Erfolgreiche Premiere der hybriden Winterversammlung in Sulingen

Sulingen – Premiere im Rahmen der Winterversammlungen des Landvolk-Kreisverbandes Grafschaft Diepholz: Am Dienstag kamen die Teilnehmer zu einer Hybridversammlung zusammen – mit gut 100 Gästen vor Ort im Restaurant Dahlskamp in Nordsulingen und weiteren 100 Interessierten, die den Abend online verfolgten.
Die Präsenzveranstaltungen hat der Verband von zuletzt zehn (2020) auf drei reduziert (wir berichteten). „Das kann auch ein Vorteil sein“, befand Vorsitzender Theo Runge, denn so kämen mehr Teilnehmer aus benachbarten Kommunen zusammen und hätten die Gelegenheit zum Austausch. „Bisher haben wir nur positive Rückmeldungen erhalten.“
Inhaltlich deckte die Veranstaltung eine ganze Reihe aktueller Themen für die Landwirtschaft ab. So sprach Runge den russischen Angriff auf die Ukraine an, der sich auf die Landwirte nicht nur mit gestiegenen Energiekosten auswirke, sondern auch mit dem Wegbrechen der Lieferungen von Dünger und Düngezusatzstoffen. Zudem seien die Ukraine und Russland für etwa 30 Prozent der weltweiten Weizenexporte verantwortlich gewesen, und diese Lücke müsse aus der EU gefüllt werden. Vor diesem Hintergrund sei es unverantwortlich, den Ausstieg aus der Lebensmittelproduktion voranzutreiben und die Abhängigkeit von Lebensmittelimporten zu verschärfen.

Kritik hatte Runge auch parat für die gesetzlichen Neuregelungen zur Tierhaltung: Während sich die Landwirte beim Neubau eines Stalls an den Stand der Technik hielten, erlasse die Politik neue Haltungsvorschriften, die sich weder am Verfügbaren noch an den Erprobungen der Versuchsanstalten orientierten und völlig willkürlich seien. Bitter sei auch, dass „mühsam errungene Kompromisse wie der ,Niedersächsische Weg‘ immer wieder durch übergeordnete Gesetze und Verordnungen torpediert werden“, monierte Runge. Der Anspruch des Kreisverbandes sei, von der Kommune bis zur EU die Themen im Blick zu behalten und den Austausch zu pflegen. Auffällig sei, dass regionale Aktionen und Kooperationen auf nahezu allen Ebenen sehr gut funktionierten und auch der Draht zu heimischen Umweltverbänden als sehr gut zu bezeichnen sei. Problematisch werde es aber meistens, wenn es um die Landes-, Bundes- oder EU-Ebene geht: „Die Ideologie, die dort häufig herrscht, wird hier vor Ort glücklicherweise nicht gelebt.“
Für lockere Töne sorgte Vera Ohrdes, im Kreisverband zuständig für Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit: Verkleidet als Polizistin, ließ sie die Teilnehmer vor Ort und vor den Bildschirmen die Zahlenkombination für einen Aktenkoffer „errätseln“. Mit der Aktion warb sie für das neue Angebot eines „Escape Rooms“, das Teil der „Hof Ackerdemie“ werden soll.

Ernster ging es bei den Ausführungen von Kreisverbandsgeschäftsführer Dr. Jochen Thiering zu. Er nahm Stellung zu der gerade erst aktualisierten Ausweisung der sogenannten „roten Gebiete“, in denen künftig Landwirte nur noch bis maximal 20 Prozent unter dem Bedarf der Pflanzen düngen dürfen sollen. Die jüngsten Veränderungen seien nur einer modifizierten Methodik bei den Untersuchungen geschuldet, nicht einer Veränderung der Gewässerqualität, betonte er. Diese Gebiete seien aber nicht tauglich für eine Verbesserung des Nitratgehalts im Boden, die Ausweisung erschwere nur die Arbeitsbedingungen für die Landwirte. Einem bereits 2019 vom Landvolk beauftragten Fachgutachter zufolge seien die Messstellen zur Überprüfung der Wasserqualität zum Teil gar nicht dafür geeignet, würden den behördlichen Vorgaben nicht gerecht. Außerdem bilde die Wassermessung nur ab, was sich vor Jahren oder Jahrzehnten auf den Flächen abgespielt habe, berücksichtige nicht, dass seit Jahren immer weniger Dünger eingesetzt werde.
Gesprächsbedarf sah Thiering ebenfalls noch beim Stichwort Moore. Laut des Geschäftsführers müssten in Niedersachsen bis 2030 noch zwischen 41 000 und 160 000 Hektar Moorfläche wiedervernässt werden, um die Klimaschutzziele zu erreichen; alleine im Landkreis Diepholz würden aber noch 16 300 Hektar landwirtschaftlich genutzt. Dabei gehe es nicht nur um ehemalige Torfstiche, sondern grundsätzlich um Böden, die das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) als kohlenstoffreich einstuft. Hier seien Einschränkungen für das Pflügen und den Ersatz von Drainagen zu erwarten, aber „es gibt noch keine Konzepte, wie die hohen politischen Ziele erreicht werden sollen.“
Positiv sei dagegen die im Landschaftspflegeverband Diepholzer Moorniederung gelebte Kooperation zwischen Landwirtschaft, Kommunen und Naturschutz, lobte Thiering. Das Ziel sei, Ideen zu entwickeln für Maßnahmen im Sinne des Niedersächsischen Weges, „die vor Ort passen.“
Im voll besetzten Saal gab es zum Abschluss Applaus von den Teilnehmern, und auch online fiel die Resonanz positiv aus: Von den gut 100 Zuhörern aus der Ferne hätten mehr als 20 im Anschluss ein Urteil abgegeben, berichtet Stefan Meyer, Pressereferent des Kreisverbandes: „Nur zwei fanden das Angebot verbesserungswürdig, der Rest fand es gut.“ Für die Hybridpremiere sei ein Veranstaltungsort gesucht worden, der eine ausreichend stabile Internetanbindung bietet. Während der Veranstaltung habe ein Landvolkmitarbeiter von Diepholz aus teilgenommen, um auf eventuelle Probleme aufmerksam machen zu können. Insgesamt sei man sehr zufrieden und werde die Hybridveranstaltungen aus Präsenz- und Onlinebeteiligung fortführen. „Wir sind auf dem richtigen Weg damit, beides anzubieten, das zeigen die Anmeldungen.“ Die nächste Online-Informationsveranstaltung werde am 14. März die zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union sein, ausgerichtet in Kooperation mit der Landwirtschaftskammer. Ausfallen müsse die für Montag, 27. Februar, geplante Onlinekonferenz zu steuerrechtlichen Veränderungen – hier würden noch einige notwendige Informationen von der Bundesregierung ausstehen. Ein Ersatztermin werde veröffentlicht, sobald die noch offenen Fragen beantwortet sind, kündigt Stefan Meyer an.