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AGB-Änderungen: Wer nicht zustimmt, dem droht die Konto-Kündigung

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Von: Gregor Hühne

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Flaute am Geldautomaten: Der Kunde muss geltenden und geänderten Vertragsbedingungen aktiv zustimmen, ansonsten darf laut Gesetz die Geschäftsbeziehung nicht weiter bestehen. Symbolfoto: Angelika Warmuth/dpa
Flaute am Geldautomaten: Der Kunde muss geltenden und geänderten Vertragsbedingungen aktiv zustimmen, ansonsten darf laut Gesetz die Geschäftsbeziehung nicht weiter bestehen. Symbolfoto: Angelika Warmuth/dpa © -

Ohne Zustimmung gibt’s kein Geld: Wer mit seiner Bank oder Sparkasse Geschäfte machen will, muss dafür den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) zustimmen. Das gilt neuerdings auch nach jeder Änderung der AGB bei den Geldinstituten. Und heißt in letzter Konsequenz: Wer nicht zustimmt, droht sein Konto zu verlieren.

Der für Bankenrecht zuständige Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hatte am 27. April 2021 erklärt, dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken und Sparkassen ohne ausdrückliche Zustimmung der Kunden unwirksam sind. Seitdem müssen die Geldhäuser diese Mammutaufgabe nachholen.

Die AGB sind die Grundlage für die Vertragsbeziehungen zwischen Bank und Kunde. Bis zum Urteil war es vertragsgemäß per AGB-Änderungsmechanismus üblich, dass Änderungen zum Beispiel bei Produkten oder Preisen als angenommen gelten, wenn Kunden nicht binnen einer definierten Frist widersprechen. Das Schweigen reicht als Kenntnisnahme nicht mehr aus. Die automatische Zustimmung durch einen ausbleibenden Widerspruch gibt es nicht mehr.

„BGH-Urteil erschwert gängige Praxis beim Einsatz von AGB“

„Das BGH-Urteil erschwert eine gängige Praxis beim Einsatz von AGB; und zwar für die Sparkasse genauso wie für ihre Kunden“, teilt Dennis Landt von der Kreissparkasse Syke (KSK) mit. In Vertragsbeziehungen mit der eigenen Hausbank änderten sich von Zeit zu Zeit die äußeren Begebenheiten. Das macht laut Landt regelmäßig die Anpassung der AGB nötig. „Früher mussten Kunden dabei nur aktiv werden, wenn sie mit den Änderungen nicht einverstanden waren“, erklärt er. Nun sei jedes Mal die Zustimmung notwendig.

Das bedeutet: Die KSK muss ihre Kunden elektronisch und per Brief informieren. Die Infrastruktur und die Prozesse für derartige Aktionen stehen laut Landt zur Verfügung: „Im Sinne von uns und unseren Kunden würden wir diese Kapazitäten aber lieber in die qualifizierte Beratung investieren“, so der Sprecher. „Durch den rechtlich oft unumgänglichen Briefversand wird tonnenweise Papier durch das Land geschickt, was wir unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit als problematisch ansehen.“

„Mehr Aufwand für alle“ nach BGH-Urteil

Nach dem BGH-Urteil hätten zudem Zustimmungen zu den AGB eingeholt werden müssen, auch wenn es zu dem Zeitpunkt gar keine Änderungen gegeben hatte, so Landt. Somit müsse die KSK ihre Kunden häufiger als früher kontaktieren und die Kunden wiederum häufiger selbst tätig werden. „Mehr Aufwand für alle“, fasst Landt zusammen.

Im Geschäftsgebiet der Kreissparkasse Syke – dem nördlichen Teil des Landkreises – seien seit November 2021 rund 60.000 Kunden um Zustimmung zu den AGB gebeten worden. 250 Konten habe die KSK gekündigt, weil – teilweise auf mehrfache Nachfrage – keine Reaktion einging. Weitere 134 Konten seien umsatzlos gewesen und wurden ebenfalls aufgelöst.

Die Volksbank Syke und die Volksbank Niedersachsen-Mitte haben mittlerweile rund 120.000 Kunden angesprochen und angeschrieben – zum Teil mehrfach. Das teilt Kirsten Dauelsberg mit, Leiterin für Unternehmenskommunikation. „Die Zustimmungsquoten in beiden Häusern liegt bei nahezu 100 Prozent“, so Dauelsberg. Weniger als zwei Dutzend Geschäftsverbindungen hätten die Geldhäuser kündigen müssen.

AGB-Zustimmung kann auf mehreren Wegen erfolgen

Die Zustimmung habe persönlich in den Geschäftsstellen, telefonisch mit den Beratern und in sogenannten Kundendialogteams oder über ein eigens eingerichtetes digitales Zustimmungstool im Internet erfolgen können.

Die Zustimmungen seien sowohl für bestehende als auch für zukünftige Änderungen wie Preisanpassungen erforderlich. Ohne die Zustimmungen fehle die Grundlage der Geschäftsbeziehung, weshalb die Volksbank laut Dauelsberg bei fehlender Rückmeldung oder Ablehnung eine Änderungskündigung ausspreche.

Wie viel Geduld man hat, ist unterschiedlich.

Timo Cyriacks, OLB

Die Oldenburgische Landesbank (OLB) geht derweil einen anderen Weg. Auch ihr sei wichtig, dass Rechtssicherheit besteht, jedoch setze das Geldhaus die Frist zur Zustimmung sehr großzügig, schildert Timo Cyriacks, Pressereferent für Finanzkommunikation. „Wie viel Geduld man hat, ist unterschiedlich.“ Eine Deadline gebe es nicht. Daher habe die OLB noch keine Kündigung eines Kundenkontos ausgesprochen.

„Wir versuchen, uns mit allen Kunden in Verbindung zu setzen“

„Wir versuchen, uns mit allen Kunden in Verbindung zu setzen, um die Zustimmung zu den AGB als Basis für die Zusammenarbeit zu erhalten.“ Bleibe diese aus, passiere zunächst einmal nichts. Nachteilig werde es für Kunden, weil diese „nicht in den Genuss neuer Produkte kommen“, gibt Cyriacks zu bedenken. Wenn Kunden (ohne zuvor abgegebene Zustimmung) eine neue Geldkarte bräuchten, bekämen sie keine mehr.

Das Ziel sei langfristig die Zustimmung, so Cyriacks: „Wir nutzen alle Kanäle im Kontakt zu unseren Kunden. Schriftlich, mündlich und über digitale Kanäle weisen wir auf das BGH-Urteil und die Erfordernisse hin.“

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Wie viel Zeit ein Geldhaus seinen Kunden bei der Zustimmung gewähren darf, dazu gibt es keine Vorgaben, heißt es von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin).

„Nach unserer Kenntnis sind die Kreditinstitute vielmehr bemüht, die Einwilligung aller Kunden zeitnah einzuholen“, teilt Anja Schuchhardt mit, Sprecherin der Wertpapieraufsicht bei der BaFin. Sie betont: „Soweit AGB nicht wirksam vereinbart wurden, entfalten diese keine Rechtswirkung.“

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