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Demenz-Netzwerk bietet Touren für Betroffene und Angehörige an

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Von: Andreas Hapke

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Der Bus ist startklar, ein Quartett freut sich auf Fahrgäste: (v.l.) Lilja Helms (Pro Dem), Frank Junker, Berit Rullhusen (Junker Reisen) und Dagmar Heidtmann (Pro Dem).
Der Bus ist startklar, ein Quartett freut sich auf Fahrgäste: (v.l.) Lilja Helms (Pro Dem), Frank Junker, Berit Rullhusen (Junker Reisen) und Dagmar Heidtmann (Pro Dem). © andreas hapke

Ausflüge für Menschen mit Demenz und deren Angehörige zählen jetzt zum Angebot des Demenz-Netzwerks Stuhr-Weyhe-Syke.

Brinkum – Mit Ausflügen für Menschen mit Demenz und deren Angehörige hat das Demenz-Netzwerk Stuhr-Weyhe-Syke ein neues Angebot ins Leben gerufen. Als Partner sitzt das Stuhrer Busunternehmen Junker Reisen im Boot. Von Ende März bis Ende Juni soll es wöchentlich eine demenzsensible Tour geben. Danach wollen die Beteiligten eine Zwischenbilanz ziehen.

Danach soll es mit den nächsten Touren weitergehen, erklärt Firmen-Chef Frank Junker: „Wir geben uns erst mal zwei Jahre Zeit.“

Das 2022 gegründete Demenz-Netzwerk hat sich nach eigener Auskunft auf seine Fahnen geschrieben, „eine stabile, nachhaltige und demenzsensible Struktur in der Region auf- und auszubauen“. Derzeit versuchen seine 25 Teilnehmer, darunter der Verein Pro Dem, Angebotslücken zu schließen. Das Pilotprojekt mit Junker Reisen geht auf ein Treffen im November zurück, ab Januar wurde die Idee konkreter. Pro Dem hat sie als Koordinator an Junker herangetragen. Beide Seiten sprechen von einer „unkomplizierten und niedrigschwelligen Zusammenarbeit“.

„Durch Corona ist viel eingeschlafen“

Nach Auskunft von Dagmar Heidtmann, administrative Leiterin bei Pro Dem, kommt das Netzwerk damit dem ausdrücklichen Wunsch der Angehörigen nach. Nach den pandemiebedingten Einschränkungen seien Aktivitäten umso wichtiger: „Durch Corona ist viel eingeschlafen. Viele Menschen haben in der Zeit abgebaut oder sich komplett zurückgezogen.“

Ihre Kollegin Lilja Helms, Leiterin des geronto-sozialen Bereichs bei Pro Dem, bezeichnet die Fahrten als „Quality Time“, als „schöne Auszeiten“ für die betroffenen Familien. „Sie trauen sich oft nicht, solche Ausflüge zu unternehmen. Weil der Erkrankte oft inadäquat reagiert, bleiben sie lieber zu Hause.“

Offen sein für Menschen mit Demenz

Die Bustouren seien „ein Raum der Freiheit, wo man sein kann, wie man ist. Niemand wird auf seine Defizite hingewiesen, niemandem muss etwas peinlich sein“, stellt Helms fest. Nicht nur Familienangehörige könnten zusammen etwas unternehmen, sondern auch Kumpels nach langer Zeit mal wieder gemeinsam unterwegs sein. „Das kann das Highlight schlechthin sein. Etwas, was das Herz öffnet. Und bei der Gelegenheit wird gleich ein bisschen Biografiearbeit geleistet.“

Angehörige allein dürfen auch mitfahren. Firmen-Chef Junker weiß aus Erfahrung, wie „elementar“ das ist. Er habe selbst eine demenzkranke Mutter gehabt. „Derjenige, der sich kümmert, muss mal rauskommen. Angehörige müssen sich mal entspannen können.“ Junker würde schon ab fünf Anmeldungen fahren. „Hauptsache, es geht los.“ Wichtig laut Helms: „Das sind keine Ausflüge für Senioren. Sie können teilnehmen, aber alle müssen Verständnis haben oder offen sein für Menschen mit Demenz.“

