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Sternentheater: Planetarium in Bruchhausen-Vilsen ist selbst ein Stück Geschichte

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Romke Schievink mit seinem 100 Jahre altem Projektor.
Romke Schievink mit seinem 100 Jahre altem Projektor. © Oliver Dörr

In Bruchhausen-Vilsen sind die Sterne nicht nur am Himmel, sondern auch im Alten Gaswerk zu sehen. Denn inmitten des historischen Gebäudes haben die beiden Niederländer Romke Schievink und seine Lebensgefährtin Bea Tilanus ein Planetarium errichtet.

Bruchhausen-Vilsen  – Das Sternentheater, das ist eine fünfeinhalb Meter hohe und neun Meter Durchmesser umfassende Kuppel. Sie befindet sich inmitten des Gebäudes. Die weiße Kuppel ist wie ein Fußball aus fünf- und sechseckigen weißen Flächen aufgebaut. Inmitten dieses Gewölbes steht auf einem hölzernen Podest der Projektor. Er wirft das Firmament der nördlichen Hemisphäre an die Decke.

Eigentlich hatten die beiden den Plan, das Sternenkino als Präsentation im „Museon-Omniversum“ in Den Haag aufzubauen. Mit dessen pandemiebedingten Schließung war das für die beiden Niederländer aber keine Option mehr. Sie mussten umplanen und sich was Neues überlegen.

Glückliche Fügung war, dass das Paar bereits zuvor die Wassermühle in Bruchhausen-Vilsen gekauft hatte. So kamen sie mit Lars Bierfischer, dem Bürgermeister der Gemeinde ins Gespräch. Er bot ihnen an, ihr Sternenkino im Alten Gaswerk zu eröffnen. Der Deal: Die Gemeinde stellt die Räume im restaurierten Gaswerk – das Paar das Planetarium.

Der Start der Sternenpräsentation in Bruchhausen-Vilsen im November 2021 verlief coronabedingt holprig, erinnern sich beide zurück. „Unsere ersten zehn Besucher trugen alle eine Maske und hatten viel Abstand zueinander“, sagt Bea Tilanus, die die organisatorische Seite des Projekts betreut. „Momentan läuft das Geschäft aber an. Wir haben Tage, da sind wir ausgebucht, aber auch welche, da besuchen uns nur zwei Familien.“

Um Beständigkeit ins Geschäft zu bekommen, bietet das Paar neben den Vorstellungen für Erwachsene auch Shows für Kinder ab vier Jahren an. Darüber hinaus gibt es spezielle Seminare, in denen Teilnehmer den Umgang mit dem Teleskop und Sternenbildern erlernen.

Kindheitstraum

Gefragt danach, wie Schievink eigentlich zur Sternenwissenschaft gekomen ist, sagt der gelernte Feinmechaniker und Elektroniker: „Ich hatte schon als Kind großes Interesse an der Astronomie. Als ich mit zwölf Jahren mein erstes Teleskop erhielt, war es um mich geschehen.“ Seit dem habe ihn sein Hobby nicht mehr losgelassen.

Was er damit meint, wird deutlich, als er seine Show beginnt. Er zeigt mit dem Laserpointer auf unterschiedliche Sternenkonstellationen und Sterne und erklärt: „Das hier ist das Sternbild Perseus, das hier ist der Polarstern, dort ist das Sternbild Orion und das hier ist Pegasus.“

UFO als Running Gag

Herzstück des Planetariums ist der Sternenprojektor. Er ist ein hoch komplexes, feinmechanisch-optisches Gerät, das den Sternenhimmel an die Gewölbedecke wirft. Damit das passiert, liegen im unteren Teil des Geräts mehrere hauchdünne Kupferplatten. Sie haben die Konsistenz von Silberpapier, wie man es aus Schokoladentafeln kennt. In diese sind winzig kleine Löcher gestanzt. Dank des elektrischen Lichts und zahlreicher Linsen erscheinen die Löcher wie Sterne an der Kuppel. Ein Elektromotor und eine ganze Batterie von Zahnrädern im Inneren des Geräts bringen das Firmament dann zum Rotieren.

Der Projektor ist selbst ein Stück Wissenschafts- und Technikgeschichte: Gebaut wurde er vor 100 Jahren bei Carl Zeiss in Jena. Zehn Jahre lang haben Mechaniker, Ingenieure, Astronomen und Physiker daran gearbeitet. Ganze zwei Exemplare gibt es davon weltweit. Das Model 1 steht im Deutschen Museum in München. Der baugleiche Zwilling in Bruchhausen-Vilsen. Er ist eine Leihgabe des Museums in Den Haag.

Schievink erzählt, dass an seinem Projektor noch immer eine Kupferplatte leicht beschädigt ist. „Der ovale Riss hat die Form eines unbekannten Flugobjekts. Das auf die Kuppel projizierte Ufo ist hier denn auch unser Running Gag.“

Für die nächsten 5000 Jahre korrekt

Das mechanische Planetarium brauche sich vor modernen Computeranimationen nicht zu verstecken, meint Schievink. „Die Sternenkonstellation, die der Projektor an den Himmel wirft, stimmt für die nächsten 5000 Jahre. Das so zu entwickeln und zu bauen ist noch heute eine unglaubliche Meisterleistung.“

Dass es den Projektor überhaupt noch gibt, ist Schievinks Hartnäckigkeit zu verdanken, denn lange Zeit galt er als verschollen. Es hieß, er sei 1976 bei einem Brand des Museums in Den Haag vollständig zerstört worden. Schievink hatte das immer bezweifelt und sich auf die Schatzsuche gemacht.

Jäger des verlorenen Schatzes

Nach langer Recherche fand er den Projektor – gut versteckt im Keller des Museums. Allerdings in einem miserablen Zustand. Dabei war es gar nicht so das Feuer, das dem Gerät zugesetzt habe, sagt Schievink, sondern die Unmengen an Löschwasser.

In mühevoller Kleinarbeit restaurierte er das Projektionsgerät: „Mehrere Tausend Stunden habe ich daran gesessen“, erinnert er sich. Eine besondere Herausforderung seien die beschädigten Linsen gewesen, „da diese vom Hersteller Zeiss nicht mehr produziert wurden“, wie er sagt.

Doch Schievink wusste sich zu helfen und machte aus der Not eine Tugend. Er kaufte gebrauchte Kameras der namhaften Marke auf einer bekannten Online-Plattform, baute deren Linsen aus, und setzte sie in den Projektor ein. So erstrahlt der künstliche Sternenhimmel im Planetarium.

Platz finden dort maximal 50 Personen, sagt Tilanus: „Genau genommen ist die Interaktion mit dem Publikum aber mit 35 Personen am besten.“

www.planetarium-bruchhausen-vilsen.de

Von Oliver Dörr

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