„MyEnso“-Mitbegründer Bausch bei Bürgerversammlung in Barenburg

Barenburg – Von Bremen nach Barenburg ziehen würde Thomas Bausch derzeit nicht: kein Bäcker, keine Apotheke, keine Bank. Dafür am Donnerstagabend eine gut gefüllte Turnhalle: Etwa 200 Bürger sind gekommen, um vom Mitbegründer der Firma „MyEnso“ zu hören, wie das funktionieren soll mit „Tante Enso“. Aufgerüttelt durch Artikel, den Ratsbrief, ein Video und jede Menge Mundpropaganda haben sich bereits viele mit dem Thema beschäftigt. Am Ende einer fast einstündigen kurzweiligen „Einkaufstour“ mit Thomas Bausch durch die „Tante Enso“-Einkaufswelt gibt es kaum Nachfragen.
Stattdessen schon jetzt Befürchtungen, die Technik nicht zu meistern, wenn eben kein Personal da ist. „Tante Enso“ ist rund um die Uhr zugänglich – für jene mit der „MyEnso Karte“. „Wir haben auch Filialen in Seniorenheimen – Sie schaffen das“, macht Bausch Mut.
Die Sicherheit spielt ebenfalls eine Rolle: Kameraüberwacht ist das Geschäft. Was bedeutet: Wer zwei Flaschen Wodka mitnimmt, ohne zu bezahlen, sollte sich daran erinnern, dass er seine persönlichen Daten, inklusive Adresse und Telefonnummer, registriert hat. „Wir haben ihm nur die Karte gesperrt und Hausverbot erteilt. Der Ort hat ihn geteert und gefedert“, berichtet Bausch von einem Fall in einem „Tante Enso“.

Von denen gibt es im rasanten Wachstum immer mehr. Die „My Enso“-Idee (Einkauf mit Genossenschaftsgedanke, einem Faible für regionale Hersteller und „Foodpioniere“) befindet sich auf der Überholspur: Nach zwölf Läden im Jahr 2022 sollen es bis Ende 2023 45 sein, ab 2024 jährlich 80 bis 100 mehr. Ziel: „Wir wollen Haushaltsversorger Nummer eins werden im ländlichen Raum, bundesweit“, gibt Bausch vor.
Das Unternehmen mit Sitz in Bremen macht nicht alles anders als die vier Großen, aber Grundlegendes. Bei „Tante Enso“, wie die Läden heißen, bestimmen die Bürger selbst: Was gekauft wird, bleibt in den Regalen, Ladenhüter fliegen umgehend raus. Die Inventur erfolgt fast täglich. „Sie wollen das Obst vom regionalen Bauern? Dann müssen sie das auch kaufen“, sagt Bausch. Er findet beständig deutliche Worte, die Aussagen sind unmissverständlich. „ ,MyEnso‘ kommt gerne nach Barenburg, wir sehen hier Potenzial. Aber wenn sich keine 300 Bürger finden, die Anteile zeichnen, eben nicht.“ Warum 300? Norbert Hegmann und Thomas Bausch haben intensive Marktanalysen vorgenommen, mit 300 errechnet sich letztlich ein wirtschaftlicher Betrieb.
300 Bürger kaufen je einen Anteil, der schafft eine Bindung, im Geschäft einzukaufen. Bausch: „Nach unseren Erfahrungen sind Anteilseigner zu 100 Prozent Kunden.“ Jeder von ihnen bekomme eine Rendite, Vorteile, etwa bei Aktionen, genießen alle Kunden. Sie finden laut Bausch regelmäßig statt. Etwa dank Günther Jauch, der bekanntlich ein Weingut hat. „Da können wir dann im Atrium in Barenburg eine Weinverkostung machen.“ Nun gut, wahrscheinlich ohne Jauch oder seinen Geschäftsführer in Person, Letzterer vielleicht aber per Liveschalte für die Fragen aus dem Flecken.
Der Genossenschaftsgedanke ist eine Gemeinschaftsidee – und deshalb begeistert sich auch der Gemeinderat dafür. Das Gremium unter Leitung von Bürgermeister Lars Röper hat in den zurückliegenden Wochen eine ungeheure Flexibilität gezeigt, für die Röper sich öffentlich bedankt. Bausch war beeindruckt: „Hier ist ein Ort im Hochgeschwindigkeitsmodus.“ Die Ratsmitglieder sehen in „Tante Enso“ eine einmalige Chance – sie müssen nichts dazubezahlen, bekommen aber von Investor Hans-Joachim Marhold, der das Areal mit dem „Wohnpark Fritz Weber“ entwickelt, ein 300 Quadratmeter großes Ladenlokal, das 4 000 Produkte fasst. In fast finalen Gesprächen sei man mit einem Bäcker, der nebenan ein Café betreiben wolle, bestätigt Samtgemeindebürgermeister Heinrich Kammacher. Was einen Zuhörer schon vor Freude in die Hände klatschen lässt: „Endlich wieder ein Treffpunkt.“ Allerdings: „Kommt ,Tante Enso‘ nicht, kommt auch der Bäcker nicht“, macht Bausch sehr deutlich. Ebenso deutlich ist seine Antwort auf die Frage nach der Preisgestaltung: „Wir haben gute Preise. Eine Preispolitik wie beim Discounter werden Sie bei uns nicht finden.“
Die Barenburger haben nun vier Wochen Zeit, die Hürde der 300 Anteilseigner zu meistern. „Legen Sie gleich los. Sie wissen ja heute schon, ob Sie das wollen“, rät Bausch zu einer schnellen Entscheidung, die mehr Lebensqualität für den Ort bedeute.
Aktuelle Zahlen für Barenburg: 77 Anteile sind bereits vollständig erfasst, weitere 63 in Bearbeitung. Thomas Bausch beruhigt: Die Bearbeitung der Anträge dauere. Zum einen, weil viele unvollständig oder fehlerhaft seien und einer Nachfrage bedürfen. Zum anderen, weil schlicht so viele Anträge für alle im Aufbau befindlichen Standorte eingehen, dass das „MyEnso“-Team sie kaum zeitnah meistern kann.
Ansprechpartner
Aus den Reihen des Gemeinderates wurden vier „Paten“ ernannt, für Fragen rund um „Tante Enso“ in Barenburg: Boris Böhnke, (Tel. 01 62 / 4 04 92 67), Irene Eikmeier (Tel. 01 79 / 6 92 39 85), Kathrin Maschmann (Tel. 01 62 / 2 65 51 44) und Marlo Rethorn (Tel. 01 74 / 5 42 96 41).