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175.000 Euro: „Big Challenge“ feiert Spendenevent in Bruchhausen-Vilsen

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Von: Anne-Katrin Schwarze

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Radfahrer in Trikots bei gemeinsamer Zieleinfahrt
Abschluss eines langes Tages: Die gemeinsame Zieleinfahrt der „Big Challenge“ 2022. Am Marktplatz fand außerdem ein vielseitiges Rahmenprogramm statt. © Oliver Siedenberg

Br.-Vilsen – Mehr als 12 000 Kilometer legten Radfahrer und Läufer am Samstag für den guten Zweck zurück: Die Teilnehmer der „Big Challenge“ (BC) gehen aus Solidarität zu Krebspatienten auch an ihre Grenzen und akquirieren mit ihrem Einsatz Spendengelder. Nicht weniger als 175 000 Euro hat die Benefizveranstaltung in diesem Jahr eingebracht. Einen Scheck über diese Summe nahm Dr. Franz Kohlhuber, Vorsitzender der Deutschen Krebshilfe, am Freitag in Bruchhausen-Vilsen entgegen.

„Wir haben hier optimale Voraussetzungen für unsere Veranstaltung vorgefunden“, heißt Teil eins des Fazits von BC-Vorsitzendem Georg Biedemann. In Teil zwei bezieht er sich auf das Vereinsmotto „Aufgeben kommt nicht infrage“: „Wir hoffen, dass wir in diesem Jahr auf eine Spendensumme von 200 000 Euro kommen werden“.

Seit seiner Gründung im Jahr 2013 hat der Verein fast 1,7 Millionen Euro an die Deutsche Krebshilfe überweisen können. „Das macht uns zum größten Einzelspender“, stellt Biedemann die „Big Challenge“ vor. Einen Großteil der Summe erwirtschaftet der von Landwirten gegründete Verein bei seinem jährlich stattfindenden Sportevent. Dessen Auftakt fand am Freitagabend im Gasthaus Mügge statt. Derzeit unterstützt der Verein die Forschung nach maßgeschneiderten Therapien gegen Darmkrebs.

Dr. Bruno Köhler, Leiter der Forschung am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen in Heidelberg (NCT), war per Video zugeschaltet und informierte in einem anschaulichen Vortrag, warum Krebs nicht gleich Krebs ist und warum besonders beim Darmkrebs ganz unterschiedliche Behandlungswege erforderlich sein können. Sein Ansatz sei, die Sauerstoffabhängigkeit der Tumorzellen zu erforschen.

„Darmkrebs ist eine lebenslimitierende Erkrankung“, betonte er, die in Deutschland und der westlichen Welt „ausgesprochen häufig“ auftrete und vor allem ältere Männer treffe. Er rate dringend zu Vorsorgeuntersuchungen, denn Tumore, die im Frühstadium entdeckt werden, seien zunehmend erfolgreich zu behandeln. Ein Patient im ersten Stadium habe Aussicht auf vollständige Heilung, machte er Mut, sich der unangenehmen Untersuchung zu stellen. „Die Patienten werden immer jünger“, berichtete er über jüngste Erkenntnisse.

Den „unglaublichen Betrag von 175 000 Euro“ bezeichnete Samtgemeindebürgermeister Bernd Bormann als Schirmherr als „Leistung, auf die die Organisatoren zurecht stolz sein dürfen“, und beglückwünschte die Krebshilfe „zu diesem Team, das deutschlandweit nach seinesgleichen sucht“. Uwe Garbers, Manfred Henke, Petra Zöller, Imke Wicke, Nicole Segelhorst und Dorit Döhrmann hatten zum ersten Mal die Planungen für einen BC-Tag in Bruchhausen-Vilsen übernommen. „Das lief sehr, sehr gut“, sagte Biedemann am Samstagabend. „Ohne die Gemeinde und die vielen Sponsoren hätten wir das nicht machen können“, gab Garbers den Dank weiter. Vor Ort hatten an die 70 ehrenamtliche Helfer zum reibungslosen Gelingen des Tages beigetragen.

„Mit ihrem Engagement sind Sie Vorbilder“, bescheinigte Franz Kohlhuber der großen BC-Familie persönlich, „sie geben Krebskranken das Gefühl, sie nicht allein zu lassen.“

232 Starter waren nach Bruchhausen-Vilsen gekommen, der jüngste von ihnen acht Jahre alt, der älteste 84. Sie drehten insgesamt 272 Runden à 41 Kilometer mit dem Rad und liefen 120 Runden à acht Kilometer. Die Ausdauerndsten schafften fünf Radrunden. Triathlet Horst Wittmershaus aus Syke fuhr in zwölf Stunden mehr als 300 Kilometer am Stück.

