Bürgermeister-Kandidaten im Fragengewitter

Stuhr - Von Andreas Hapke. Auf dem Sofa trägt Frank Holle manchmal noch die Krawatte zur Jogginghose, Stephan Korte isst zu Hause am liebsten asiatisch, und André Uzulis hatte in der Schule so seine Probleme mit Mathematik. Dies erfuhren die Besucher der Podiumsdiskussion, zu der die Brinkumer Interessengemeinschaft (Big) und die Mediengruppe Kreiszeitung für Freitagabend eingeladen hatten. Im rappelvollen Cateringzelt der Brinkumer Gewerbeschau fühlte Moderator Hans Willms, Chefredakteur der Kreiszeitung, den drei Bürgermeisterkandidaten auf den Zahn. In vier Wochen – am Sonntag, 26. Mai – stellt sich das Trio zur Wahl.
In der Aufwärmrunde durften die Bewerber noch kundtun, warum sie ihrer Ansicht nach der richtige Verwaltungschef wären. Später mussten sie das mit fundierten Kenntnisse über die Kommune unterfüttern. CDU-Mann Holle etwa sieht sich als den kommenden Bürgermeister in Stuhr, „weil das die richtige Gemeinde ist, um mich einer neuen Herausforderung zu stellen“. Der von den Grünen und der SPD unterstützte Stephan Korte glaubt, alles für dieses Amt mitzubringen. André Uzulis sagte, er wolle „mit diesem tollen Publikum und diesen Menschen hier arbeiten“.

Die Frage, ob Stuhr mehr Gewerbeflächen benötigt, beantwortete Holle mit einem deutlichen „Ja“: „Der Bedarf ist da. Es gehen schon Betriebe weg, weil sie sich nicht erweitern können.“ Uzulis plädierte für einen Mix aus „hoher Wohnqualität, einer intakten Natur und ausreichend Gewerbeflächen“, wobei er hauptsächlich höherwertiges Gewerbe ansiedeln wolle. Korte schlug vor, Flächen auf Erbpacht zu vermarkten, um handlungsfähig zu bleiben, oder Rückkaufoptionen mit Gewerbebetrieben auszuhandeln.
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Auf die Tube drücken würden die Kandidaten bei der Entwicklung des Brinkumer Ortskerns. Bei seiner Vorstellungsrunde durch Stuhr habe gefühlt jeder 1,5. Haushalt das Thema angesprochen, sagte Holle. „Das wäre für mich Chefsache. Die Leute wollen eine Entscheidung, sie haben lange genug gewartet.“ Korte hat nach eigener Auskunft Sympathie dafür, das Konzept „neu zu denken“ und „vielleicht etwas kleiner ranzugehen“. Die geplanten Gebäude etwa könne man einzeln bewerben. Auch Uzulis kündigte an, das Fass noch einmal aufzumachen. „Damit muss sich der neue Bürgermeister auf jeden Fall beschäftigen.“

Hinsichtlich des Radwegs an der Kreisstraße 114 – die Umsetzung scheitert womöglich daran, dass einige Eigentümer ihre Flächen nicht verkaufen möchten – schloss Holle Enteignung aus: „Entweder man verliert vor Gericht oder es kostet so viel, dass es nicht mehr wirtschaftlich ist.“ Korte brachte Verständnis für die Eigentümer auf, denn: Offenbar sei die Niedersäschsische Landgesellschaft bei den Verhandlungen „wie die Axt im Walde“ vorgegangen. Stattdessen könnte die Gemeinde Einzelgespräche führen. Auch Uzulis setzt in diesem Fall auf Kommunikation und darauf, gemeinsam eine Lösung zu finden.
Ein Rezept für den immer wiederkehrenden Verkehrskollaps in Stuhr und umzu hatten die Bewerber nicht. Holle kritisierte den fehlenden Informationsfluss bei der Einrichtung neuer Baustellen, was zu Lasten der Unternehmen gehe. Die Gemeinde müsse sich dahinterklemmen und bei der Straßenbaubehörde in Nienburg vorstellig werden. Uzulis outete sich als Freund der Straßenbahn. Diese müsse jedoch „eingebunden sein in ein Verkehrskonzept insgesamt“. Korte erachtet die Ertüchtigung von Streckenabschnitten der Bremen-Thedinghauser Eisenbahn als „Option für die Zukunft“, um Güterverkehr zu ermöglichen.

Alle drei Kandidaten sahen die Notwendigkeit, sich als Kommune für den Klimaschutz einzusetzen. „Wer soll das sonst tun, wenn nicht die Gemeinde?“, fragte Uzulis. Auch Holle sah in diesem Punkt Handlungsbedarf. Es sei ruhig um das Thema geworden, nachdem es seit Herbst 2017 keinen Klimaschutzmanager mehr gebe. Für Korte ist das „mehr als Strom und Wasser sparen“ und deshalb nicht nur Aufgabe der Landespolitik.
Einen Nachholbedarf stellten die Bewerber in Sachen bezahlbarer Wohnraum fest. „Wenn kein Platz da ist, muss man nach oben gehen mit der Geschossigkeit“, setzte sich Holle für Mehrfamilienhäuser ein. Stuhr müsse dafür sorgen, „dass alle, die hier leben, einen angemessenen Wohnraum haben. Ich würde aber nicht expansiv darangehen“, fügte Uzulis hinzu.
Insgesamt zeichnete sich die Fragerunde durch Übereinstimmungen bei den meisten Themen aus, so auch in Sachen Transparenz: Alle Kandidaten hätten im Stuhrer Rathaus jederzeit eine offene Tür für die Bewohner und könnten sich regelmäßige Bürgersprechstunden vorstellen, und zwar in allen Ortsteilen. Einig waren sich die drei Bewerber auch darin, dass die jüngere Generation in dem „beachtlichen Kultur- und Freizeitangebot“ (Uzulis) etwas zu kurz kommt.