93 Wohnungen in Diepholz stehen leer

Keine Gardinen an den Fenstern, alles verschlossen, kein Name an den Klingelschildern: In Diepholz stehen in älteren Mehrfamilienhäusern viele Wohnungen leer. Alle diese Häuser verwaltet die ZBVV (Zentral Boden Vermietung und Verwaltung GmbH), eine Tochter der ZBI (Zentral Boden Immobilien Gruppe) in Erlangen. Warum gibt es diesen Leerstand von derzeit 93 Diepholzer Wohnungen – trotz vieler Wohnungssuchender? Die Mediengruppe Kreiszeitung fragte nach bei der ZBI, die nach eigenen Angaben insgesamt etwa 65 000 Wohn- und Gewerbeeinheiten in Deutschland, Luxemburg und Österreich verwaltet.
Diepholz – „Aufgrund von Corona, Lieferengpässen als auch Mitarbeiterwechsel und Austausch von Handwerkerdienstleistern konnten die geplanten Sanierungsmaßnahmen nicht zeitnah realisiert werden“, begründete ein Sprecher der ZBVV dengroßen Wohnungs-Leerstand in Diepholz: „Abriss und Neubau sind nicht geplant.“
Die ZBVV nannte auf Nachfrage Zahlen: Das Immobilienunternehmen verwaltet demnach in Diepholz etwa 20 230 Quadratmeter Wohnfläche, verteilt auf 61 Hauseingänge mit 285 Wohnungen. Von den 285 Wohnungen seien aktuell 93 im Leerstand, also etwa 33 Prozent. Die ZBVV hat Mehrfamilienhäuser in Diepholz nicht nur an der Moorstraße, sondern auch an der Von-Hünefeld-Straße, an der Lüderstraße, Rudolfstraße, Schillerstraße und Schloßstraße sowie Am Weizenkamp und an Vossen Reitweg.
Sanieren und vermieten
„Es ist auch im Interesse der ZBVV, die Wohnungen so schnell wie möglich zu sanieren und entsprechend zu vermieten. Dies wird jetzt sukzessive stattfinden“, betonte der Unternehmenssprecher.
Die Verwaltungsübernahme durch die ZBVV sei ab Juni 2018 erfolgt: „Dabei wurden auch die Leerstands-Wohnungen übernommen, die sich überwiegend noch im Ursprungszustand aus den 50er und 60er Jahren befanden.“ Die ZBVV erklärte weiter, diese Leerwohnungen müssten vollumfänglich saniert werden. Dabei handele es sich in der Regel um die Erneuerung der Fußböden und Elektroverteilung sowie die Modernisierungen der Bäder. Der Sprecher: „In der Regel werden zwischen acht und zehn Wochen für eine Wohnungssanierung benötigt. Derzeit werden etwa fünf Wohnungen pro Monat saniert und zur Anmietung angeboten. Darüber hinaus wird geprüft, die Kapazitäten der Leerwohnungssanierungen weiter zu erhöhen, um den Leerstandabbau zu beschleunigen.“
SPD macht Leerstand ohne Nachfrage zum politischen Thema
Die SPD-Fraktion im Diepholzer Rat hatte den Wohnungsleerstand in dieser Woche zum politischen Thema gemacht. Offenbar ohne Nachfrage bei dem Eigentümer schrieben die Sozialdemokraten in einer Pressemitteilung, dass „Kapital- und Renditeinteressen für Leerstand sorgen“. Das bezeichnete der ZBVV-Sprecher als „schlicht falsch“ und verwies auf die bereits begonnene Sanierung der Wohnungen, die sukzessive fortgesetzt werde. „Wie sollte ein dauerhafter Leerstand Kapital- und Renditeinteressen bedienen? Das wirtschaftliche Interesse der ZBVV liegt hier ausschließlich in einer hohen Vermietungsquote. Dazu stellen wir die Renovierung und damit Bewohnbarkeit im Interesse künftiger Mieter sicher“, so das Unternehmen.
Sozialdemokraten sprechen von „Riesensauerei“
Die SPD spricht in der Pressemitteilung von „Zweckentfremdung von Mietwohnraum“. SPD-Fraktionsvorsitzender Manfred Albers: „Es ist eine Riesensauerei, wenn eine Fondsgesellschaft trotz akuter Wohnungsnot über Monate reihenweise Wohnungen leer stehen lässt. Ein absoluter Skandal ist es aber auch, dass sich die Ratsmehrheit aus CDU und FDP nicht um die Beseitigung dieser Missstände in der Stadt kümmert“, so seine offenbar parteipolitische Aussage.
SPD-Ortsvereinsvorsitzender Torben Kohring fordert in der Mitteilung, die ZBI müsse „ihre Firmenpolitik in Diepholz ändern“. Die Wohnungen müssten saniert und vermietet werden. „Es darf kein Dauerzustand sein, dass die öffentliche Hand Millionen in die Verbesserung des Wohnumfeldes investiert und Anlegerinteressen die Wohnungen vergammeln und leer stehen lassen.“
Antrag gestellt
Fraktionsvorsitzender Manfred Albers kündigte eine erneute Initiative im Stadtrat an. „Mit dem Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum hat das Land Niedersachsen den Kommunen eine Möglichkeit eröffnet, solchen Missständen zu begegnen. Der Antrag der SPD im Wortlaut: „Der Rat beauftragt die Verwaltung zu prüfen, unter welchen Voraussetzungen und Bedingungen eine Satzung zur ausreichenden Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen auf der Grundlage des Niedersächsischen Gesetzes über das Verbot der Zweckentfremdung (NZWEWG) für das gesamte Stadtgebiet Diepholz mit Ausnahme der Ortsteile Aschen, Heede und Sankt Hülfe anzuwenden ist und welche Vorteile für den heimischen Wohnungsmarkt bei einer Anwendung zu erwarten sind. Darüber hinaus wird die Verwaltung beauftragt, weitere Vorschläge zu erarbeiten, wie leer stehende Wohnungen bzw. Häuser wieder dem Diepholzer Wohnungsmarkt zugeführt werden können“, beantragte die SPD.
Das hat sich nach den jetzt durch die Nachfrage der Kreiszeitung vorliegenden Informationen der ZBVV möglicherweise überholt.