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Patrick Bade: „Macht noch mehr Spaß als vermutet“

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Von: Harald Bartels

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Ein Mann sitzt an seinem Schreibtisch und blickt in die Kamera.
Das erste Jahr als Sulinger Bürgermeister hat Patrick Bade vollendet. © Bartels

Sulingen – Seit einem Jahr im Amt als Sulinger Bürgermeister ist Patrick Bade. Im Interview blickt er zurück auf die Erfahrungen der vergangenen zwölf Monate und spricht über kommende Aufgaben. Die Fragen stellte Harald Bartels.

Herr Bade, als Kandidat für das Amt des Sulinger Bürgermeisters sprachen Sie davon, dass es Ihr Traumberuf sei. Ist das nach einem Jahr im Amt immer noch so?

Tatsächlich mehr als vor einem Jahr! Was ich unterschätzt habe, ist der Zeitbedarf: Zwölf, 14 Stunden sind häufig eher die Regel als die Ausnahme. Und dennoch habe ich die Vielseitigkeit der unterschiedlichsten Aufgaben, die an einen Bürgermeister gestellt werden, auch unterschätzt – aber positiv. Darum macht es sogar noch mehr Spaß als vermutet!

Was macht bei der Vielseitigkeit am meisten Spaß?

Gerade, dass es so unterschiedlich ist. Natürlich hat man auch persönliche Interessen: Um den Kulturverein kümmere ich mich gerne, weil ich selber auch kulturbegeistert bin, aber in allen Bereichen ist etwas Interessantes dabei, da würde ich gar nicht etwas herauspicken wollen.

Für Ihr erstes Jahr hatten Sie sich Projekte vorgenommen, die Sie umsetzen wollten – was ist davon gelungen?

Wir haben ja schon beim 100-Tage-Interview über die Reaktivierung der Bahnstrecke gesprochen, aber das ist nichts, was man in einem Jahr schaffen kann. Wir haben aber in diesem Jahr viele Gespräche dazu geführt, mit dem Vorsitzenden des Verkehrsausschusses des Bundestages, mit dem Landkreis, mit dem Aktionsbündnis Eisenbahnstrecke Bassum-Bünde, mit den Landtagsabgeordneten – aber die Gespräche mit den Verantwortlichen im Land nach den Landtagswahlen stehen noch aus.

Und wie beurteilen Sie nach diesen Gesprächen die Aussichten für das Projekt?

Wir können es auf jeden Fall nicht alleine stemmen. Der nächste Schritt wäre die standardisierte Bewertung, aber das ist finanziell ein relativ großer Posten, da müssen wir mit den an der Strecke anliegenden Kommunen auch noch einmal ins Gespräch gehen, ob wir das zusammen realisieren können. Es wäre auch sinnvoll, Fördermittel nicht nur für die Realisierung bereitzustellen, sondern auch für die Planung vorweg, das könnte ein Leader-Projekt sein. Die Chancen sind auf jeden Fall besser als vor fünf Jahren, weil die Situation eine ganz andere ist in Hinblick auf Energiekosten, Klimaschutz und, und, und. In den letzten Wochen und Monaten hat man auch gesehen, wie anfällig die Infrastruktur der Bahn ist, deswegen bekommt die Verbindung auch eine andere Bedeutung, als Ausweichstrecke.

Gibt es schon Überlegungen, was sich für die Stadt verändern müsste, wenn es einen regelmäßigen Bahnverkehr gibt?

Das wird nicht von Anfang an so einschneidend sein, dass man die gesamte Verkehrsführung überdenken müsste. Tendenziell müsste man auch überlegen, wo ein neuer Bahnhof entsteht, denn den haben wir nicht mehr. Seitens der Bundesregierung und der Landesregierung wird ja immer gesagt, der ländliche Raum solle gestärkt werden, und für unsere Infrastruktur, für die Ansiedlung von Betrieben und für uns als Wohn- und Arbeitsort wäre es eine deutliche Verbesserung.

Was hat das Jahr sonst geprägt?

Mit den steigenden Coronazahlen war es ein sehr holpriger Start, aber wir schaffen zwei neue Kindergartengruppen bei den „Sule-Rackern“ in Sulingen und in Lindern bei der „Lindenblüte“, und für die neue Krippengruppe der „Villa Kunterbunt“ sieht es auch sehr gut aus. Da sind wir dem Bauverein sehr dankbar. Der Ukrainekrieg hat uns das ganze Jahr beschäftigt und wird uns weiter beschäftigen. Ein Hauptthema dabei war Wohnraum: Wir schaffen es bislang, dezentral unterzubringen, aber der Wohnungsmarkt ist leer. Deswegen richten wir jetzt an der Schmelingstraße eine kleine Unterkunft ein, wo wir 20 bis 30 Schutzsuchende unterbringen können. Das „Reload“ hat wieder stattgefunden, mein erstes als Bürgermeister, das war sehr friedlich, super Stimmung, super Wetter.

War das Ihr erster Besuch des Festivals?

Nein, aber bisher nur als Gast, nie so lange wie jetzt. Von der Planung über Aufbau, Umsetzung im Betrieb und Abbau bis zur Nachsorge, hatte ich die Möglichkeit, in alle Bereiche zu gucken, das war total interessant. Es ist wirklich beachtlich, was da alles ehrenamtlich geleistet wird.

Was ist aus den Vorhaben zur Gestaltung der Innenstadt geworden?

