50 Jahre FDP Stuhr: Der Verjüngungsprozess hat längst begonnen

Wenn der FDP-Ortsverband Stuhr am Samstag seinen 50. Geburtstag feiert, wird es ein Fest der Generationen. Längst hat der Verjüngungsprozess begonnen. „Wir versuchen, uns für junge Leute anzubieten“, sagt der Vorsitzende Johannes Südkamp. Das sei in den vergangenen beiden Jahren schon gelungen.
Stuhr – Jürgen Timm hat einiges zu feiern in diesen Tagen: am Donnerstag seinen 86. Geburtstag, am Samstag den 50. Jahrestag des FDP-Ortsverbands Stuhr. Die zeitliche Nähe der beiden Partys hat Symbolwert. Fast fünf Jahrzehnte lang war die politische Karriere Timms untrennbar mit der Entwicklung des Ortsverbands (OV) und der Fraktion verbunden. Erst nach der Kommunalwahl im November 2021 verabschiedete er sich aus dem Gemeinderat.
Mit Timm schied auch dessen langjähriger Fraktionskollege Jan-Alfred Meyer-Diekena aus der Kommunalpolitik aus. Beide hatten zudem lange Zeit als OV-Vorsitzende die Geschicke der Stuhrer Liberalen geleitet. Heute steht dem OV Johannes Südkamp vor, Fraktionschef ist Alexander Carapinha Hesse. An der Spitze ist der Generationswechsel damit vollzogen.
Lange Zeit aber ging nichts ohne Timm, der im Juli 1972 gemeinsam mit Horst Bruno Dreyer, Horst Heckmann und Bernhart Siegert die FDP Stuhr gegründet hatte. Dreyer und Heckmann sind auch zum Jubiläum eingeladen. Die Adresse Siegerts habe er nicht herausfinden können, sagt Timm, der sofort Spitzenkandidat für die Kommunalwahl 1972 wurde und als Stellvertreter des OV-Vorsitzenden Dreyer fungierte. Ihn löste Timm 1974 ab.
Wir hatten keine Chance, uns einer langweiligen Politik zu widmen.
Von null auf hundert – so fasst Timm die Anfänge nicht nur seiner, sondern der liberalen Arbeit überhaupt zusammen: „Wir hatten keine Chance, uns einer langweiligen Politik zu widmen. Wir haben mit Pragmatismus sofort rangeklotzt.“ Schwerpunkte waren die Schulen, der Erhalt der Landwirtschaft sowie der Landschafts- und der Baumschutz. „Alles, wofür wir uns auch heute noch einsetzen.“ Der OV habe „brutal Stellung bezogen“, unter anderem 1973 gegen den geplanten Bau der Autobahn 100, die später abgelehnt wurde.
In einer Fraktionsstärke, die über die Jahrzehnte zwischen zwei und fünf Mitgliedern schwankte, hat die FDP ihre Ideen immer wieder über Anträge zur Abstimmung gebracht. Nicht viele Vorstöße seien erfolgreich gewesen, gibt Timm zu. Doch Kontinuität trage Früchte. „Wir waren nie sprunghaft. Manchmal tauchten unsere abgelehnten Anträge unter anderem Namen von einer anderen Fraktion auf. Da haben wir dann natürlich zugestimmt. Wichtig war uns immer das Ergebnis.“
Timm war seinerzeit reingerutscht in die Politik: Mit dem Schuleintritt seiner Tochter und der Wahl zum Klassenelternsprecher gehörte er dem Schulelternrat an. Ab da bestand der Kontakt zur politischen Gemeinde.
Südkamps Weg in die Politik war lange vorbereitet
Beim aktuellen Vorsitzenden Johannes Südkamp war das von langer Hand vorbereitet. „Ich hatte mir so meine Gedanken gemacht, als von rechter Seite immer mehr Einfluss auf die Politik genommen wurde“, erinnert er sich. Doch nur am Spielfeldrand stehen und meckern, das könne jeder. Er habe das Feld betreten wollen. In der Folge habe er sich mehrere Ortsvereine angesehen und sich letztlich für die FDP entschieden. 2018 trat er in die Partei ein, seit Frühjahr 2021 ist er OV-Vorsitzender.
Mit den Freien Demokraten habe er die größten Überschneidungspunkte gehabt, vor allem in Sachen Selbstbestimmung, berichtet Südkamp. Das wiederum war auch bei Timm so: „Ich hatte auch die SPD und die CDU kennengelernt, aber das Liberale stand mir näher. Liberalismus als Hinwendung zu den Ansprüchen der Wirtschaft und der Bevölkerung.“
Südkamp ist Teil eines längst gestarteten Verjüngungsprozesses. „Das ist eine stetige Entwicklung. Wir versuchen, uns für junge Leute anzubieten, Dinge anders zu machen“, sagt er. Dies betreffe sowohl die interne wie auch die externe Kommunikation. „Wie spreche ich die Mitglieder an? Wie präsentieren wir uns auf Social Media?“ Nicht zuletzt durch Instagram und Facebook habe der OV in den vergangenen zwei Jahren zehn neue Mitglieder gewonnen. Vorbei sind die Zeiten, in denen Timm das Arbeitsprogramm der FDP auf Saugpostpapier geschrieben hatte.
Themen Straßenbau, Radwege, Wohnungsbau treffe die Leute konkret
An der Herangehensweise aber hat sich nicht viel geändert. „Wir müssen immer wieder den Finger in die Wunde legen“, sagt Südkamp. Er nennt die Themen Straßenbau, Radwege, Wohnungsbau als Beispiele. „Das betrifft die Leute ganz konkret. Dazu haben sie Ängste, Fragen und Ideen.“ Bei vier Mitgliedern im Rat müsse die FDP Mehrheiten organisieren, um ihre Ziele umzusetzen. „Bevor wir losrennen und wild Anträge stellen, gibt es schon mal das Gespräch mit anderen Fraktionen.“
Timm würde bei diesen Worten der Partykeller des Christdemokraten Herbert Schwede einfallen, wo 1976 fraktionsübergreifend das Stuhrer Schulkonzept entstand. Von Berührungsängsten keine Spur. „Die FDP hat von Anfang an grüne Politik gemacht. Einige nannten mich den ersten Grünen in Stuhr“, berichtet Timm.
Natürlich fällt Südkamp zu 50 Jahren OV vor allem Jürgen Timm ein – und eine Kommunalpolitik, die sich viel um die Belange der Bürger kümmert: „Das müssen wir auf mehrere Schultern verteilen. Das war ja lange eine One-Man-Show.“ Dieser Mann wünscht seiner FDP zum Geburtstag, „dass wir auf pragmatischer Basis und mit vielen Ideen der Mitglieder weiterarbeiten. Konsequent“, fordert Timm, „aber nicht populistisch.“
Sommerfest
Seinen 50. Geburtstag feiert der FDP-Ortsverband am Samstag, 17. September, ab 12 Uhr mit einem Sommerfest am Bahnhof Stuhr an der Blockener Straße. Der Bundestagsabgeordnete Christian Dürr hat sich ebenso angekündigt wie Landtagsabgeordneter Marco Genthe und die Vorsitzende der Jungen Liberalen in Niedersachsen, Nadin Zaya.