40 Jahre Nachhaltigkeit: Mit gebrauchten Kartons fing alles an

Der Lemförder Familienunternehmen Shera Werkstoff-Technologie setzt seit 40 Jahren auf nachhaltiges Wirtschaften.
Lemförde – Nachhaltig wirtschaften, Ressourcen sparen, energieeffizienter arbeiten – was heute in aller Munde ist, ist bei der Shera Werkstoff-Technologie in Lemförde schon seit den Anfängen vor 40 Jahren Handlungsmaxime.
Mit 2000 geliehenen Mark in der Tasche, ganz viel Mut und schwäbischer Sparsamkeit gründete Günther Grill 1983 das Familienunternehmen. Die begrenzten finanziellen Mittel zwangen den damals 55-Jährigen – vielleicht unfreiwillig – schon damals nachhaltig zu handeln. Re-use, also das Wiederverwenden von Mitteln, sei für Shera ein Mosaikstein beim Aufbau des Unternehmens gewesen, erläutert Karola Grill-Lüdeker, Prokuristin und Leiterin Unternehmenskommunikation bei Shera.
Für den Versand seiner zahntechnischen Produkte an die Dentallabore nutzte der Firmengründer Kartons und Verpackungsmaterial, das er aus den Supermärkten vor Ort abholte. „Besonders groß abräumen konnte er, wenn der Brockumer Markt in der Nachbarschaft stattfand“, so Grill-Lüdeker. Durch das Wiederverwenden von Verpackungsmaterial habe er Geld gespart, das er in die Erforschung von zahntechnischen Werkstoffen und Mitarbeitende investieren konnte.
Aus 2000 Mark Startkapital und einer schwäbischen One-Man-Show sind heute nach Unternehmensangaben ein Jahresumsatz von rund 19 Millionen Euro und 90 Mitarbeitende geworden – mittlerweile in der zweiten Generation mit Jens Grill als Inhaber und Geschäftsführer.
Nachhaltig wirtschaften sei ein aktuelles Unternehmensziel der Shera, so Grill-Lüdeker. Die Einsparung von Strom und Gas spiele in Anbetracht der Energiekrise eine große Rolle. Man habe darum eine Arbeitsgruppe gegründet, in der Mitarbeitende aus verschiedenen Abteilungen vom Auszubildenden bis zum Manager Ideen entwickeln und Maßnahmen einleiten, die helfen Ressourcen zu schonen.
Und das hat offenbar Früchte getragen: Eine intelligente Lichtplanung beim Hallenneubau helfe, Energie zu sparen, der Einbau von Bewegungsmeldern und immer mehr LED-Technik im gesamten Unternehmen trügen dazu bei, nachhaltiger zu wirtschaften. Der jährliche Stromverbrauch ist laut Unternehmen von rund 251.000 Kilowattstunden auf 238.000 Kilowattstunden gesunken.
Seit 2011 betreibt Shera eine Photovoltaikanlage mit einer Leistung von rund 100 Kilowattpeak. Damit speise man durchschnittlich 67 000 Kilowattstunden pro Jahr ins Netz ein und könne so einen Teil der hohen Stromkosten abfedern.
Sehr erstaunt zeigt sich der Shera-Chef Jens Grill bei der Entwicklung des Gasverbrauchs. Er sei von 431.000 Kilowattstunden im Jahr 2021 auf 342.000 Kilowattstunden im vergangenen Jahr gesunken – eine Ersparnis von etwa 20 Prozent. „Wir haben die Heizungsanlage gedrosselt, Herbst und Winter 2022 waren mild, gefroren hat hier niemand – aber diese Ersparnis hatten wir nicht erwartet“, freut sich Jens Grill. Es lohne sich, nachhaltig zu wirtschaften, ist er überzeugt.
Im Hinblick auf Nachhaltigkeit habe sich das Unternehmen 2018 entschlossen, komplett auf Strom und Gas aus erneuerbaren Energien umzustellen und die damit verbundenen höheren Beschaffungskosten in Kauf zu nehmen, berichtet Karola Grill-Lüdeker. Laut Berechnung des Energielieferanten senke Shera so den CO2-Abdruck um rund 200 Tonnen pro Jahr. „Shera akzeptiert die höheren Preise für Strom und Gas, um Wiedergutmachung zu leisten“, erklärt Jens Grill. „In unseren Produktionsprozessen verbrauchen wir viel Energie und Rohstoffe. Bei uns ist Chemie im Spiel: Kunststoffe, Silikone und chemische Flüssigkeiten, die wir für die Herstellung von Produkten für die Zahntechnik und -medizin brauchen. Dentalindustrie ist nicht sauber und kann es auch gar nicht sein. Aber wir können als kleines mittelständisches Unternehmen so gut wie möglich aufpassen, mit allen zur Verfügung stehenden Ressourcen sorgsam umzugehen und Wiedergutmachung leisten, wo wir Belastungen nicht vermeiden können. Alles andere ist Greenwashing und Augenwischerei.“
Seinen Vater Günther Grill hätte es wohl gefreut: Noch heute verwendet Shera altes Verpackungsmaterial wieder, das in den Paketen von Zulieferern war oder Mitarbeitende mitbringen. Erst dann kommt als Füllmaterial eine Recyclingfolie in die rund 220 000 Pakete, die von Lemförde aus jährlich CO2-neutral in die Dentallabore in aller Welt verschickt werden.