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Eheleute Schomäker-Nolte sanieren geschichtsträchtiges Lemförder Fachwerkhaus von 1697

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Von: Simone Brauns-Bömermann

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Das Doktorhaus ist das drittälteste Haus im Flecken Lemförde, erbaut 1697.
Das Doktorhaus ist das drittälteste Haus im Flecken Lemförde, erbaut 1697. © Brauns-Bömermann

Lemförde – Vielleicht war es das Ehewappen mit barockem Schnitzwerk und Inschrift der Erbauer des Doktorhauses: „Timenti Dominum non Deerit Ullum Bonum“, zu Deutsch „Wer den Herrn fürchtet, dem wird nichts Gutes mangeln“, was das Doktorhaus in Lemförde durch die Zeit rettete. Vielmehr steht das drittälteste Gebäude im Flecken Lemförde – datiert auf 1697 – wieder, weil das Ehepaar Melanie Schomäker-Nolte und Dietmar Nolte aus Dielingen und Drohne Fachwerk liebt.

2014 kauften die Eheleute das völlig von Efeu umrankte Fachwerkgebäude und ringsherum verwucherte Gelände an der Doktorstraße von Bodo Kreutzer. Der war der letzte aus einer Arztfamilie, die zuvor in dem Haus praktiziert hatten, wie sein Vater Dr. Oskar Kreutzer und danach als Mieter Dr. Axel Hespe.

Mit dem Kauf von Schomäker-Nolte, ihrem Engagement und Idealismus, das historische Baudenkmal zu erhalten, führen sie die Geschichte vom ehemaligen Burgmannssitz von Grapendorf (14. Jahrhundert), dem Erbauer des Doktorhauses Amtmann Friderich Stölting (1697), in Erbfolge die Eheleute Götker aus Diepholz, ab 1955 Dr. Ernst Schenk fort.

Überliefert von Historiker Horst Meyer blieb das Haus fast gegenüber der ehemaligen Burg Lemförde 112 Jahre ein Haus, in dem entweder Ärzte wohnten und praktizierten oder nur praktizierten. Daher rühre der Begriff Doktorhaus, nach dem im Nachgang die Straße, die auf das Haus zuläuft, „Doktorstraße“ betitelt wurde.

Das Foto zeigt das Doktorhaus in Lemförde um 1910.
Das Foto zeigt das Doktorhaus in Lemförde um 1910. © Brauns-Bömermann

Wer alte Bilder anschaut von dem Motiv mit dem imposanten Sockel und tiefgezogenen großen Dach, erinnert sich an den mittleren Schornstein auf dem jahrzehntelang ein Storchennest thronte, der viele Besucher anzog. Und an das schöne farbig bemalte hölzerne Wappen mit Inschrift und den Namen der Erbauer: Friderich Stolting und Sara Maria Meus, Anno 1697. Stölting war Amtmann in Lemförde von 1670 bis 1714.

Ab dem 14. Jahrhundert setzte der Graf von Diepholz auf seiner Sommer-Dependance, der Lemförder Burg, sogenannte Burgmänner zur Gesellschaft und zum Dienst ein und erlaubte im Gegenzug den Burgmännern, in der Nähe der Burg ihre Wohnstätte anzulegen. Aber nur vier Familien siedelten in der unmittelbaren Umgebung: die von Grapendorf, die von der Horst, die von Bordewisch und die von Stemshorn. Ein Teil des horst’schen Burgmannssitzes ging an die Familie Stölting über.

Der Amtmann Stölting ließ das heutige Doktorhaus wegen des moorigen Untergrundes auf dicken Eichenpfählen gründen. Mit der durch Bautätigkeit veränderten Peripherie des Fachwerkhauses in der Gegenwart sei der Grundwasserpegel gesunken, und das Haus mehr und mehr in Schieflage geraten, erinnert sich der neue Eigentümer Dietmar Nolte. Das ist für Fachwerk suboptimal, denn das homogene Konstrukt aus Waagerechten und Senkrechten mit Gefachen und Aussteifungen „knarrt und knirscht und reißt“ dann.

Dem Ehepaar Schomäker-Nolte blieb nichts anderes übrig, als das Gebäude ganz herunterzulegen, neu zu verzimmern und wieder aufbauen zu lassen. „Das gesamte Haus lag irgendwann 2015 auf dem Abwinkelplatz der ehemaligen Zimmerei Günther Storck bei Fred Kasten“, beschreibt es Nolte.

Zuvor hatten Fachleute das Gebäude rückgebaut: Dachhaut entfernen, Dachstuhl abbauen, Gefache aus dem Fachwerk nehmen, Gebälk zerlegen, nummerieren für den Wiederaufbau und abtransportieren, heißt das in der Praxis. Ganz zu schweigen von dem Innenrückbau mit Wänden, Decken, Fußböden, Öfen, Treppen, Fachwerkwänden mal abgesehen. „Als das Haus weg war, haben wir 1000 Kubikmeter Moorboden abgefahren und die Baugrube mit Sand aufgefüllt, bevor wir neu gründen konnten“, sagt Nolte.

Während der Sanierung 2015 wurde das Doktorhaus in Lemförde komplett in seine Einzelteile zerlegt.
Während der Sanierung 2015 wurde das Doktorhaus in Lemförde komplett in seine Einzelteile zerlegt. © Brauns-Bömermann

Den gesamten Rückbau inklusive Neuaufstellung und Ausbau des Doktorhauses schafften die Handwerker in einem Jahr. Eine Glanzleistung im Rückblick. „Sogar die Eckfindlinge der ehemaligen Gründung sind im Garten verbaut“, betont Nolte. Ende 2015 stand das Doktorhaus wieder. Heute befinden sich im Haus vier Wohneinheiten mit rund 80 Quadratmetern im Erd- und Obergeschoss.

Mit Unterstützung ihres Architekten Martin Nordhoff aus Hunteburg/Bohmte retteten die Eheleute das geschichtsträchtige Haus, das immer noch den Charme eines Herrschaftssitzes hat, wie eine alte Aufnahme von 1930 zeigt. Damals war es von Wirtschaftsgebäuden umgeben, in denen auch die Bediensteten wohnten.

Die Wohnungen in dem „Fast-Neubau“ mit alter Bausubstanz sind sehr begehrt. „Als Samtgemeindebürgermeister Rüdiger Scheibe letztes Jahr nach dem Ende seiner Amtszeit auszog, war die Wohnung im Nullkommanix wieder vermietet“, sagt Melanie Schomäker-Nolte.

Mit dem Hof der Familie von Dietmar Nolte (Hof Schürmann) in Drohne schließt sich ein Kreis von Drohne über Dielingen nach Burlage und ins Doktorhaus (Stoltinghof) nach Lemförde. „Unser Hof in Drohne war dem Kloster Burlage abgabepflichtig, die Landwirtschaft lieferte Güter oder Abgaben“, beschreibt es Nolte. Buch darüber muss auch der Amtmann Friderich Stölting geführt haben.

Ihr Wohnhaus in Dielingen lädt mit offenen Gefachen ein, und sie besitzen in Dielingen noch einen Speicher aus Fachwerk. Trotz der Überraschungen während der Sanierung des Doktorhauses, der Mehrkosten und dem geforderten Idealismus würden sie es wieder wagen: Fachwerk ist eben ihre große Liebe.

Von Simone Brauns-Bömermann

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