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ZF: Diepholz als Digitalisierungs-Vorreiter

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Von: Eberhard Jansen

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Vorreiter für die Voll-Digitalisierung aller 188 ZF-Produktionsstätten weltweit: Das Fahrwerkkomponenten-Werk in Diepholz.
Vorreiter für die Voll-Digitalisierung aller 188 ZF-Produktionsstätten weltweit: Das Fahrwerkkomponenten-Werk in Diepholz. © ZF/Lewandowski

Die Fehlersammelkarten haben ausgedient. Auf diesen mussten Mitarbeiter des Fahrwerkkomponenten-Werkes von ZF in Diepholz Fehler in der Bauteile-Produktion aufschreiben und dann später an Computern innerhalb des Arbeitsbereiches in das IT-System eintippen. Ebenso bei Schichtende die Zahl der produzierten Teile. Dieser Aufwand entfällt nun – wie viele weitere bisherige ineffiziente Arbeitsschritte. Mit Diepholz als Pilotwerk wurde bei ZF die Voll-Digitalisierung von Produktionsdaten, Arbeitsabläufen, Logistik und Lagerhaltung entwickelt und als Vorreiter für den gesamten Konzern in der Praxis eingesetzt. ZF stellt nun ganz auf die Digital Manufacturing Platform (DMP) mit der Cloud-Strategie von Microsoft Azure um.

Diepholz – Die Digital Manufacturing Platform wird mit den in Diepholz gewonnenen Erfahrungen nach und nach auf alle 188 Werke des Automobilzulieferers weltweit übertragen. Der Vorteil für das Unternehmen: volle Transparenz aller Daten für höchste Effizienz. „Wir sind Ende 2019 damit gestartet“, erklärt Joachim Sprinz, Program Manager Digital Manufacturing Platform im ZF-Konzern, die Entwicklung der DMP. Ein 80-köpfiges Team war und ist damit beschäftigt. 15 Werke sind bislang angeschlossen. Diepholz wurde als Pilotwerk nach Kriterien wie bestehende Technik, Betriebskultur, Ressourcen und Organisation ausgewählt. Auch die Größe mit etwa 400 Produktionsmitarbeitern spielte eine Rolle.

Erfahrungen der Mitarbeiter eingebunden

„Die Mitarbeiter mit ihren praktischen Erfahrungen wurden bei der Programmierung eingebunden“, berichtet Thorsten Schulze im Gespräch mit der Mediengruppe Kreiszeitung. Der Diepholzer ist Projektleiter in dem Werk an der Dr.-Jürgen-Ulderup-Straße in der Nähe des Fliegerhorstes. Eine Herausforderung sei gewesen, dass es bei ZF in Diepholz viele Sondermaschinen in der Produktion von Fahrwerkkomponenten gibt, die Daten unterschiedlich in das System fördern. Die Entwicklung hin zu „Industrie 4.0“ erfolgte schrittweise. Erfahrungen aus den jeweils vorangegangenen Abschnitten wurden dabei berücksichtigt,

Der Software-Riese Microsoft hat im Internet unter customers.microsoft.com einen umfangreichen Bericht über die Digitalisierungsstrategie von ZF mit dem Pilotwerk in Diepholz veröffentlicht. „Die Datenplattform und ihre Applikationen geben ZF heute einen einheitlichen, datenbasierten Überblick ihrer Produktion. Arbeitsschritte wie Wartung und Reparatur werden optimiert, Ressourcen sinnvoller genutzt und die Fertigung läuft flexibler. Der erste Schritt auf dem Weg zum weltweit vernetzten, digitalen Produktionsnetzwerk ist damit getan“, heißt es dort.

Zunächst individuelle Lösungen

Auf dem Weg zur „Smart Factory“ hatten die Werke von ZF in vergangener Zeit zunächst unterschiedliche, sehr individuelle IT-Lösungen erarbeitet. Das war nicht effizient genug. Die neue, in Diepholz zur Reife gebrachte Lösung schaffte es, dass Daten aus verschiedenen Quellen im Betrieb auf einer Plattform gebündelt werden. Die Daten bleiben dabei in der Hand von ZF in einer eigenen Cloud. Die Verarbeitung geschieht mithilfe der Cloud-Computing-Plattform Microsoft Azure.

Komplett digital: Fehlersammelkarten haben ausgedient.
Komplett digital: Fehlersammelkarten haben ausgedient. © ZF/Schulze

Ein Ziel war, sowohl vor Ort als auch konzernübergreifend eine Datentransparenz und schlanke Prozesse zu schaffen. Dafür investierte der Automobilzulieferer einen „hohen Millionenbetrag“, so Joachim Sprinz, der als Grundsatz des Projektes nennt: „Erst die Vernetzung von Menschen und Daten bewirkt, die Effizienz werksübergreifend zu steigern.“

Der Diepholzer Projektleiter Thorsten Schulze ergänzt: „Dank der Vernetzung über die Cloud können wir Maschinen heute deutlich einfacher in unsere Landschaft integrieren, Prozesse werden transparenter und offenbaren ihr Optimierungspotenzial. Am Ende des Tages können wir so die Effizienz der Maschinen und der gesamten Fabrik steigern.“

Praktisches Beispiel

Ein praktisches Beispiel, wie das neue smarte System bei ZF Fehler erkennt, die die Maschinenbediener in der Halle nicht unbedingt bemerken können, erklärt Jörg Grote, Industrie-4.0-Koordinator im Werk Diepholz: „Wenn das Computersystem anzeigt, dass eine Maschine fünf Prozent mehr Druckluft verbraucht, kann gezielt nach einer Leckage gesucht werden. Der Mechaniker kann das passende Werkzeug oder Material sofort mitnehmen, wenn er die Maschine wartet.“ Die zentral zur Verfügung stehenden (Fehler-)Informationen sparen somit zusätzlichen Aufwand, Zeit und Wege. Und vermeiden mögliche Folgeschäden an Maschine und Produkten.

ZF Friedrichshafen

ZF ist ein Technologiekonzern und liefert Systeme für Pkw, Nutzfahrzeuge und Industrietechnik. In den vier Technologiefeldern Vehicle Motion Control, integrierte Sicherheit, automatisiertes Fahren und Elektromobilität bietet ZF Produkt- und Software-Lösungen für etablierte Fahrzeughersteller sowie für neue Anbieter von Transport- und Mobilitätsdienstleistungen. Das Unternehmen mit Zentrale in Friedrichshafen am Bodensee ist mit mehr als 150 000 Mitarbeitern in 42 Ländern vertreten. Das Diepholzer Werk „Fahrwerkmodule“ wurde 1994 in Anwesenheit des damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten Gerhard Schröder eröffnet. Das danach entstandene zweite Diepholzer Werk „Electronic Interfaces“ („Schaltungssysteme“) hat ZF im Jahr 2022 an die Industriegruppe Aequita SE & Co. KGaA verkauft. Der Eigentumsübergang ist noch nicht vollzogen. www.zf.com

Wenn die Digital Manufacturing Platform in einigen Jahren im ganzen ZF-Konzern installiert ist, wird sie zur zentralen Datenverarbeitung für alle 188 ZF-Produktionsstandorte weltweit – eine zentrale Einrichtung, um alle Fabriken flexibel und effizient zu steuern. „So lassen sich künftig noch mehr Prozesse optimieren, nicht wertschöpfende Tätigkeiten vermeiden und die unternehmensweite Vernetzung weiter vorantreiben“, schreibt Microsoft.

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