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Kochen – Lernen fürs Leben

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Von: Anke Seidel

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Dass Kinder Kochen lernen, liegt Edda Möhlenhof-Schumann sehr am Herzen. Deshalb gestaltet sie mit ehrenamtlichen Landfrauen die Koch-Aktionen an Grundschulen.
Dass Kinder Kochen lernen, liegt Edda Möhlenhof-Schumann sehr am Herzen. Deshalb gestaltet sie mit ehrenamtlichen Landfrauen die Koch-Aktionen an Grundschulen. © KELTSCH VON BRUCK

Seit zwei Jahrzehnten schulen Landfrauen ehrenamtlich Kinder, um ihnen den Spaß am Kochen mit gesunden Lebensmitteln zu vermitteln. Denn Kochen ist Lernen fürs Leben. Edda Möhlenhof-Schumann hat die Aktion konzipiert, die in ganz Niedersachsen Schule gemacht hat. Im Interview erläutert sie, welche Ziele erreicht sind und welche nicht – und welche Rolle die Krankenkassen haben.

Die Fragen stellte Anke Seidel.

Frau Möhlenhof-Schumann, Sie haben die Aktion „Kochen mit Kindern“ konzipiert – ein Erfolgsmodell. Können Sie sich noch an die erste Aktion erinnern?

Ja, ich kann mich noch gut erinnern! Mein Ziel war es, die Verbraucher von morgen – die Kinder – in gesunder Ernährung zu schulen und auch zu der Frage, wie gesunde Lebensmittel angebaut werden und entstehen. Wichtig war mir dabei, dass die Kinder mit Freude, Lust und Spaß selber Gerichte zubereiten. Sie sollten erfahren, dass Kochen einfach sein kann und dass es schmeckt. Das Tolle war, dass es funktioniert hat! Schon beim Start, der ersten Aktion, waren 350 Kinder in 17 Klassen dabei. Es war ja ein Probeballon. Dass die Idee so einschlug, die beteiligten Frauen so begeistert waren und die Kinder so viel Spaß hatten, das war schon toll. Man könnte sagen: Es war wie eine Explosion. Denn es hat dazu geführt, dass im Folgejahr im Landfrauen-Kreisverband Grafschaft Diepholz 49 Aktionen stattfanden – mit dem Dreifachen an Schulkindern – und im Kreisverband Grafschaft Hoya von Null an gleich in 74 Klassen gestartet werden konnte. Das hat uns alle wirklich beflügelt!

Ihnen zur Seite stehen seitdem gestandene Frauen, die Kindern elementare Grundkenntnisse vermitteln wollen. Wie viele sind es zurzeit und was zeichnet sie aus?

Zurzeit sind es etwa 75 Frauen. Sie zeichnen sich aus durch ein hohes ehrenamtliches Engagement und die Begeisterung für das Thema Kochen mit Kindern. Diesen Frauen liegt die Vermittlung von Alltagskompetenzen, des Themas gesunde Ernährung sowie von praktischen Tipps für das Kochen ganz besonders am Herzen. Faszinierend finde ich, dass sich zum Beispiel in Wagenfeld und auch in Harpstedt schon lange eine Gruppe von jeweils mehr als 20 Frauen gebildet hat, die sich gemeinschaftlich absprechen bei der Durchführung der Aktionen an der Schule. In dieser Gruppe ist es mittlerweile üblich, zum Abschluss der Aktion gemeinsam Essen zu gehen. Man könnte also von einem gemeinschaftlichen Hobby sprechen. Übrigens sind durch die Kochaktionen auch junge Frauen in den Landfrauenverein eingetreten, dessen Aufgaben und Inhalte sie bisher gar nicht kannten.

Gesundes, schmackhaftes Essen ist eine unverzichtbare Basis für ein gesundes Leben. Ist es da nicht ein Skandal, dass diese unverzichtbare Basis ehrenamtlich und freiwillig geschaffen werden muss? Dass sie nicht zum selbstverständlichen Bildungsprogramm des Landes gehört?

