Weyhe - Der Kampf der Ärzte war vergebens: Der 25-Jährige, der am Sonntag auf dem Bahnhofsplatz in Kirchweyhe ins Koma getreten wurde, ist tot. Er hatte bei der Auseinandersetzung lebensgefährliche Kopfverletzungen erlitten.
Umgehend hatte die Staatsanwaltschaft in Verden einen Haftbefehl gegen einen 20-Jährigen aus Weyhe erwirkt. Nach dem Tod des 25-Jährigen erhebt sie nun den Vorwurf des vollendeten Mordes aus Heimtücke und niedrigen Beweggründen. Staatsanwalt Lutz Gaebel: „Der nur leicht alkoholisierte heranwachsende Beschuldigte soll den an einer verbalen Auseinandersetzung völlig unbeteiligten Streitschlichter mit heftigen Tritten an Kopf und Oberkörper getötet haben.“ Das Opfer soll obduziert werden, um die Tat vollständig aufklären zu können.
Die Betroffenheit ist in Weyhe immer noch groß. „Hab Dich lieb, Du fehlst mir, Für immer in meinem Herzen“ – in schwarzen Buchstaben stehen diese schmerzerfüllten Sätze auf drei roten Luftballons. Sie wehen am Tatort, dem Bahnhofsplatz in Kirchweyhe, im eisigen Wind, befestigt an einem Laternenmast. Auf dem Weg nach Hause oder zur Arbeit bleiben etliche Passanten ein paar Sekunden stehen. Ihr Blick fällt auf Abschiedsgrüße, die Freunde und Familie des Opfers hinterlassen haben: „FASSUNGSLOS, HILFLOS, NICHT GLAUBEN WOLLEN, HOFFNUNG, WUT, ZORN“, steht auf einem weißen Blatt. „Für immer hast Du einen Platz in unserem Herzen“, ist auf einem roten Abschiedsgruß zu lesen. Immer wieder knien Frauen und Männer nieder und legen ein paar Blumen auf den Boden. „Ich verstehe den Sinn nicht, warum so etwas auf diesem Vorplatz passiert“, sagt Sabine Germann wütend und laut. Leise und den Tränen nahe ist dagegen Ingrid Pahlau. „Ich bin fassungslos und sehr traurig.“ Gekannt habe sie das Opfer zwar nicht, aber „so eine Tat ist einfach nicht nachvollziehbar“.
Im Internet tobt bundesweit ein Sturm der Entrüstung – mit unhaltbaren Vorwürfen gegen Medien und oft im Schutz der Anonymität. Anonyme Anschuldigungen treffen dabei auch die KGS Leeste. Ein angeblich ehemaliger Schüler spricht von einer Bandenkriminalität und Drogenverkäufen, die er aus dem Umfeld der mutmaßlichen Täter vom Kirchweyher Bahnhof wahrgenommen haben will. Schuldirektor Rainer Patzelt will die „pauschalen Anschuldigungen“, die er dem rechten Spektrum zuordnet, nicht kommentieren. Der Weyher Bürgermeister Frank Lemmermann betont, dass er keine Kenntnis von Bandenkriminalität und Drogenverkauf an den Weyher Schulen habe. Grundsätzlich gelte dafür „Nulltoleranz“, so Lemmermann. Auch die Polizei hat keine Erkenntnisse über Bandenkriminalität, war gestern auf Anfrage zu erfahren. Derweil rufen die im Weyher Rat vertretenen Parteien und der „Runde Tisch gegen rechts“ für Samstag ab 11 Uhr zu einer Zusammenkunft am Bahnhof auf, um des verstorbenen 25-Jährigen zu gedenken – und zugleich gegen Rechtsextremismus zu demonstrieren.
Weitere Mahnwachen seien bei der Gemeinde nicht angemeldet, sagte Lemmermann gestern. In Internetforen wird dagegen dazu aufgerufen, um 15 Uhr nach Kirchweyhe zu kommen. ach/sie/pk/sdl
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