Schimmel-Vorwurf: KGS-Schüler streiken vor dem Rathaus Stuhr

Rund 150 Schülerinnen und Schüler der Kooperativen Gesamtschule (KGS) Brinkum haben am Dienstagvormittag vor dem Stuhrer Rathaus gestreikt. Mit Plakaten und Sprechchören machten sie auf Missstände an ihrer Schule aufmerksam.
Stuhr – Zwei Räume in Mobilbauten seien wegen Schimmels gesperrt und im Außenposten an der Grundschule Feldstraße in der Gemeinde Stuhr gebe es keine Internetverbindung oder sonstige digitale Ausrüstung, lauteten ihre Vorwürfe.
Zudem soll ein bereits beschlossener Neubau an ihrer KGS Brinkum in weite Ferne rücken – weil die Lise-Meitner-Schule (LMS) aus Sicht der Gemeinde Priorität hat.
„Die Umstände an der Schule sind katastrophal“, sagte Schülervertreter Jonas Ring. Er habe den Schulstreik kurzfristig mit seinen Mitschülern organisiert. Mit rund 400 Teilnehmern haben sie gerechnet. Einsatzkräfte der Polizei begleiteten die friedliche Zusammenkunft.

Der Grund, warum die Schüler gerade jetzt streiken: Der Rat der Gemeinde Stuhr entscheidet am heutigen Mittwoch über einen Ausbau der Lise-Meitner-Schule (LMS) in Moordeich. Damit verbunden würde ein bereits beschlossener Neubau an der KGS Brinkum „signifikant aufgeschoben werden“, wie es die Schülervertretung formuliert. Bereits seit 2020 war ein Neubau der KGS Brinkum beschlossene Sache. Mit diesem Beschluss des Rates war eine Schließung der Außenstelle an der Grundschule Feldstraße verbunden. Die Planung will die Gemeindeverwaltung nun nach hinten schieben, weil ein Neubau an der KGS in Moordeich notwendiger sei, und die Gemeinde zwei Großprojekte nicht stemmen könnte.
Bürgermeister Stephan Korte sprach am Dienstagvormittag mit den Schülern vor dem Rathaus. Den Vorwurf, dass es in den Mobilbauten Schimmel gebe, wies er konsequent zurück: „Wir setzen die Schüler keiner Gefahr aus.“ Es habe zwar in der Vergangenheit einen Wassereinfall bei den Mobilbauten gegeben, was den modrigen Geruch begründen würde, über den einige Schüler klagten. Ein Gutachter habe den betroffenen Bereich aber inspiziert. Das Ergebnis sei negativ ausgefallen. „Es befindet sich kein Schimmel im Mauerwerk“, sagte Korte.
Renovierung statt Umbau ist geplant
An dem Gebäude an der Feldstraße wolle die Gemeindeverwaltung festhalten, und dieses nun instandsetzen lassen. „Ich sehe da momentan keine andere Möglichkeit. Für einen weiteren Neubau, neben dem an der Lise-Meitner-Schule, fehlen die personellen Ressourcen im Rathaus.“
Die Schülervertretung sprach sich gegen die Fortführung eines Unterrichts an der Außenstelle an der Grundschule Feldstraße aus: „Das Lernumfeld ist nicht tragbar. Die Lärmbelästigung durch die Grundschulkinder ist hoch. Und auch die sanitäre Ausstattung ist auf Grundschulkinder zugeschnitten. Wir können aufgrund des fehlenden Internets unsere Tablets nicht benutzen. Es ist wirklich alles andere als optimal.“ Die Außenstelle soll laut Korte nun auf den Stand des Hauptgebäudes gebracht werden – inklusive Internet und Whiteboards.
Dem stand Schülervertreter Jonas Ring kritisch gegenüber: „Aus meiner Sicht investiert die Gemeinde an der Feldstraße in ein sinkendes Schiff. Die einzig sinnvolle Lösung ist aus unserer Sicht ein Neubau.“ Er sehe es als Kompromiss an, wenn die Gemeindeverwaltung beide Anbauten umsetzen würde.

