etwas für Profis“, stellt Quade fest. Dies hätten die zwölf Auszubildenden auf dem Bezirksmelkwettbewerb in Steimbke bewiesen und dafür bei der Siegerehrung nicht nur ihre Urkunden und Ehrenpreise, sondern auch sehr viel Lob entgegengenommen.
Eine Anekdote am Rande des Melkwettbewerbs wusste Katja Ittershagen, Mitorganisatorin von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, zu erzählen: Schon Merles Vater Cord Spannhake habe sich 1994 über den damaligen Bezirksmelkwettbewerb bis zum Bundesmelkwettbewerb in Iden, Sachsen-Anhalt, qualifiziert und sei mit der niedersächsischen Melkergruppe sehr erfolgreich gewesen. „Ein gewisses ,Melker-Gen‘ scheint sich bei Spannhakes vererbt zu haben“, sagt Klaus-Dieter Quade schmunzelnd.
Für Merle Spannhake darf beim Leistungsmelken der Spaß an der Sache nicht fehlen, betont sie, aber auch Ehrgeiz sei dabei: „Ich will mein Bestes geben und sehe dann, wofür es reicht.“
Ihr Blick richtet sich vor allem aber bereits in die Zukunft: Im Sommer endet für sie voraussichtlich die Ausbildung, dann sollen eventuell ein Jahr im Ausland und Praktika folgen, bevor mit dem Besuch der ein- und zweijährigen Fachschule Agrarwirtschaft in Celle der Abschluss als staatlich geprüfte Betriebswirtin das langfristige Ziel ist.