Wie Jürgen Aschemoor aus Stuhr anderen Schlaganfall-Betroffenen Mut macht
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Von jetzt auf gleich war alles anders: Jürgen Aschemoor aus Stuhr hat im Jahr 1999 einen Schlaganfall erlitten. Unter den Folgen des Ereignisses leidet der 79-Jährige bis heute. Doch statt zu hadern, rappelte sich Jürgen Aschemoor auf und kämpfte sich zurück in die Unabhängigkeit. Seine Erfahrungen hat er in einem Buch zusammengefasst, in einem Online-Blog macht er anderen Betroffenen Mut. Deshalb ist er nun für einen Preis nominiert worden.
Stuhr – „Er ist weggeknackt“, beginnt Jürgen Aschemoors Ehefrau Ingrid von jenem 2. Dezember 1999 zu erzählen. Das Paar war an diesem schicksalhaften Donnerstag gemeinsam in der Delmenhorster Innenstadt unterwegs. In einem Büchergeschäft an der Langen Straße knickte der damals 57-Jährige plötzlich ein; sein linkes Bein trug ihn nicht mehr. „Wir haben zwei junge Männer gefragt, ob sie uns helfen können“, erinnert sich Ingrid, „die haben ihn zu einer Parkbank gebracht. Dort habe ich dann den hängenden Mundwinkel gesehen.“
Von der Parkbank auf die Intensivstation
Ihr sei sofort klar gewesen, dass ihr Ehemann einen Schlaganfall hat. Der alarmierte Krankenwagen brachte ihn ins Delmenhorster Krankenhaus, wo Jürgen Aschemoor mit der Diagnose Schlaganfall direkt auf der Intensivstation landete. Ein Blutgerinnsel im Gehirn sei Schuld an seiner misslichen Lage gewesen, sagt der 79-Jährige. Die erste Zeit nach dem Schlaganfall waren die Lähmungen auf seiner linken Körperseite derart stark, dass er auf einen Rollstuhl angewiesen war.
In der Folge musste der Maschinenbauingenieur nicht nur eine Wiedereingliederungsmaßnahme in seinen Beruf absolvieren, sondern auch noch vorher selbstverständliche Dinge wie das Gehen neu erlernen. Stolz sei er gewesen, als er während der Reha in Lingen ein paar Treppenstufen ohne fremde Hilfe bewältigen konnte, erinnert sich Jürgen Aschemoor an Kleinigkeiten, die ihm damals Auftrieb gaben.
Ich lasse mir immer was einfallen!
Neben seiner Familie begleiteten Jürgen Aschemoor zwei Dinge durch die Reha-Maßnahmen: Zettel und Stift. „Ich habe mir schon immer Notizen gemacht. Über die Namen der Ärzte, über die Therapien, Medikamente und Uhrzeiten“, sagt er. Diese Notizen habe er später in Tabellenform in seinen Computer eingepflegt, den Jürgen Aschemoor mittlerweile einhändig zu bedienen gelernt hatte.
Jürgen Aschemoor schreibt ein Buch
Während der zweiten Reha sprach ihn einer der Ärzte an: „,Schreiben Sie doch einen Roman‘, hat er gesagt“, erzählt Jürgen Aschemoor und grinst. Da er ein Jahr nach seinem Schlaganfall seinen Beruf an den Nagel hängen musste und in Frührente ging, habe er genügend Zeit gehabt, sich seinem Projekt zu widmen. 2005 war das Buch mit dem Titel „Leben nach dem Schlaganfall“ fertig. Eine kleine Druckerei in Bremen unterstützte ihn bei der Umsetzung.
„Von Flensburg bis München“ werde sein Buch gelesen, wenn auch nur in kleiner Auflage, sagt Jürgen Aschemoor und lächelt. Das Buch könne man direkt bei ihm über seinen Online-Blog (www.nachdemschlaganfall.jimdofree.com) bestellen und sich zuschicken lassen. Die Rückmeldungen, gerade von Schlaganfall-Patienten, seien positiv.
Nominiert für den Motivationspreis
Und diese positive Einstellung will er auch weitergeben: Jürgen Aschemoor ist für sein Mut machendes Buch und seinen Blog jüngst von der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe für den Motivationspreis 2022 nominiert worden. Vorgeschlagen hatte ihn die Leiterin der Schlaganfall-Selbsthilfegruppe in Ganderkesee, Heidi Ruge. Ihre Gruppe besucht Jürgen Aschemoor regelmäßig.
Seit dem Erscheinen des Buches vor 17 Jahren habe sich natürlich eine ganze Menge in seinem Leben verändert, sagt Jürgen Aschemoor und beginnt zu erzählen. Wie er sich ein großes Stück Freiheit zurückholte, indem er sich ein Auto besorgte, das sich einhändig bedienen lässt. Wie er weiterhin mit seinem Rollerclub auf Touren geht – oder wie der Diplom-Ingenieur kurzerhand ein Frühstücksbrettchen entwarf und baute, mit dessen Hilfe er sich wieder selber Brote und Brötchen schmieren kann. Denn: „Ich lasse mir immer was einfallen!“ Und deshalb arbeitet der willensstarke 79-Jährige mit der positiven Grundeinstellung derzeit an seinem zweiten Buch, in dem er all seine Alltagserfolge aufarbeiten will.