Kinderbetreuung in Stuhr: Zu wenig Plätze, aber viel Optimismus

Rein rechnerisch hat die Gemeinde Stuhr für das kommende Kindergartenjahr nicht genügend Plätze in ihren Kindergarten- und Krippengruppen. Sie setzt auf die Zusammenarbeit mit den Einrichtungen freier Träger und auf Alternativen wie die Betreuung durch Tagespflegepersonen.
Stuhr – Ein seltenes Dankeschön nahm die Verwaltung am Donnerstagabend im Ausschuss für Jugend, Freizeit, Kultur und Soziales entgegen. Nicht der Dank selbst mutete fremdartig an, sondern der Grund dafür: „Ich bedanke mich für ihren Optimismus“, sagte die SPD-Ratsfrau Gudrun Klomburg in Richtung Kerstin Frohburg, Fachbereichsleiterin Bildung, Soziales und Freizeit.
Eltern-Kind-Treffs am Nachmittag als Alternative
Die hatte zuvor über die Anmeldungen und die Kapazitäten für das Kindergartenjahr 2023/24 berichtet. Unterm Strich fehlen 27 Plätze im Kindergarten- und 45 Plätze im Krippenbereich. Die Situation für die älteren Mädchen und Jungen sieht Frohburg entspannt, da es sich bei 40 der insgesamt 1022 Anmeldungen um Doppelanmeldungen handele. Die Eltern hätten ihre Sprösslinge nicht nur bei den kommunalen Einrichtungen, sondern auch bei den freien Trägern registrieren lassen. Dort könnten die meisten Kinder berücksichtigt werden.
Beim Nachwuchs unter drei Jahren wird es trotz der freien Träger eng. Die 45 Plätze fehlen auch dann, wenn man berücksichtigt, dass einige Sprösslinge während des Kindergartenjahres aus Altersgründen in eine Kindergartengruppe wechseln. Hier setzt Frohburg auf Eltern-Kind-Treffs, die die Kommune für die Betreuung von ukrainischen Kindern in Heiligenrode und Brinkum für zwei Nachmittage à zwei Stunden pro Woche eingerichtet hatte. In Stuhr sei ein solcher Treff in Vorbereitung. Personell sind die Angebote laut Frohburg durch Erzieherinnen abgedeckt, die sich in der Elternphase befinden. Zudem bestehe die Möglichkeit, Kleinkinder bei Tagespflegepersonen unterzubringen.
„Das ist ja der best case, was uns hier vorgeschlagen wird. Ich hoffe, dass es so bleibt“, sagte Klomburg. „Ich finde die Situation bedrückend. Der Mangel an Erzieherinnen wird immer sichtbarer, gravierender.“ Gleichzeitig sei da der Anspruch der Eltern, die ihren Nachwuchs verlässlich untergebracht wissen wollten.
Früh- und Spätdienste erfreuen sich einer wachsenden Beliebtheit
Sorgen bereiten Klomburg auch die „unklaren Sonderdienste“. Frohburg hatte zuvor dargelegt, dass sich Früh- und Spätdienste einer wachsenden Beliebtheit erfreuten. Die Kita-Leitungen seien zurzeit dabei, das Zustandekommen der Angebote zu prüfen. Neben der Zahl der Anmeldungen hänge dies von der personellen Situation ab.
Klar ist: Noch hat die Gemeinde nicht alle Stellen besetzt, die sie für ihr Betreuungsangebot besetzen müsste. Um Personal gezielter anzuwerben, habe sich die Verwaltung bei den eigenen Erzieherinnen umgehört, erklärte Frohburg. „Was wäre für dich ein Argument, nach Stuhr zu kommen?“, habe eine Frage gelautet. Aus solchen Gesprächen hatte Bürgermeister Stephan Korte zum Beispiel flexiblere Schließungszeiten als Auftrag mitgenommen, erzählte er kürzlich beim Dämmerschoppen der Brinkumer Interessengemeinschaft.
Die Gemeinde sei nun zu Stellenausschreibungen für die konkrete Einrichtung sowie zu Vorstellungsgesprächen in den betreffenden Häusern übergegangen, sagte Frohburg. „Das findet mehr Anklang.“ Die erste Gemeinderätin Bettina Scharrelmann brachte Social Media als Plattform für die Gewinnung von Fachkräften ins Spiel. Diese Kanäle baue die Kommune gerade aus.
An Motivation des Kollegiums fehlt es nicht
Grünen-Ratsfrau Britta Buttelmann nannte die 45 fehlenden Krippenplätze „arg“. Sie wollte wissen, inwieweit die Unterbringung von Kindergartenkindern bei den freien Trägern gewährleistet sei. „Mit der Kita Neukrug haben wir das Angebot schon abgeglichen“, sagte Frohburg. Mit dem St.-Paulus-Kindergarten in Moordeich sei das noch nicht möglich, weil dessen Anmeldeverfahren einen Monat später auslaufe. „Das ist noch nicht zu 100 Prozent verlässlich zu dieser Zeit. Ziel ist, es im nächsten Jahr zu synchronisieren.“
Den Einsatz der in Elternzeit befindlichen Erzieherinnen für die Nachmittagstreffs zeige deren Verbundenheit mit der Gemeinde, sagte Buttelmann. Überhaupt scheint es bei den Stuhrer Erzieherinnen nicht an Motivation zu fehlen: Auf die Initiative des Kollegiums gehe es zurück, dass an der Jahnstraße wieder alle vier Krippengruppen als Ganztagsgruppen eingerichtet werden, berichtete Frohburg. Dieses Engagement stehe auch für die Entwicklung an der Marsstraße, wo aus einer der beiden Fördergruppen mit verlängerter Betreuungszeit eine Förder-Ganztagsgruppe werde. Allerdings stünden auch diese Angebote unter dem Vorbehalt der personellen Ausstattung.
Vier Tagesmütter vor Eintritt in den Ruhestand
Daniel Biermann (CDU) machte darauf aufmerksam, dass die Frist für die Regelung, zwei Sozialassistentinnen dürfen zusammen Kinder in Sonderdiensten betreuen, ablaufe. Dann muss wieder eine Erzieherin dabei sein, „und wir haben ein noch größeres Problem“. Er forderte eine Verlängerung der Frist durch eine zeitnahe Abstimmung im Landtag.
Als Tagesmutter relativierte Besucherin Jeannette Holz die Aussage Frohburgs, Stuhr verfüge über rund 20 Tagespflegepersonen. Sie kenne allein vier Kolleginnen, die bald ihren „wohlverdienten Ruhestand“ antreten würden. Vom Rathaus wünscht sich Holz, dass Eltern für die Betreuung von Geschwisterkindern auch in der Tagespflege nur 50 Prozent der Gebühren zahlen – so wie dies in kommunalen Einrichtungen der Fall sei. „Sonst werden die Kinder bei uns aus Kostengründen abgemeldet“, sagte Holz. Frohburg versicherte, dieses Ansinnen in die „politische Beratung“ zu geben. Zusätzlich seien Gespräche mit dem Landkreis zu führen, da dieser für die Tagespflege zuständig sei.