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Ausbildung ukrainischer Soldaten: „Kein Eintritt in den Krieg“

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Von: Anke Seidel

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Politiker aus dem Landkreis Diepholz sehen die Ausbildung ukrainischer Soldaten durch das Völkerrecht abgedeckt. Es handele sich nicht um einen Kriegseintritt.

Landkreis   Diepholz – Diese Nachricht beunruhigt Bürger auch im Landkreis Diepholz: Laut Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags würde man durch die Ausbildung ukrainischer Soldaten an westlichen Waffen zumindest „den gesicherten Bereich der Nichtkriegsführung verlassen“, meldet das Redaktionsnetzwerk Deutschland. Menschen haben Angst: Könnte also diese Ausbildung einen Kriegseintritt bedeuten? Politikerinnen und Politiker der Parteien, die an der Entscheidung der Waffenlieferungen mitgewirkt haben, sehen das nicht so – oder ziehen eine klare Grenze.

Vom wissenschaftlichen Dienst zitierter Völkerrechtler sei „Einzelmeinung“

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Axel Knoerig erinnert an die entsprechenden Anträge der CDU/CSU sowie der Regierungsparteien SPD, Grüne und FDP. Im Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes werde lediglich darauf verwiesen, dass die Lieferung von Waffen keinen Status als Kriegspartei begründe. Es würden „keine eindeutigen Aussagen zu Konsequenzen“ getroffen, die sich aus der Ausbildung von Ukrainern ergeben.

Axel Knoerig
Axel Knoerig © CDU

„Der Wissenschaftliche Dienst bezieht sich darüber hinaus im Falle der Ausbildung auch nur auf einen einzigen Völkerrechtler. Andere Experten vertreten andere Meinungen“, so Knoerig. Die UN-Charta räume im Falle einer Verletzung des Gewaltverbots nicht nur ein Selbstverteidigungsrecht des betroffenen Staates ein, sondern auch ein Recht anderer Staaten zur Unterstützung.

Deshalb sei festzustellen, „dass die Ausbildung ukrainischer Soldaten in Deutschland oder Polen völkerrechtlich nicht zu einem Kriegseintritt führt“. Axel Knoerig: „Deutschland muss alles tun, um zuversichtlich an der Seite der Ukraine zu stehen. Dazu gehören auch die Lieferung von Waffen und die Ausbildung ukrainischer Soldaten. Der Bundestag hat sich in der vergangenen Woche mit einer breiten Mehrheit hinter diese Position gestellt.“ Die Waffenlieferungen hätten den gleichen Umfang wie die aus anderen Staaten.

Marco Genthe
Marco Genthe © FDP

Dr. Marco Genthe, FDP-Kreisvorsitzender, Landtagsabgeordneter und rechtspolitischer Sprecher seiner Landtagsfraktion sieht ebenfalls keine Kriegsbeteiligung. Der erfahrene Jurist erläutert Maßgaben des Völkerrechts und die juristische Sachlage. Ein Bruch des Völkerrechts sei der russische Angriffskrieg auf die Ukraine gewesen. „Die Ukraine hat um Hilfe gebeten“, so Dr. Genthe. Schweren Herzens habe man sich für die Lieferung von Waffen entschieden.

Einhellige Meinung: Putin darf nicht gewinnen

Diese Hilfe zu gewähren, sei durch das Völkerrecht abgedeckt. „Da wird auch nicht unterschieden nach schweren Waffen“, fügt der liberale Landtagsabgeordnete hinzu. Die Ausbildung von Ukrainern daran sieht er ebenso durch das Völkerrecht abgedeckt. Politisch steht für Marco Genthe außer Frage, dass der russische Angriffskrieg scheitern müsse. Nur so sei in der Zukunft überhaupt wieder ein friedliches Miteinander in Europa möglich.

Sylvia Holste-Hagen
Sylvia Holste-Hagen © Privat

Die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine sei ein sehr schwerer Schritt gewesen, sagt Sylvia Holste-Hagen, bisherige Bundestagskandidatin der Grünen. Die Ausbildung daran sei nur ein zwangsläufiger Folgeschritt. Eine Alternative sieht sie nicht: „Wir können ja nicht einfach zuschauen“, blickt die Grüne auf die Schrecken des Angriffskriegs. Außerdem stellt sie fest: „Zum Frieden gehört mehr, als nur Waffen zu liefern!“, sagt Sylvia Holste-Hagen und fordert den schnellen Ausbau regenerativer Energien mit Bürgerbeteiligung.

Die Regelung, jährlich zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für die Verteidigung auszugeben, sieht die Grünen-Politikerin mehr als kritisch. Jährlich seien bisher schon 50 Milliarden Euro an die Bundeswehr geflossen: „Wie kann es sein, dass man jetzt nichts Funktionierendes hat?“ Noch im Wahlkampf hatten sich die Grünen klipp und klar gegen Waffenlieferungen in Krisengebiete ausgesprochen. „Waffenlieferungen gehören grundsätzlich auf den Prüfstand“, sagt Sylvia Holste-Hagen, „weil Waffen wandern“.

In der aktuellen Situation ist für die SPD-Bundestagsabgeordnete Peggy Schierenbeck völlig klar: „Wir müssen die Ukraine unterstützen. Aber so, dass wir und unsere Bündnispartner nicht zur Kriegspartei werden!“ Es gebe Grenzen der Unterstützung, die auf keinen Fall überschritten werden dürften. „Ich will nicht“, betont Peggy Schierenbeck, „dass wir den gesicherten Bereich der Nichtkriegsführung verlassen“. Wobei auch klar sei: „Wir haben nur unser eigenes Handeln in der Hand.“

Peggy Schierenbeck
Peggy Schierenbeck © Sigi Schritt

Die Bundestagsabgeordnete macht deutlich, dass sie persönlich unter der unerträglichen Situation leidet: „Das treibt mich echt um. Jede Sekunde wünsche ich mir, dass dieser Krieg aufhört und dass Putin einsieht, dass er diesen Krieg nicht gewinnen kann.“

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