1. Startseite
  2. Lokales
  3. Landkreis Diepholz
  4. Sulingen

Altbaupreise: Vervierfachung innerhalb eines Berufslebens

Erstellt:

Von: Anke Seidel

Kommentare

Gerd Ruzyzka-Schwob (Mitte) ist im Garten des Sulinger Bürgerhauses vor dem historischen Backhaus von (v.l.) Thomas Schaefer, Leiter der Regionaldirektion Sulingen-Verden des LGLN, Sabrina Franke, designierte Leiterin des Dezernats Wertermittlung, Katja Wulf aus dem Dezernat Wertermittlung sowie Sandra Rausch, stellvertretende Referatsleiterin aus dem Niedersächsischen Ministerium für Inneres und Sport verabschiedet worden.
Gerd Ruzyzka-Schwob (Mitte) ist im Garten des Sulinger Bürgerhauses vor dem historischen Backhaus von (v.l.) Thomas Schaefer, Leiter der Regionaldirektion Sulingen-Verden des LGLN, Sabrina Franke, designierte Leiterin des Dezernats Wertermittlung, Katja Wulf aus dem Dezernat Wertermittlung sowie Sandra Rausch, stellvertretende Referatsleiterin aus dem Niedersächsischen Ministerium für Inneres und Sport verabschiedet worden. © Harald BArtels

40 Jahre lang hat Gerd Ruzyzka-Schwob den Grundstücksmarkt in der Region Diepholz/Nienburg/Verden/Heidekreis analysiert. Zum Start in den Ruhestand zieht er Bilanz.

Es ist das Ende einer Ära. Seit mehr als vier Jahrzehnten hat Gerd Ruzyzka-Schwob den Grundstücksmarkt in der Region analysiert. Am Donnerstag ist er in den Ruhestand verabschiedet worden. Seine Nachfolgerin Sabrina Franke übernimmt die vielfältigen Aufgaben, die auch die finanzielle Dynamik auf dem Markt spiegeln. Was prägend war und was zu erwarten ist, erklären beide im Interview. Die Fragen stellte Anke Seidel.

Grundstückspreise im Laufe der Zeit: Viele Aufs, wenige Abs

Herr Ruzyzka-Schwob, wie hat sich der Grundstücksmarkt im Laufe der Jahrzehnte entwickelt?

Gerd Ruzyzka-Schwob: Der Grundstücksmarkt war in den letzten 41 Jahren durch mehrere „Auf und Ab“ gekennzeichnet. Zunächst gingen die Preise in den Achtzigerjahren bis etwa 1989/90 – Wende und Wiedervereinigung – leicht zurück, danach erfolgte von 1990 bis 2007 ein deutlicher Preisanstieg bei den meisten Immobilien. Nach der Delle in der Wirtschaftskrise 2007 und 2008 kam es dann bis 2022 zu einem deutlichen Anstieg, der in vielen Bereichen eine Verdoppelung der Preise mit sich brachte und auch durch die Corona-Pandemie nicht gebremst, sondern eher befeuert wurde. Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine und der nachfolgenden Verteuerung der Energiepreise, steigender Inflation und höheren Hypothekenzinsen sind die Preise wieder um etwa 10 bis 15 Prozent zurückgegangen, sodass wir heute wieder etwa das Niveau vom Frühjahr 2021 haben. Insgesamt hat es trotz der Schwankungen mehr Preissteigerungen als Preisrückgänge gegeben.

Wie waren die Preise?

Gerd Ruzyzka-Schwob: Kostete eine mittlere Immobilie im Januar 2018 noch 180.000 Euro, so stieg der Preis bis Mai 2022 auf 320.000 Euro und liegt jetzt trotz des Rückganges noch bei rund 260.000 Euro. Diese starken Veränderungen in fünf Jahren verdeutlichen, wie wichtig eine jeweils zeitnahe Wertermittlung für Immobilien ist.

Was kostete zum Beispiel ein Haus mit Garten in Sulingen, als Sie Ihren ersten Grundstücksmarktbericht erarbeitet haben, und was kostet es heute?

Gerd Ruzyzka-Schwob: Meinen ersten Marktbericht habe ich 1983/1984 in Nienburg erarbeitet. Die Kollegen in Sulingen haben für den Südkreis des Landkreises Diepholz 1985 im Marktbericht folgende Angaben gemacht: Altbau: 120.000 DM, 1949 bis 1970 162.000 DM, ab 1971 207.000 DM. Die dem entsprechenden Grundstücksmarktdaten 2023 bezogen auf den ganzen Landkreis Diepholz lauten: Altbau 235.000 Euro, 1949 bis 1977 285.000 Euro, 1978 bis 1990 350.000 Euro, 1991 bis 2010 365.000 Euro und 2011 bis 2021 442.000 Euro.

Danach haben sich die Preise für Altbauten in den letzten 40 Jahren nahezu vervierfacht, für Immobilien aus den fünfziger und sechziger Jahren verdreifacht. Zu berücksichtigen ist aber, dass Altbauten in den Achtzigerjahren häufig noch sehr einfach mit Einzelöfen und Einfachverglasung ausgestattet waren. Heute ist eine Zentralheizung und zumindest ältere Isolierverglasung der einfache Standard.

Welche Dynamik hat den Grundstücks- und Immobilienmarkt besonders befeuert?

