Welche Dynamik hat den Grundstücks- und Immobilienmarkt besonders befeuert?
Gerd Ruzyzka-Schwob: Grundsätzlich wird der Immobilienmarkt durch Angebot und Nachfrage beeinflusst. Das Angebot an gebrauchten Immobilien bleibt meist relativ konstant durch Umzüge, Erbschaften und anderes mehr. Politische und wirtschaftliche Einflüsse wirken vor allem auf die Nachfrage. In den Neunzigerjahren der Zuzug aus den neuen Ländern und Osteuropa, später die lang anhaltende Niedrigzinsphase, aber auch Migrationsbewegungen. Im Moment ist der Markt wieder stark von der energetischen Diskussion geprägt. Gebäude mit hohem Energiebedarf sind zunehmend schwerer zu veräußern.
In Münster und Hamburg-Nord ist der Bau von Einfamilienhäusern schon nicht mehr erlaubt. Glauben Sie als Grundstücksmarkt-Fachmann, dass solch eine Entwicklung in ferner Zukunft auch im Landkreis Diepholz denkbar wäre?
Gerd Ruzyzka-Schwob: Nein, das kann ich mir für den Flächenlandkreis Diepholz noch nicht vorstellen. Gesamtgesellschaftlich müssen wir natürlich weniger Fläche und Ressourcen verbrauchen, um unseren Planeten Erde zu schützen. Das sollte dazu führen, dass wir mehr Bestandsimmobilien nutzen und umbauen oder bereits bebaute Flächen wieder freimachen und neu bebauen. Eine weitere Versiegelung bisher unbebauter Flächen sollte möglichst gering gehalten werden.
Hierfür sind die Baulandumlegung und die Stadtsanierung ein gutes Instrument. Natürlich werden künftig Neubaugrundstücke eher kleiner und höher ausgenutzt sein und auch der Bedarf an Wohnfläche pro Person sollte wieder sinken. Aber dies wird durch die hohen Preise für Bauland und für bebaute Grundstücke zumindest im Bremer Umland nahezu automatisch passieren. Im südlichen Landkreis Diepholz ist zumindest zurzeit noch das frei stehende Haus mit Garten das Ziel der meisten Interessenten. Durch die Digitalisierung und das häusliche Büro werden die Entfernungen zur Arbeitsstelle auch zunehmend an Bedeutung verlieren.
Was haben Sie sich für den Ruhestand vorgenommen?
Gerd Ruzyzka-Schwob: Zunächst einige Reisen unter anderem ans Mittelmeer mit dem Fahrrad und mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Schottland, dann natürlich mehr Zeit für die Familie und Hobbys. Daneben werde ich dem Thema Immobilienbewertung und Baulandumlegung aber auch durch meine ehrenamtliche Mitgliedschaft in Umlegungsausschüssen, im Gutachterausschuss und durch Vorträge, Seminare und Vorlesungen verbunden bleiben. Im Oktober werde ich unter anderem meine langjährige Freundschaft, entstanden durch den Aufbau der Gutachterausschüsse in den „neuen Bundesländern“ in den Jahren von 1992 bis 2005, zu den Kollegen und Kolleginnen in Brandenburg auffrischen und die dortigen Gutachterausschüsse beraten.
Frau Franke, welche Ziele haben Sie als Nachfolgerin von Gerd Ruzyzka-Schwob?
Sabrina Franke: Die Dezernentin Wertermittlung Katja Wulf und ich sind Gerd Ruzyzka-Schwob unendlich dankbar, dass wir bereits lange Zeit des beruflichen Lebens gemeinsam mit ihm gehen durften. Wir beide durften die „Wertermittlungsschule“ von Gerd Ruzyzka-Schwob durchlaufen. Er hinterlässt zweifelsohne große Spuren. Katja Wulf und ich werden den von ihm beschrittenen Weg fortsetzen. Gemeinsam freuen wir uns auf diese Aufgabe. Dankbar sind wir aber auch, dass Gerd Ruzyzka-Schwob sich bereit erklärt hat, auch nach seinem Eintritt in den Ruhestand tatkräftig dem Gutachterausschuss mit seinem Wissen weiter zur Seite zu stehen. Ich werde ihn als ehrenamtlichen Gutachter bestellen. Darüber freue ich mich sehr und gleichzeitig wünsche ich mir, dass wir durch diese Zusammenarbeit auch noch viel von seinem Fachwissen profitieren werden.
Welche beruflichen Erfahrungen bringen Sie in ihre neue Aufgabe ein?
Sabrina Franke: Ich bringe mehrjährige Berufserfahrung sowohl im Bereich des Liegenschaftskatasters als auch im Bereich der Wertermittlung und städtebaulichen Bodenordnung mit. Zu meinen Führungserfahrungen zählen mehrjährige Tätigkeiten – seit 2010 bis heute – als Dezernatsleitung in verschiedenen Verwendungen. Seit 2015 bin ich Leiterin des Katasteramtes Nienburg. Den Vorsitz der Gutachterausschüsse für Grundstückswerte Lüneburg und Verden habe ich ebenfalls bereits für einige Jahre – 2010 bis Anfang 2015 – übernehmen dürfen. Ich freue mich nach vielen Berufsjahren mit dem Tätigkeitsschwerpunkt Liegenschaftskataster, erneut Verantwortung in der Wertermittlung zu übernehmen.
Herr Ruzyzka-Schwob, welche Wünsche haben Sie für die Zukunft – und für Ihre Nachfolgerin?
Gerd Ruzyzka-Schwob: Zunächst wünsche ich dem Team der Geschäftsstelle und des Gutachterausschusses viele spannende Aufgaben, sowohl in Einzelgutachten als auch in der Marktanalyse und Marktbeobachtung. Hier wird der weiter zunehmende Umstieg auf digitale Formate und offene Daten eine große Aufgabe der nächsten Jahre.
Meiner Nachfolgerin wünsche ich ein glückliches Händchen bei allen Entscheidungen. Uns allen natürlich viel Gesundheit und etwas mehr Ruhe und Gelassenheit.