Während alle Teilnehmer mit dem Ziel starten, eine effektive Spende einzuwerben, ist der sportliche Ehrgeiz durchaus unterschiedlich. Einige sind temporeich unterwegs, der Großteil gehört zu den ambitionierten Freizeitfahrern. Für manche ist es eine Herausforderung, mit einem ganz normalen Fahrrad eine Runde zu schaffen, andere wollen ihre bisherige Bestmarke verbessern und eine Runde drauflegen. Dieses Event ohne Wertung und Siegerehrung als Herausforderung zu sehen, gehen somit alle an, wenn auch auf unterschiedliche Weise.

Hermann Hagen aus Nordhessen ist seit der Vereinsgründung dabei. Wie seinerzeit alle bei „Big Challenge“, kommt der 58-Jährige aus der Landwirtschaft. Mit dem Team „Ahle Wurscht“ ist er bei jedem BC-Event dabei. Nach Bruchhausen-Vilsen reiste die „Alte Wurst“, eine Spezialität ihrer Heimatregion, mit zwölf Teilnehmern an. Die Hälfte von ihnen hat selbst oder im engsten Kreis mit Krebs zu tun, die anderen wollen die Sache unterstützen. „Das kann morgen jeden von uns treffen“, sagt ein Teamkollege. Die Spendensumme von 500 Euro pro Starter werben sie vor allem bei Geschäftspartnern oder mit Aktionen ein, ein Teil stammt auch von Teilnehmern selbst, berichten sie.

„Krebs nimmt kein Ende“, musste Maria van Wickeren aus Keppeln am Niederrhein erfahren. Sie unterstützt den Verein seit 2015. „Wir haben Landwirtschaft, ich frage zum Beispiel unseren Tierarzt nach einer Spende“, erzählt sie. Aufs Rad steigt sie selbst, als Teil eines Vierer-Teams. Das Tempo wählt die Gruppe so, dass sie die Landschaft wahrnehmen kann. „Es ist wirklich schön hier“, sagen sie über die hohe Geest. Für die von Nicole Segelhorst konzipierte Strecke haben sie viel Lob: Gut zu fahren sei der Rundkurs über Normannshausen nach Schwarme, Süstedt und Uenzen. An Robberts Huus, am Süstedter Speicher und am Dörphus sorgten Helfer für Getränke und Snacks. Vielen kam ein kurzer Stopp gelegen, denn das Wetter meinte es besonders gut mit dieser Veranstaltung.

Über Erfrischungen und Stärkung am Start/Ziel war „Team Mörsen“ um die Geschwister Henning Hohnholt und Beate Hohnholt-Leiber dankbar. Zu Siebt gingen die Twistringer im Familienverband an den Start. Sie haben sich ordentlich ins Zeug gelegt und peilen eine Spendensumme von 10000 Euro an. Dafür haben die Landwirte und Lohnunternehmer ihre beruflichen Kontakte genutzt. „Bei einigen mussten wir mehrmals nachfragen, aber wir waren hartnäckig“, berichten sie, getreu dem Vereinsmotto „Aufgeben kommt nicht infrage“. Die geforderten 500 Euro schrecken zunächst ab, aber es sei wichtig, eine große Summe zu akquirieren, um etwas erreichen können, unterstützen sie das Vereinsziel. „Und die Landwirtschaft steht endlich mal positiv in der Presse“, ist ihnen wichtig.

Ihre Verbundenheit vor allem zum lokalen Organisationsteam demonstrierten zahlreiche Starter aus der Samtgemeinde, auch wenn sie nicht direkt etwas mit der Landwirtschaft zu tun haben. Mit dabei auch der Vilser Lauftreff. Eins seiner Mitglieder ist Gerd Schierloh. Er tauschte die Laufschuhe allerdings gegen das Rennrad. Drei Runden wollte der Landwirt schaffen, mit einer vierten hat er vor dem Start geliebäugelt, fünf sind es in der Euphorie des Tages dann geworden. Am Abend sieht man ihm die Anstrengung ebenso an wie die Zufriedenheit über das Erreichte.

Die Teilnehmer genossen die bis ins Detail organisierte Veranstaltung. „Alle waren von der Strecke begeistert. Und von der Herzlichkeit“, sagt BC-Vorstandsmitglied Petra Biedemann. Überall seien die Teilnehmer in ihren weißen Trikots mit einem „Moin“ begrüßt und beklatscht worden.

Das lokale Team hatte um das Sportevent herum ein informatives wie unterhaltendes Rahmenprogramm organisiert und war zurecht enttäuscht, dass nur wenige Besucher den Weg fanden. „Krebs muss im Gespräch bleiben“, mahnte Georg Biedemann.

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