Wir hatten das Sofortprogramm „Perspektive Innenstadt“, da haben gerade die Arbeiten am Wohnmobilstellplatz begonnen. Und zur Gestaltung der Innenstadt gehört ja auch noch das Programm „Anpassung des urbanen Raumes an den Klimawandel“, in dessen Rahmen wir ja Fläche rund um den Froschbrunnen entsiegeln wollen. Das läuft aber noch bis zum 30. Juni 2023. Die Möblierung der Langen Straße ist nach einigen Verzögerungen beauftragt und wir hoffen, dass sie spätestens im Frühjahr umgesetzt wird.

Wenn sich die Umsetzung so verzögert: Gefährdet das die Fördermittel, die dafür zugesagt waren?

Wahrscheinlich werden wir bei der Möblierung eine Fristverlängerung benötigen und diese beantragen. Tatsächlich schaffen wir es sonst nicht mehr im vorgegebenen Zeitraum.

Schaffen Sie das generell nicht mehr oder war das ein Sonderfall?

Es ist generell ein Problem geworden, die Fristen einzuhalten – aufgrund von Lieferengpässen oder weil Firmen nicht verfügbar sind, Bauzeiten sich verlängern, weil Mitarbeiter krank sind.

Gibt es dafür Verständnis in der Bevölkerung, etwa bei Themen wie der Brücke am Stadtsee?

Da hatte es tatsächlich auch andere Gründe als nur Lieferengpässe, weil auch noch Genehmigungen oder Gutachten einzuholen sind. Bei den Brücken wird es tatsächlich sehr kritisch angemerkt. Ich kann das sehr gut nachvollziehen, aber wir tun wirklich unser Möglichstes.

Wie ist der Stand der Dinge bei möglichen Nachnutzungen für die Klinik?

Zum Gesundheitsstandort Sulingen gibt es auch viel Redebedarf. Jetzt gab es ja gerade eine neue Entwicklung mit dem Projekt „StatAMed“ von der AOK.

Wie beurteilen Sie als Bürgermeister dieses Projekt?

Damit ist die ärztliche und fachärztliche Versorgung noch nicht sichergestellt, aber es ist eine Perspektive für den Standort und eine Alternative zur Schließung kleinerer Standorte. Ich freue mich, dass die Kliniken Landkreis Diepholz gGmbH an diesem Modellversuch teilnimmt und hoffe, dass es über den Projektzeitraum hinaus eine Chance für den Standort Sulingen ist. Für die wohnortnahe Versorgung, gerade der älteren Bevölkerung, ist das ein großer Schritt – vielleicht auch in Kombination mit einem medizinischen Versorgungszentrum oder einem regionalen Versorgungszentrum. Da sind wir in engen Gesprächen mit dem Landkreis und den Kliniken, aber es ist ein Prozess, der sich noch ziehen wird.

Welches Thema war sonst noch wichtig?

Wir versuchen in der Kommunikation besser zu werden. Wir haben jetzt im Verwaltungsausschuss deutlich mehr Gäste, die beispielsweise Projekte in frühen Planungsphasen vorstellen und wir wollen in der Kommunikation mit dem Bürger besser werden, Stichwort Onlinezugang. Außerdem habe ich die Bürgermeistersprechstunde „Sag’s dem Bürgermeister“ eingeführt. Ganz neu ist eine Gesprächsrunde mit den Ortsbürgermeistern. Das wollen wir jetzt häufiger machen – vor allem vor dem Hintergrund, dass wir 2024 50 Jahre Eingemeindung feiern.

Welche Projekte stehen daneben noch an?

Die eingezäunte Freilauffläche für Hunde würde ich gerne verwirklichen und bin gerade dabei, mit jemandem vom Fach das weiter auszuarbeiten. Es fragt auch schon mal der eine oder andere Bürger nach und bietet Hilfe an. Ein weiteres großes Thema ist die bessere Aufteilung des Verkehrsraums, auch im Rahmen der Innenstadtsanierung. Im kommenden Jahr schaffen wir für den Bauhof ein E-Fahrzeug an für den Bereich Straßenreinigung. Zum Thema E-Mobilität gehören auch die beiden Lastenfahrräder, die wir zur Fahrradsaison anschaffen wollen. Sie sollen verliehen werden zum Testen, und auch unsere Mitarbeiter können sie nutzen. Beim Gewerbegebiet Vorwerker Heide geht es weiter, da sind neue Bauanträge gestellt, die Wirtschaftsförderung und der Bürgermeister sind in steten Gesprächen mit Interessenten. Im neuen Haushalt wiederfinden wird sich auch das Thema Zivilschutz. Da geht es aber darum, dass wir unsere Arbeitsfähigkeit im Fall der Fälle aufrechterhalten – wir müssen eine Möglichkeit schaffen, damit wir überhaupt im Rathaus ein Notstromaggregat anschließen können, aber es geht auch um Ausbildung und Fortbildung der Mitarbeiter.

Welchen Wunsch haben Sie für das kommende Jahr?

Mehr Zeit, eigene Ideen voranzutreiben und zu planen (lacht). Mein Wunsch ist, dass wir die Stellen besetzen können die wir ausschreiben, dass die Zusammenarbeit mit dem Stadtrat, dem Landkreis, dem Sulinger Land und den übrigen Bürgermeistern des Landkreises weiter so gut funktioniert und dass es intern mit unserem ganz, ganz tollen Team weiter so gut klappt. Für die Vielzahl an Aufgaben haben wir ein sehr kleines Team, und da wünsche ich mir weiterhin so viel Verständnis wie bisher von den Bürgern, wenn mal etwas länger dauert. Schließlich wünsche ich mir, dass das vielfältige ehrenamtliche Engagement in Sulingen weitergeht und dieser Funke auch auf die nächste Generation überspringt.

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