Bundestag-Verkleinerung: CDU kündigt Gang vor das Verfassungsgericht an

Das Bangen scheint ein Ende zu haben: Die von der Ampel bevorzugte Reform zur Verkleinerung des Bundestags lässt den Wahlkreis Diepholz/Nienburg I unangetastet.
Landkreis Diepholz – Für viele Politiker ist es eine gute Nachricht: Die „Schlachteplatte“ ist vom Tisch, und der Wahlkreis Diepholz/Nienburg I wird bei der nächsten Bundestagswahl 2025 aller Voraussicht nach nicht zerschnitten.
CDU kündigt Gang vor das Verfassungsgericht an
Anders als ursprünglich geplant sollen nun alle 299 Bundestagswahlkreise in ihrer bisherigen Form erhalten bleiben – und die Verkleinerung des Bundestags über den Wegfall der Überhangmandate erreicht werden. Darüber will der Bundestag noch in dieser Woche entscheiden.
Einerseits bedeutet das eine Erleichterung für den CDU-Bundestagsabgeordneten Axel Knoerig, der den Wahlkreis Diepholz/Nienburg I bisher viermal direkt gewonnen hat. Andererseits hält er den jetzigen Vorschlag der Ampel-Koalition für alles andere als zielführend: „Das ist nicht verfassungskonform“, so der CDU-Bundestagsabgeordnete. Käme es zu dieser Lösung, „dann ist nicht sichergestellt, dass alle direkt gewählten Kandidaten in den Bundestag einziehen können“.
Sollte der Entwurf beschlossen werden, „dann werden wir das Verfassungsgericht anrufen“, kündigt Axel Knoerig für die CDU an. „Dann würden wir noch vor der Sommerpause Klarheit haben.“ Das sei wichtig, weil für die Bundestagswahl 2025 noch viel Vorarbeit geleistet werden müsse.
Bundestag: Reduzierung von 736 auf 630 Abgeordnete ist der Plan
Er muss schrumpfen, weil er mit 736 Abgeordneten viel zu groß ist: Die Verkleinerung des Bundestages, seit Jahren ein Dauerthema, soll nun Hand und Fuß bekommen.
Der erste Entwurf für die Wahlrechtsreform hatte eine Verkleinerung auf 598 Bundestagssitze vorgesehen – zu dem Preis, Wahlkreise zu reduzieren. Das hatte im Landkreis Diepholz blankes Entsetzen ausgelöst, weil er in der Länge gespalten werden sollte. Im aktuellen Entwurf, den der Bundestag noch diese Woche verabschieden soll, beträgt die Zahl der Abgeordneten dauerhaft 630 – ohne Wahlkreise zu zerschneiden. Die Reduzierung soll durch den Wegfall der Überhangmandate erreicht werden. Sie entstehen, wenn ein Kandidat den Wahlkreis direkt gewinnt – seiner Partei laut Zweitstimmen aber weniger Sitze zustehen. Damit das demokratische Verhältnis gewahrt bleibt, erhalten die anderen Parteien in einem solchen Fall ein Ausgleichsmandat.
Die SPD-Bundestagsabgeordnete Peggy Schierenbeck bewertet den Entwurf völlig anders: „Ich freue mich riesig darüber!“ Denn mit diesem Vorschlag würden die historisch gewachsenen Strukturen der Wahlkreise erhalten. „Außerdem haben wir damit 106 Abgeordnete weniger im Parlament.“ Die Zahl von künftig 630 Abgeordneten sei ein guter Kompromiss. Denn damit würde, wenn die Überhangmandate wegfielen, die Gefahr eines verwaisten Wahlkreises auf das absolute Minimum reduziert.
Es ist eine Lösung, die Landrat Cord Bockhop akzeptieren könnte – ganz anders als die „Schlachteplatte“. Mit diesem Begriff hatte der Landrat die Zerschlagung des Wahlkreises Diepholz/Nienburg I scharf kritisiert.
Landrat Cord Bockhop nennt Vorschlag aus dem Landesinnenministerium „verdächtig“
„Hurra! Endlich wird der Bundestag verkleinert“, so seine erste Reaktion auf die Abstimmung über den Alternativ-Entwurf am Donnerstag oder Freitag. Immer wieder sei darüber gesprochen worden, aber geschehen sei nichts – ein leidvolles Thema. Wenn mit dem jetzt favorisierten Modell die Überhangmandate wegfallen würden, dann könne er „gut damit leben“, so der Landrat. Denn das Kräfteverhältnis im Bundestag bleibe trotzdem gewahrt. Erfahrungsgemäß hätten von den Überhangmandaten insbesondere die CSU, aber im geringeren Umfange auch die CDU profitiert. Man könne den Regierungsparteien vielleicht nicht ganz absprechen, dass der neue Entwurf zu ihrem Vorteil sein könnte.
Dass die „Schlachteplatte“ offenbar vom Tisch ist, begrüßt der Landrat ausdrücklich. Denn laut einem Vorschlag aus dem Niedersächsischen Innenministerium sollte der Landkreis Diepholz wahlkreistechnisch einmal längst halbiert werden.
Auch wenn dieser heftig umstrittene, immer wieder als widersinnig bezeichnete Vorschlag nun Geschichte zu sein scheint: „Das Thema ist für mich so noch nicht beendet“, sagt Cord Bockhop zum Vorschlag aus dem Niedersächsischen Innenministerium. Er möchte wissen, „wer sich das damals ausgedacht hat und mit welcher Motivation“. Denn der Vorschlag sei „bemerkenswert und verdächtig“ gewesen. Gemeinsam mit dem Kreistag hatte sich der Landrat in einer Resolution gegen diesen Vorschlag mit aller Kraft gewehrt.
Wenn der Bundestag über die Mandatsreduzierung entscheidet, erwartet der Landrat eine lebhafte Debatte. Es würden ja auch Abgeordnete mitdiskutieren, gibt er zu bedenken, die beim nächsten Mal nicht mehr im Bundestag sitzen würden: „Das ist so, wie mit Gänsen über Weihnachten zu reden.“