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Noch 50 Abschnitte ohne Radweg

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Von: Anke Seidel

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Für Radfahrer soll es in Zukunft an den Kreisstraßen im Landkreis Diepholz mehr sichere Wege geben. Archi
Für Radfahrer soll es in Zukunft an den Kreisstraßen im Landkreis Diepholz mehr sichere Wege geben. Archi © Patrick Pleul

Zu viele haben zurzeit noch keinen: Für Kreisstraßen entsteht ein Bedarfsplan mit Radwegebau-Prioritätenliste bis zum Jahr 2035.

Landkreis   Diepholz. Der Startschuss ist gefallen: Für den Landkreis Diepholz erarbeitet das Planungsbüro SHP in Hannover ein Radwegeverkehrskonzept an den Kreisstraßen. Systematisch untersuchen die Ingenieure die Kreisstraßen mit ihrer Beschaffenheit und Bedeutung für das Radwegenetz in diesem Lebensraum. Das Ziel: ein Radwegebedarfsplan, der eine Prioritätenliste bis zum Jahr 2035 beinhaltet.

Von Ingenieur Engelbert Stenkhoff ließen sich die Mitglieder im Fachausschuss für Kreisentwicklung, Bauen und Umwelt die Strategie und Vorgehensweise erläutern – vor dem Hintergrund, dass seit Langem Bedarf an einem nach objektiven, fachlichen Kriterien erarbeiteten Konzept besteht. „Derzeit gibt es noch 50 Kreisstraßenabschnitte ohne Radweg, über deren Realisierung auf Grundlage des neuen Radwegebedarfsplans beschlossen werden könnte“, heißt es in einem Arbeitspapier der Kreisverwaltung.

Erster Arbeitsschritt für das Ingenieurbüro SHP: eine Datenbank mit Bewertungskriterien aufbauen – mit Straßenbezeichnung und Relation, Streckenlänge, zulässiger Geschwindigkeit und Fahrbahnbreiten. Weitere Kriterien sind Übersichtlichkeit und Kurvigkeit des Abschnittes, aber ebenso die Verkehrsstärke mit der Nutzung durch Autos und Schwerlastverkehr sowie der Zahl der Unfälle. Schließlich gehören die Bedeutung der Straße als Schulwegachse – sprich für Schulen sowie Kindergärten, Freizeit- und Sportanlagen – sowie für das Radwegenetz insgesamt dazu.

„Wir pflegen die Daten ein und nehmen dann eine erste Bewertung vor“, erläuterte Engelbert Stenkhoff . Danach folge eine Befahrung des Kreisstraßennetzes und im nächsten Schritt eine erste Bewertung aller Abschnitte an Kreisstraßen ohne separate Radwegeverkehrsanlagen.

Der Ingenieur stellte im Fachausschuss für Kreisentwicklung, Bauen und Umwelt ebenso die Bewertungsmatrix vor, nach der die Ingenieure die einzelnen Abschnitte dann beurteilen. Ganz oben auf der Liste: die Führungsform nach den Empfehlungen für Radwegeverkehrsanlagen auf der Basis der durchschnittlichen täglichen Verkehrsbelastung, der zulässigen Höchstgeschwindigkeit und des Schwerverkehr-Anteils.

Drei Fragen an Holger Opitz

Der Weyher Holger Opitz ist stellvertretender Vorsitzender des Kreisverbands Diepholz im ADFC (Allgemeiner deut-
scher Fahrradclub) und passionierter Radler. Rund 8000 Kilometer legt er pro Jahr mit Muskelkraft zurück,
radelt regelmäßig zu seiner Arbeitsstelle in der Hansestadt Bremen und sammelt so viele praktische Erfahrungen im Verkehrsalltag.

Herr Opitz, wie bewertet der ADFC die Erarbeitung eines Radwegebedarfsplans für den Landkreis Diepholz?

Da der alte Plan strukturelle Mängel hatte, begrüßen wir die Neufassung des Radwegebedarfsplans auf der Grundlage heutiger Kriterien.

Müssen Radwege aus Ihrer Sicht grundsätzlich direkt an Kreisstraßen gebaut werden, oder wäre im Einzelfall auch der Ausbau eines Feldwegs eine Option?

Ein Radweg ist immer dann erforderlich, wenn viele Kraftfahrzeuge auf der Straße unterwegs sind. Abseitige Alternativen sind eine Option, wenn der Winterdienst und die Bauunterhaltung geklärt sind.

Wie stark wird die Zahl der Radfahrer Ihrer Meinung nach bis zum Jahr 2035 steigen?

In der Nahdistanz bis 10 Kilometer sind Steigerungen um 20 Prozent realistisch. Nicht zuletzt die E-Bike-Welle sorgt dafür, dass immer mehr Menschen ihre Alltagswege mit dem Rad machen.

Nach prozentualen Bewertungsanteilen lassen die Planer die Kriterien Fahrbahnbreite, Unfälle sowie Übersichtlichkeit und Kurvigkeit einfließen. Für das gesamte Netz sind Lücken und alternative Routen von Bedeutung. Muss ein Radweg automatisch an der Kreisstraße liegen – oder bietet sich als Alternative der Ausbau eines Wirtschafts- oder Feldwegs an? Diese Frage diskutierten Ausschussmitglieder durchaus kontrovers. Ein Pro-Argument: Der Ausbau könnte wesentlich preisgünstiger sein. Schwierig sei das, so das Gegenargument, wenn der Weg nicht im Landkreis-Eigentum sei. Weil es die erste Präsentation zum Projekt war, galt für diese Frage (wie auch für die der Einbeziehung von Radwegen in Nachbar-Landkreisen und ebenso die nach einem Radwegestreifen auf Kreisstraßen) die Antwort: „So weit sind wir noch nicht. Das kommt zu einem späteren Zeitpunkt.“

Eine Beschlussempfehlung war jedoch in der Sitzung zu einem Antrag der Grünen zu erarbeiten. Sie wollten die Mitgliedschaft des Landkreises Diepholz in der „Arbeitsgemeinschaft Fahrradfreundlicher Kommunen Bremen/Niedersachsen“ erreichen, einem Verein. Dafür sah Marcel Scharrelmann (CDU) keine Notwendigkeit. Seine Fraktion wolle lieber Radwege planen. Für die SPD signalisierte Ingo Estermann aber durchaus Zustimmung. Er gehe davon aus, dass die Mitgliedschaft dem Landkreis neue Erkenntnisse bringen werde. Auch Mattis Langhorst (FDP) war für einen Beitritt: Ein Austausch auf der Sachebene sei durchaus empfehlenswert.

Am Ende stimmten doppelt so viele Mitglieder für den Beitritt wie dagegen. Nun muss noch der Kreistag über diese Beschlussempfehlung entscheiden.

Holger Opitz, Vize-Kreisvorsitzender des ADFC.
Holger Opitz, Vize-Kreisvorsitzender des ADFC. © Seidel

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