Dass es überhaupt zu einer zweijährigen Verzögerung beim Ausbau der KGS Brinkum gekommen ist, liege laut Korte an einem „meteorologischen Problem“. Es gebe große Probleme bei der Beseitigung von Niederschlagswasser an der KGS Brinkum. Von diesem Umstand sei unter anderem aufgrund der Nähe zur Ochtum im Grunde die gesamte Gemeinde Stuhr betroffen. Am Schulgebäude in Brinkum fehle es zudem an einem nötigen Gefälle zum Ablauf des Wassers, was die Situation zusätzlich kompliziert mache. „Seit zwei Jahren versuchen wir dieses Problem nun schon zu lösen. Da muss erst richtig was passieren. Deshalb verzögert sich der B-Plan, der für einen Neubau nötig wäre“, sagte Stephan Korte.
Er prognostizierte, dass aufgrund der Verzögerungen mit einer Fertigstellung eines Neubaus an der KGS Brinkum erst zum Schuljahr 2028/29 zu rechnen wäre. „So leid es mir tut.“ Das ist aus Sicht der Schüler viel zu spät. Sie fordern, dass jetzt mit dem Neubau an ihrer Schule begonnen werden müsse.
Hoher Raumbedarf an der LMS überrascht Bürgermeister
Überraschend sei der hohe Raum-Bedarf an der LMS für Korte gewesen. In den nächsten Jahren übersteige laut einer Prognose der Schülerzahlen, die während der Schulausschusssitzung präsentiert wurde, der Bedarf den Bestand der Unterrichtsräume an der KGS in Moordeich (wir berichteten).
Anders sehe dies bei der KGS Brinkum aus. Aktuell 74 Unterrichtsräumen stünde ein Bedarf von lediglich 64 bis 67 Räumen in den kommenden Jahren gegenüber. Selbst mit einem Wegfall der sechs Unterrichtsräume an der Feldstraße, könnte die Schule den Bedarf demnach decken. Deshalb entscheide der Rat nun vorgezogen über einen Ausbau der LMS. „Wir müssen nun Prioritäten setzten“, so der Bürgermeister.
Korte sagte mit Blick auf die versammelten Schüler vor dem Stuhrer Rathaus, dass er ein „Freund von solchen Aktionen“ sei. Es sei das gute Recht der Schüler, ihrem Unmut Gehör zu verschaffen.
Schüler und Lehrer waren nicht eingeweiht
Korte hatte sich gewundert, dass es in den vergangenen Schulausschüssen keinen Widerspruch der anwesenden Lehrer- und Schülervertreter hinsichtlich der Priorisierung der Lise-Meitner-Schule gab. „Das Ganze ist also nicht neu“, sagte Korte.
Für die Schüler der KGS Brinkum, als auch für die Lehrer, sei bislang allerdings nicht klar ersichtlich gewesen, dass ein Neubau an der LMS mit einer Verzögerung des Neubaus an der KGS Brinkum einhergehe, sagten die Schülervertreter.
KGS-Schulleiter Mirko Truscelli begleitete am Dienstagvormittag den Schulstreik vor dem Rathaus. Im Gespräch mit der Kreiszeitung unterstrich er die Vorwürfe seiner Schüler. Anfang 2021 habe es das erste Mal in die Mobilbauten durchgeregnet. Dies habe er der Gemeinde mitgeteilt. Bislang sei sie allerdings nicht tätig geworden. Auch, dass es an der Feldstraße keine Möglichkeit des digitalen Unterrichts gebe, bestätigte er.
Aus seiner Sicht sei der Schulstreik „sensationell“. Er befürworte es, dass die Schüler ihren Ansichten demokratisch Verhör verschaffen – auch wenn sie dafür einen unentschuldigten Fehltag erhalten.
Vor dem Beginn der Ratssitzung am heutigen Mittwochabend ruft die Schülervertretung Schüler, Lehrer und Eltern zu einer gemeinsamen Demonstration vor dem Stuhrer Rathaus auf. Treffpunkt ist um 17.30 Uhr vor dem Rathaus Stuhr.
Auch dann dürften wieder Sprechchöre seitens der Schüler zu hören sein wie am Dienstagvormittag: „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr Lise-Meitner baut“.