Programm nach Ampelsystem

„Wir haben im kleinen Kreis überlegt, wie man Ausflüge demenzsensibel gestalten kann“, berichtet Helms. Herausgekommen ist ein Programm nach dem Ampelsystem: Es gibt grüne, gelbe und rote Touren, die die unterschiedlichen Bedarfe abdecken. Federführend ausgearbeitet hat sie innerhalb kurzer Zeit Berit Rullhusen, Mitarbeiterin der Firma Junker Reisen. Demenzkranke und Gästeführer hätten ebenfalls Ideen eingebracht, sagt Rullhusen. Bei grünen Ausflügen sind keinerlei Stopps mit Aus- und Einstiegen vorgesehen, bei Bedarf höchstens eine Toilettenpause. Allerdings verfügen die Reisebusse auch über ein WC an Bord.

Gelbe Touren beinhalten Stopps zur Besichtigung oder zum Kaffeetrinken. Wem nicht nach Bewegung zumute ist, kann am Treffpunkt verweilen. Die jeweiligen Toiletten sind barrierefrei.

Gästeführer sind auf Menschen mit Demenz eingestellt

Bei den roten Ausflügen handelt es sich um anspruchsvollere weil längere Rundfahrten. Sie beinhalten die Einkehr zum Mittagessen oder zur Kaffeetafel, eine Kutschfahrt oder einen anderen Programmpunkt, etwa den Auftritt einer Band. Die angesteuerten Lokalitäten sind nicht nur barrierefrei, sondern auch auf den Besuch von Menschen mit Demenz eingestellt. Eine Pflegefachkraft begleitet die roten Ausflüge. Zwei Pflegedienste hätten sich bereit erklärt, dafür Personal zur Verfügung zu stellen, berichtet Helms.

Ihrer Auskunft nach werden die Busfahrer bis zur ersten Tour – eine grüne Weyhe-Rundfahrt am Dienstag, 28. März – im Umgang mit demenziell Erkrankten geschult sein. Auch die Gästeführer sind auf Menschen mit Demenz eingestellt. Die Mitnahme von Rollatoren stellt kein Problem dar. Einziger Wermutstropfen: Für Rollstuhlfahrer, die nicht selbstständig in den Bus einsteigen können, sind die Ausflüge nicht geeignet.

Um das Angebot publik zu machen, hat Pro Dem unter anderem 200 Flyer an Angehörige von Betroffenen verschickt. Die Preise zwischen 22 Euro für kleine und 74 Euro für große Touren pro Person hält Helms für zumutbar.

Grüne, gelbe und rote Touren

Grüne Touren: Weyhe-Rundfahrt mit örtlicher Führung, Dienstag, 28. März, 22 Euro pro Person; Rundfahrt durch Bremens Osten, Montag, 17. April, 29 Euro; Rundfahrt durch Bremens Westen, Dienstag, 2. Mai, 29 Euro.

Gelbe Touren: Fahrt nach Neubruchhausen zum Kaffeetrinken mit Besuch im Tierpark Petermoor, Donnerstag, 27. April,

29 Euro; Kleine Rundfahrt durchs Umland mit Kaffeetrinken im Nostalgie-Museum Okel, Freitag, 12. Mai, 31 Euro; Fahrt nach Bremen in den Rhododendron-Park mit Führung und Kaffeetrinken, Dienstag, 16. Mai, 41 Euro; Weyhe-Rundfahrt mit örtlicher Führung, Dienstag, 27. Juni, 22 Euro.

Rote Touren: Kutschfahrt durchs Okeler Land mit Kaffeetrinken im Nostalgie-Museum, Dienstag, 6. Juni, 45 Euro; Bremerhaven, Mittagessen in der „Letzten Kneipe vor New York“ mit Live-Band, Montag, 26. Juni, 74 Euro.

Anmeldungen: jeweils zwei Wochen vorher unter 0421/89 12 37 (Berit Rullhusen) oder buero@junkerreisen.de. Für die erste Fahrt sind auch jetzt noch Anmeldungen möglich.

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