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B-Plan in Stuhr-Brinkum unwirksam: Decathlon hätte nicht gebaut werden dürfen

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Von: Andreas Hapke

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Decathlon in Brinkum-Nord: Laut Oberverwaltungsgericht hätte die Baugenehmigung nicht erteilt werden dürfen.
Decathlon in Brinkum-Nord: Laut Oberverwaltungsgericht hätte die Baugenehmigung nicht erteilt werden dürfen. © Rainer Jysch

Das Oberverwaltungsgericht hat den Bebauungsplan für den Sportfachmarkt in Brinkum-Nord für unwirksam erklärt. Die Stadt Delmenhorst hatte dagegen geklagt.

Stuhr – Die Gemeinde Stuhr hat vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg eine Schlappe erlitten. Ihr Bebauungsplan zur Errichtung eines Sportfachmarkts an der Gottlieb-Daimler-Straße in Brinkum-Nord ist unwirksam. Zu diesem Urteil ist jetzt der erste Senat des OVG gekommen. In einem abgetrennten Verfahren kam das Gericht außerdem zu dem Schluss, dass deshalb auch die Baugenehmigung für Decathlon nicht hätte erteilt werden dürfen.

Ein schwieriges Verfahren

Gegen den B-Plan der Gemeinde Stuhr hatte die Stadt Delmenhorst ein Normenkotrollverfahren angestrengt. „Das Normenkontrollverfahren ist das gerichtliche Verfahren, in dem der Senat die Wirksamkeit des B-Plans überprüft hat. Und er hat festgestellt, dass der B-Plan unwirksam ist“, erklärt Richter Harald Kramer von der Pressestelle des OVG auf Nachfrage der Kreiszeitung.

Das Gericht folgt damit der Begründung der Stadt Delmenhorst, die auf einen formalen Fehler Stuhrs hingewiesen hatte.

Kramer stuft den Fall als „rechtlich schwierig“ ein, bemüht sich aber um eine verständliche Begründung für den Formfehler: Stuhr habe in der Festsetzung des B-Plans von „einem“ Sportfachmarkt gesprochen. Es sei jedoch nicht zulässig, die Ansiedlung von Märkten nummerisch zu begrenzen.

Rechtliche Grenzen überschritten

Laut Gericht missachtet der Bebauungsplan zudem eine Vorgabe des Landesraumordnungsprogramms: Demnach dürfen zentrenrelevante Sortimente wie Sportbekleidung nicht an außerhalb gelegenen Standorten, in diesem Fall also im Gewerbegebiet Brinkum-Nord, angesiedelt werden. Um das doch zu ermöglichen, hatte Stuhr sein Einzelhandelskonzept angepasst und Sportbekleidung als zentrenrelevant ausgeschlossen.

Die engen rechtlichen Grenzen, dies eigenständig zu tun, habe die Gemeinde damit überschritten, stellt das OVG fest. „Die Gemeinde kann sagen, was sie für zentrenrelevant hält“, sagt Kramer. Doch dann komme es auf die Begründung an, und mit der sei das Gericht nicht einverstanden gewesen.

Weil der aktuelle Bebauungsplan aus den genannten Gründen unwirksam sei, habe sich das Gericht einen früheren, wirksamen B-Plan angesehen, sagt Kramer. Der lasse die Genehmigung für den Bau eines Sportfachmarkts nicht zu.

Die Auswirkungen von Decathlon auf die Innenstadt Delmenhorsts sieht das OVG aber als nicht so schwerwiegend an. Schon das Verwaltungsgericht Hannover kam vor knapp einem Jahr zu diesem Ergebnis. Dort hatte Delmenhorst gegen die Baugenehmigung geklagt – und verloren.

„Ob abgerissen wird, steht nicht fest“

Decathlon beeinträchtige durch die zu erwartenden Umsatzverschiebungen in städtebaulich relevanter Weise die Funktionsfähigkeit der Delmenhorster City, so die Klägerin damals. Doch die vierte Kammer war der Ansicht, dass die Stadt durch die Planungen des Nachbarns nicht in ihrem Recht verletzt werde. Sie ließ aber eine Berufung vor dem OVG zu. In Lüneburg wurde nun gegen Stuhr entschieden.

„Ob abgerissen werden muss, steht damit nicht fest. Es durfte nicht gebaut werden“, sagt Kramer. Stuhr hat nun innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils die Chance, in Revision zum Bundesverwaltungsgericht zu gehen. Sollte auch dies die Baugenehmigung als rechtswidrig erachten, müsste die Kommune laut Kramer „im Nachhinein“ den Formfehler und die Zentrenrelevanz in einem neuen B-Plan „heilen“.

Im Normenkontrollverfahren, das sich gegen den B-Plan richtet, hat das OVG die Revision nicht zugelassen. Hier könnte Stuhr nur gegen die Nichtzulassung Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht einlegen.

Bürgermeister überrascht vom Urteil

Bürgermeister Stephan Korte zeigte sich vor dem Hintergrund des Hannoveraner Urteils „überrascht“ von der OVG-Entscheidung. „Das Verwaltungsgericht hat vor einem Jahr eine dezidiert andere Auffassung auch zum B-Plan gehabt“. Und weil sich schon die Vorinstanz damit befasst habe, „fühlten wir uns in sicheren Schuhen. Wir machen nur rechtskonforme Sachen.“

Die weiteren Schritte müsse die Kommune jetzt von den Urteilsbegründungen abhängig machen. „Dass man sich auf dem Klageweg auseinandersetzt, ist nicht wunderbar“, bedauerte der Bürgermeister.

Auf Nachfrage der Kreiszeitung äußerte sich gestern auch das Presseteam des Decathlon-Konzerns zurückhaltend: „Wir sind weiterhin mit der Stadt und den Vermietern im Dialog und werden abwarten, wie sich die Situation auch im Hinblick auf die Urteilsbegründung weiterentwickelt.“

Decathlon wurde im März 2021 eröffnet. Die Gemeinde Stuhr hatte im Dezember 2019 die Errichtung des Sportfachmarktes mit einer Verkaufsfläche von 3 565 Quadratmetern im Gewerbegebiet Brinkum-Nord genehmigt.

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