Limit erreicht: Die Gemeinde Stuhr will für 3,75 Millionen Euro mehr Wohnraum für Flüchtlinge schaffen

Der Zuzug von Flüchtlingen hält ungebremst an, doch es fehlt an Wohnraum. Der Stuhrer Gemeinderat entscheidet am Mittwoch, 1. März, ob rund 3,75 Millionen Euro für den Bau weiterer Häuser bereitgestellt werden. Laut Landkreis-Quote muss die Kommune 220 zusätzliche Flüchtlinge versorgen. Es gebe jedoch keine geeigneten Wohnungen mehr zur Miete oder zum Kauf. Die einzige Alternative sei das Aufstellen von Containern, die jedoch erheblich teurer sei.
Stuhr – Die Gemeinde Stuhr wird vom Landkreis Diepholz zur Wahrnehmung der Aufgaben nach dem Asylbewerberleistungsgesetz verpflichtet. Neben der Gewährung von Sozialleistungen obliegt Stuhr auch die Unterbringung von Flüchtlingen. Der Landkreis legt dafür eine Quote fest. Demnach muss Stuhr Wohnraum für weitere 220 Flüchtlinge schaffen.
Die Investitionskosten für den Bau von zwei Unterkünften betragen laut Ratsvorlage rund 3,75 Millionen Euro. Die Planungen und Kostenkalkulationen seien jedoch noch nicht abgeschlossen. Um die „dringend erforderliche Realisierung zum Spätherbst“ zu ermöglichen, sei der Beschluss zum Baubeginn durch den Rat „jetzt erforderlich“. Das Thema soll am Mittwoch ab 18.30 Uhr im Rat diskutiert werden.
„Die Kapazitäten sind erschöpft“
In der Vergangenheit sei es zwar gelungen, Wohnungen zu kaufen oder zu mieten, heißt es in der Stuhrer Sitzungsvorlage. Die Kapazitäten seien jedoch erschöpft. Bereits vor Beginn des Ukraine-Kriegs, aber vor allem seitdem gestalte es sich zunehmend schwieriger, Wohnraum für Flüchtlinge zu akquirieren, heißt es in der Ratsvorlage. Der Immobilienmarkt biete zwar Ein- oder Zweifamilienhäuser zum Kauf oder gelegentlich zur Miete an. Bei Besichtigungen stelle sich jedoch regelmäßig heraus, dass die Objekte für die Unterbringung von Flüchtlingen nicht oder nur mit „hohem Umbauaufwand“ nutzbar seien.
Grundsätzlich gebe es laut Ratsvorlage Wohnungen zur Miete auf dem Markt. Diese befänden sich meist in Mehrparteienhäusern gehobener Ausstattung. Gemeinsam sei den Angeboten derweil, dass „die Vorstellung der Eigentümer für Kauf oder Miete in fast allen Fällen und häufig erheblich über der Angemessenheitsgrenze für Wohnraum liegen“, teilt die Gemeinde mit.
Die Vorstellung der Eigentümer für Kauf oder Miete liegen in fast allen Fällen und häufig erheblich über der Angemessenheitsgrenze für Wohnraum.
Der Verwaltungsausschuss habe sich daher in seiner Sitzung vom 11. Januar für die „zeitnahe Errichtung eigener Unterkünfte für die Unterbringung von 100 Flüchtlingen in Holzrahmenbauweise“ auf gemeindeeigenen Grundstücken ausgesprochen. Hierfür kämen aktuell das Baugrundstück Löwenzahnweg hinter der Kita Neukrug in Heiligenrode und vier Grundstücke im Baugebiet Auf dem Steinkamp in Brinkum in Betracht mit jeweils 16 Plätzen je Einheit.
Die Verwaltung habe einen Grundriss erarbeitet, der es ermögliche, die Gebäude zunächst als Gemeinschaftsunterkünfte und später oder bei Bedarf auch sofort als Wohnraum zu nutzen.
Zusätzliche Häuser für Flüchtlinge sollen bis Herbst 2023 fertig sein
Dabei seien die Erfahrungen mit den bestehenden Wohneinheiten und Bedarfen eingeflossen, so die Verwaltung in der Vorlage. Der Grundriss beinhalte sowohl die Möglichkeit der Nutzung als kleinere Wohneinheiten für ein bis zwei Personen als auch, als Wohneinheiten für drei bis fünf Personen. Insgesamt seien drei Gebäude pro Standort vorgesehen mit insgesamt rund 100 Plätzen.
Die Fertigstellung der Flüchtlingsbauten soll bis Spätherbst erfolgen, um die Zuweisungsquote des Landkreises „so schnell wie möglich zu erfüllen“. Laut Ratsvorlage soll für alle Gebäude derselbe Grundriss genutzt werden. Dies ermögliche eine modulare, zeitnahe und preiswerte Herstellung im Holzrahmenbau. Die Kostenkalkulation belaufe sich auf 570.000 Euro pro Gebäude – pro Standort 1,7 Millionen Euro.
Vergaberecht soll übergangen werden - Neubau günstiger als Container
Vergaberechtlich müsste der Bau der Gebäude grundsätzlich nach einzelnen Gewerken ausgeschrieben werden. Dadurch drohe allerdings, dass die Gebäude nicht mehr im Jahr 2023 nutzbar sein würden. Demgegenüber gebe es laut Gemeinde die Möglichkeit, „im Ausnahmefall aus wirtschaftlichen Gründen“ einen Generalunternehmer zu beauftragen.
Bei einer deutlich späteren Fertigstellung müsse die Gemeinde eine alternative Unterbringung schaffen. Dies könnte in der erforderlichen Zahl nur durch zu mietende Container als Gemeinschaftsunterkünfte erfolgen. Die Aufwendungen hierfür lägen bei rund 1,2 Millionen Euro pro Jahr.
Da die Container-Variante mit „erheblich höheren Kosten verbunden“ wäre, sei dies laut Gemeinde „keine Alternative“. Der Bau der Gebäude soll daher möglichst bald an ein Generalunternehmen vergeben werden.
Die Betreuung pro Flüchtling und Tag kostet 39 Euro
Zusätzlich müsse Stuhr die Versorgung und Betreuung der Flüchtlinge sicherstellen. Das könnte laut Ratsvorlage durch das Deutsche Rote Kreuz erfolgen. Die bislang benannten Kosten betragen laut Vorlage 39 Euro pro Tag und Platz – 117.000 Euro für 200 zusätzliche Flüchtlinge pro Monat.
Im Haushalt 2023 stünden 1,2 Millionen Euro für die Schaffung und den Betrieb von Flüchtlingsplätzen zur Verfügung. „Darüber hinaus erforderliche Haushaltsmittel müssten durch eine Umnutzung von Haushaltsmitteln generiert werden.“ gh