Wer hat Bedarf an Ehrenamtlichen?

Stuhr – Nach dem Lockdown möchte auch die Freiwilligenagentur Stuhr „Mach mit!“ wieder durchstarten. Das Problem: Wen kann sie eigentlich wohin vermitteln? Durch die Monate des Stillstands haben die vier Ehrenamtlichen den Draht zu den Vereinen und Organisationen auf der einen und zu den freiwilligen Helfern auf der anderen Seite weitgehend verloren. Die Agentur war zwar durchgehend per E-Mail zu erreichen, doch der Posteingang blieb überschaubar. „Die Rahmenbedingungen haben uns außer Gefecht gesetzt“, sagt Horst Pittelkow.
Anfangs konnte das Quartett selbst nicht zusammenkommen, da die Mitglieder aus unterschiedlichen Haushalten stammen. Erst vor einem Monat gab es das erste Treffen, „um die Situation in unserem Team zu klären“, berichtet Gabriele Parke.
Zwischenzeitlich schloss das Brinkumer Mehrgenerationenhaus (MGH), in dem die Freiwilligenagentur ihre Sprech- und Beratungsstunden anbietet. Hinzu kam laut Pittelkow, dass die Organisationen „andere Sorgen“ hatten und deshalb viele Tätigkeiten, etwa in Alten- und Pflegeheimen, gar nicht möglich waren. „Schließlich hatten auch unsere Freiwilligen Corona im Hinterkopf.“ Auf Nachfrage hätten die Agenturen in Weyhe und Syke von ähnlichen Problemen berichtet: Dort sei die Vermittlung auch gegen null gegangen. „Eine sinnvolle Unterstützung war nicht möglich.“
Das Anknüpfen an die Zeit vor der Pandemie gestaltet sich nicht leicht. Nach Auskunft von Gudrun Baumann könnten manche Einrichtungen immer noch keine Ehrenamtlichen in die Betriebsabläufe einbinden. Sie nennt die Pflegeheime als Beispiel und findet das bedauerlich: „Für sie ist es eine Bereicherung ohnegleichen, wenn sich mal jemand eine Stunde für einen Bewohner Zeit nimmt für eine Unterhaltung oder einen Spaziergang.“
Andernorts seien die Tätigkeiten mit Einschränkungen verbunden. „In den Vereinen hat es zwar wieder begonnen, aber man darf die Kinder nicht berühren“, sagt Gudrun Baumann fest. Auf der anderen Seite sei die Agentur ihren Ehrenamtlichen verpflichtet. „Oft sind sie 60 plus, sie müssen sicher sein. Einige sagen ganz klar: Ich mache erst wieder etwas, wenn es einen Impfstoff gibt. Ich würde sogar behaupten, dass die Mehrheit so denkt.“
Doch nachdem das Mehrgenerationenhaus seinen Betrieb wieder aufgenommen hat und die Corona-Lockerungen in der Gesellschaft angekommen sind, sehen die Agentur-Mitarbeiter auch den Zeitpunkt für die Wiederaufnahme ihrer Sprech- und Beratungsstunden gekommen. Losgehen soll es am Dienstag, 6. Oktober, 15 bis 17 Uhr. Vorerst und voraussichtlich bis Ende des Jahres soll es bei einer Sprechstunde pro Woche bleiben. Vor Corona waren die Mitarbeiter auch mittwochs im MGH anzutreffen. „Mit reduziertem Angebot sehen, was möglich ist“, heißt die Devise laut Pittelkow. Der persönliche Besuch setzt die Einhaltung der aktuell geltenden Abstands- und Hygieneregeln voraus.
Aus gutem Grund geht die Agentur schon drei Wochen vor Sprechstundenstart an die Öffentlichkeit: „Die Organisationen wissen noch nicht, dass wir wieder anfangen“, hat Gudrun Baumann festgestellt. Der Naturschutzbund etwa habe kürzlich eigenständig Helfer für die anstehenden Arbeiten im Herbst gesucht. „Eigentlich ist das ja unsere Aufgabe.“
Um dort wieder hinzukommen, will die Agentur laut Pittelkow „aktiv auf die Organisationen zugehen“, um deren Bedarfe zu erfahren. „Wir müssen uns auf den neuesten Stand bringen und wissen, was gebraucht wird.“ Bei ihren Freiwilligen haben die Mitarbeiter schon nachgefragt. Das Ergebnis: Sie würden in erster Linie Tätigkeiten „im Freien“ begrüßen. Laut Martina Klein kommen auch wieder erste Anfragen von interessierten Ehrenamtlichen rein.
Gudrun Baumann fände es schön, wenn sich auch der Nachwuchs einbringen würde: „Bei der Gelegenheit könnte sie auch herausfinden, was sie beruflich machen möchten. Wie bei einem Praktikum oder während eines sozialen Jahrs.“
Den Neustart möchte die Agentur in alter Zusammensetzung, aber mit neuer Aufgabenverteilung angehen. Martina Klein hat jetzt den Hut auf, weil sich die vormalige Chefin Gabriele Parke zurückziehen und sich ausschließlich auf die Presse- und Medienarbeit konzentrieren möchte. „Ich will mehr Zeit für mich haben“, sagte sie. Deshalb hat sie sich auch aus den Sprechstunden zurückgezogen, die sich jetzt nur noch auf drei Mitarbeiter verteilen.
Im Jugendreferat „Pro Ehrenamt“ sind weiterhin Gerd von Seggern und Stefan Koschade aktiv.
Information
Für Fragen rund ums Ehrenamt oder für eine Terminvereinbarung zu einer Sprechstunde steht die Freiwilligenagentur unter 0421/80 60 98 74 zur Verfügung. Alternativ ist auch eine E-Mail an die Adresse info@freiwilligenagentur-stuhr.de möglich.
Von Andreas Hapke