Wir wollten diese ehrenamtlichen Aktionen nur vorübergehend machen. Schon ganz zu Anfang, beim Antrag auf Zuwendungen aus dem Leader-Programm, also dem Förderprogramm für den ländlichen Raum, hatten wir das Projekt auf fünf Jahre befristet und das langfristige Ziel so beschrieben: Speziell geschulte Landfrauen sollten im Nachmittagsunterricht der Schulen den Kindern Alltagskompetenzen vermitteln und mit ihnen gesunde Mahlzeiten zubereiten.     Das hat bis heute nicht geklappt, obwohl es im Laufe der zwei Jahrzehnte immer wieder Gespräche im Landwirtschaft- und im Kultusministerium gegeben hat. Auch der Niedersächsische Landesverband der Landfrauen (NLV) hat diese Forderung immer wieder vorgetragen! 2020 hat sich der NLV aus dem ja immer noch ehrenamtlichen Projekt zurückgezogen – aus Sorge, dass die Vermittlung von Alltagskompetenzen wie Kochen, Gärtnern, Nähen weiterhin nur von Ehrenamtlichen vermittelt wird.     Wir sind auf Kreisebene im Landkreis Diepholz seit Jahren autark und haben verschiedene Sponsoren. Unsere Aktionen wird es auch weiterhin geben! In anderen Landkreisen wird der Landfrauenverband Weser-Ems zukünftig Aktionen finanziell unterstützen. Außerdem wird der Niedersächsische Landesverband der Landfrauen weiterhin an die Tür des Ministeriums klopfen, damit Alltagskompetenzen ein Schulfach werden – wie Erdkunde und Geschichte, wie Sport und Musik.

Gesunde Ernährung senkt nachweislich das Krankheitsrisiko und damit den finanziellen Aufwand der Krankenkassen für Behandlungskosten – zum Beispiel für Diabetes oder Adipositas. Erhalten Sie für die Aktion „Kochen mit Kindern“ Geld aus den Präventionsmitteln der Krankenkassen?

In den allerersten Jahren nicht. Da hatten wir ja fünf Jahre lang die Leader-Förderung. Dann hat uns die Techniker Krankenkasse beim Druck der Kinderkochbücher unterstützt. Seit sie sich zurückgezogen hat, übernimmt die AOK diese Druckkosten. Das läuft wirklich sehr gut.      Weitere Anfragen haben wir nicht gestellt, weil die Krankenkassen in ihrem Präventionsbereich zwar Material zum Thema gesunde Ernährung haben und auch Ökotrophologinnen, also Ernährungsberaterinnen. Aber das passte nicht zu unserem Konzept. Und bares Geld bekommt man von den Krankenkassen nicht. Aber der Druck der immerhin 5 000 Kinderkochbücher hilft uns schon sehr!

Wie viele Stunden investiert eine Landfrau – mit Vor- und Nachbereitung – in die Aktion?

Es kommt immer ein bisschen darauf an. Wenn eine Frau nur eine Aktion durchführt, ist der Aufwand höher. Grundvoraussetzung ist die Teilnahme an der jährlichen Schulung, die fünf Zeitstunden umfasst. Dann kommt die Aktion selbst, die zwischen vier und sechs Schulstunden lang ist. Das ist an jeder Schule unterschiedlich. Dann gibt es die Vor- und Nacharbeit: die Absprache mit der Schule, der Einkauf der Lebensmittel das Kopieren der Materialien... Ich gebe ein buntes Potpourri an Dingen vor, die man während der Aktion, zusätzlich zum Kochen, machen kann: Beispielsweise Arbeitsblätter zum Thema: Was ist Obst, was ist Gemüse? Was wächst oberirdisch, was unterirdisch? Aber auch ein Geruchsmemory oder Fühlkisten können zum Einsatz kommen, um das Thema erlebbar zu machen. Man kann auch einen Wettbewerb anbieten: Wer schält die längste Kartoffelschale? Die Frauen suchen sich für ihre Aktion das aus, was ihnen am meisten liegt. Insgesamt umfasst ein Aktionstag sicher 15, 16 Stunden.

Wie viele Jahre ist die längste Ehrenamtliche schon dabei?

Allein bei der jüngsten Schulung in Sulingen waren vier Frauen dabei, die seit Beginn der Aktion mitmachen – also seit 20 Jahren: Bärbel Meyer, Marita Fiefstück, Inge Gölke und Helga Hespos.

Welches Rezept hat sich im Laufe der Jahrzehnte als das bei den Kindern beliebteste herausgestellt?

Bei der Schulung waren sich alle einig: Waffeln! Mal mit geraspelten Äpfeln, mal mit Nüssen, aber auch salzige. Ganz unterschiedlich. Deshalb haben wir es zur Routine gemacht, dass die Kinder während des Kochens zwischendurch schon mal Waffeln naschen dürfen – alles andere gibt es später beim Büffet.

Welches Waffelrezept ist aktuell besonders beliebt?

Dieses Jahr lautet unser Aktionsthema: Bunt, vielseitig und gesund – Obst und Gemüse – die Fitmacher. Da gibt es natürlich Apfelwaffeln!

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