Gerd Ruzyzka-Schwob: Grundsätzlich wird der Immobilienmarkt durch Angebot und Nachfrage beeinflusst. Das Angebot an gebrauchten Immobilien bleibt meist relativ konstant durch Umzüge, Erbschaften und anderes mehr. Politische und wirtschaftliche Einflüsse wirken vor allem auf die Nachfrage. In den Neunzigerjahren der Zuzug aus den neuen Ländern und Osteuropa, später die lang anhaltende Niedrigzinsphase, aber auch Migrationsbewegungen. Im Moment ist der Markt wieder stark von der energetischen Diskussion geprägt. Gebäude mit hohem Energiebedarf sind zunehmend schwerer zu veräußern.

In Münster und Hamburg-Nord ist der Bau von Einfamilienhäusern schon nicht mehr erlaubt. Glauben Sie als Grundstücksmarkt-Fachmann, dass solch eine Entwicklung in ferner Zukunft auch im Landkreis Diepholz denkbar wäre?

Gerd Ruzyzka-Schwob: Nein, das kann ich mir für den Flächenlandkreis Diepholz noch nicht vorstellen. Gesamtgesellschaftlich müssen wir natürlich weniger Fläche und Ressourcen verbrauchen, um unseren Planeten Erde zu schützen. Das sollte dazu führen, dass wir mehr Bestandsimmobilien nutzen und umbauen oder bereits bebaute Flächen wieder freimachen und neu bebauen. Eine weitere Versiegelung bisher unbebauter Flächen sollte möglichst gering gehalten werden.
Hierfür sind die Baulandumlegung und die Stadtsanierung ein gutes Instrument. Natürlich werden künftig Neubaugrundstücke eher kleiner und höher ausgenutzt sein und auch der Bedarf an Wohnfläche pro Person sollte wieder sinken. Aber dies wird durch die hohen Preise für Bauland und für bebaute Grundstücke zumindest im Bremer Umland nahezu automatisch passieren. Im südlichen Landkreis Diepholz ist zumindest zurzeit noch das frei stehende Haus mit Garten das Ziel der meisten Interessenten. Durch die Digitalisierung und das häusliche Büro werden die Entfernungen zur Arbeitsstelle auch zunehmend an Bedeutung verlieren.

Was haben Sie sich für den Ruhestand vorgenommen?

Gerd Ruzyzka-Schwob: Zunächst einige Reisen unter anderem ans Mittelmeer mit dem Fahrrad und mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Schottland, dann natürlich mehr Zeit für die Familie und Hobbys. Daneben werde ich dem Thema Immobilienbewertung und Baulandumlegung aber auch durch meine ehrenamtliche Mitgliedschaft in Umlegungsausschüssen, im Gutachterausschuss und durch Vorträge, Seminare und Vorlesungen verbunden bleiben. Im Oktober werde ich unter anderem meine langjährige Freundschaft, entstanden durch den Aufbau der Gutachterausschüsse in den „neuen Bundesländern“ in den Jahren von 1992 bis 2005, zu den Kollegen und Kolleginnen in Brandenburg auffrischen und die dortigen Gutachterausschüsse beraten.

Frau Franke, welche Ziele haben Sie als Nachfolgerin von Gerd Ruzyzka-Schwob?

Sabrina Franke: Die Dezernentin Wertermittlung Katja Wulf und ich sind Gerd Ruzyzka-Schwob unendlich dankbar, dass wir bereits lange Zeit des beruflichen Lebens gemeinsam mit ihm gehen durften. Wir beide durften die „Wertermittlungsschule“ von Gerd Ruzyzka-Schwob durchlaufen. Er hinterlässt zweifelsohne große Spuren. Katja Wulf und ich werden den von ihm beschrittenen Weg fortsetzen. Gemeinsam freuen wir uns auf diese Aufgabe. Dankbar sind wir aber auch, dass Gerd Ruzyzka-Schwob sich bereit erklärt hat, auch nach seinem Eintritt in den Ruhestand tatkräftig dem Gutachterausschuss mit seinem Wissen weiter zur Seite zu stehen. Ich werde ihn als ehrenamtlichen Gutachter bestellen. Darüber freue ich mich sehr und gleichzeitig wünsche ich mir, dass wir durch diese Zusammenarbeit auch noch viel von seinem Fachwissen profitieren werden.

Welche beruflichen Erfahrungen bringen Sie in ihre neue Aufgabe ein?

Sabrina Franke: Ich bringe mehrjährige Berufserfahrung sowohl im Bereich des Liegenschaftskatasters als auch im Bereich der Wertermittlung und städtebaulichen Bodenordnung mit. Zu meinen Führungserfahrungen zählen mehrjährige Tätigkeiten – seit 2010 bis heute – als Dezernatsleitung in verschiedenen Verwendungen. Seit 2015 bin ich Leiterin des Katasteramtes Nienburg. Den Vorsitz der Gutachterausschüsse für Grundstückswerte Lüneburg und Verden habe ich ebenfalls bereits für einige Jahre – 2010 bis Anfang 2015 – übernehmen dürfen. Ich freue mich nach vielen Berufsjahren mit dem Tätigkeitsschwerpunkt Liegenschaftskataster, erneut Verantwortung in der Wertermittlung zu übernehmen.

Herr Ruzyzka-Schwob, welche Wünsche haben Sie für die Zukunft – und für Ihre Nachfolgerin?

Gerd Ruzyzka-Schwob: Zunächst wünsche ich dem Team der Geschäftsstelle und des Gutachterausschusses viele spannende Aufgaben, sowohl in Einzelgutachten als auch in der Marktanalyse und Marktbeobachtung. Hier wird der weiter zunehmende Umstieg auf digitale Formate und offene Daten eine große Aufgabe der nächsten Jahre.
Meiner Nachfolgerin wünsche ich ein glückliches Händchen bei allen Entscheidungen. Uns allen natürlich viel Gesundheit und etwas mehr Ruhe und Gelassenheit.

Auch interessant

Kommentare