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Sparzwang statt Spielraum in der Samtgemeinde Bruchhausen-Vilsen

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Von: Mareike Hahn

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Kann sich die Samtgemeinde auf Dauer drei Bäder leisten? Der Rat hält es für notwendig, sämtliche freiwilligen Ausgaben auf den Prüfstand zu stellen. Der Zuschussbedarf für die Schwimmbäder in der Samtgemeinde – das Bild ist im Wiehe-Bad Bruchhausen-Vilsen entstanden – liegt dieses Jahr voraussichtlich bei insgesamt 852 200 Euro.
Kann sich die Samtgemeinde auf Dauer drei Bäder leisten? Der Rat hält es für notwendig, sämtliche freiwilligen Ausgaben auf den Prüfstand zu stellen. Der Zuschussbedarf für die Schwimmbäder in der Samtgemeinde – das Bild ist im Wiehe-Bad Bruchhausen-Vilsen entstanden – liegt dieses Jahr voraussichtlich bei insgesamt 852 200 Euro. Archi © Oliver Siedenberg

Warum die Samtgemeinde sämtliche Maßnahmen auf den Prüfstand stellen muss, wurde in der Sitzung des Rats am Donnerstag deutlich.

Samtgemeinde – Sparen, sparen, sparen: Die Samtgemeinde Bruchhausen-Vilsen muss sich genau überlegen, wofür sie noch Geld ausgeben kann. In diesem Punkt waren sich die Redner bei der Sitzung des Samtgemeinderats am Donnerstagabend im Schulforum einig. Denn der Haushalt schließt in diesem Jahr voraussichtlich mit einem Minus ab. Nun sind einige Fragen zu klären: Wie könnte die Samtgemeinde mehr Geld einnehmen? Was kann sie sich in den nächsten Jahren noch leisten? Wo gibt es Sparpotenzial? Und: Was würde die Umwandlung in eine Einheitsgemeinde bringen? Ein Gutachten dürfte bei der Suche nach Antworten helfen.

Einstimmig beschloss der Samtgemeinderat den Haushaltsplan. Details hatten die verschiedenen Ausschüsse, wie berichtet, bereits beraten. Am Donnerstagabend äußerten sich Samtgemeindebürgermeister Bernd Bormann und die Fraktionsvorsitzenden in kurzen Statements zu der finanziellen Lage und dankten sich gegenseitig für die gute, konstruktive Zusammenarbeit.

Als Erster hatte Bormann das Wort. „Sie sehen hier eine Verwaltungsspitze, die todtraurig ist. Oder zumindest nicht glücklich“, sagte er. Politik und Verwaltung hätten den Haushaltsplan „zusammengestrichen“ – und trotzdem stehe unter dem Strich ein Minus. „Obwohl wir bewusst davon ausgehen, dass Stellen unbesetzt sind“, machte der Verwaltungschef deutlich, dass im Rathaus an Personal gespart wird.

„Bei den Baumaßnahmen wurde massiv gestrichen“, fuhr Bormann fort und nannte als Beispiel die seit Jahren geplante Sanierung der WC-Anlage der Grundschule Bruchhausen-Vilsen (Kosten: etwa 315 000 Euro), die auf Eis liegt. Bormann: „Wir vernachlässigen sehenden Auges unsere Immobilien.“

Obwohl die Samtgemeindeumlage – die Umlage, die die Mitgliedsgemeinden an die Samtgemeinde zahlen – um fünf Prozentpunkte erhöht worden sei, fehle Geld. „Es wird unumgänglich sein, die Maßnahmen, die anstehen, nach Pflicht- und freiwilligen Aufgaben zu sortieren und zu priorisieren“, sagte Bormann. „Und wir müssen uns fragen, wie das Finanzverhältnis zwischen der Samtgemeinde und den Mitgliedsgemeinden weitergehen soll“, spielte er auf eine mögliche Umwandlung der Samtgemeinde in eine Einheitsgemeinde an.

Für die SPD sprach Jens Grimpe. Er wies auf die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf die Samtgemeinde hin, erwähnte Inflation und gestiegene Energiekosten und lobte die Verwaltung für ihr Engagement zugunsten der Flüchtlinge.

„Wir müssen gute Voraussetzungen schaffen, damit die Samtgemeinde lebens- und liebenswert bleibt“, betonte Grimpe. „Alle Ratsmitglieder haben den Ernst der Lage erkannt. Wir müssen uns viele Gedanken machen, wie wir die Finanzsituation weiter gestalten können.“ Außer einem Zuschuss von 150 000 Euro für den Lokschuppen der Museumseisenbahn gebe es in diesem Jahr keine Investitionen, die nur „nice to have“ seien.

Besorgt zeigte sich auch Heinrich Klimisch (CDU): „Die Samtgemeinde ist erheblich unterfinanziert. Sie muss finanziell besser aufgestellt werden oder sich von freiwilligen Leistungen verabschieden.“ Ziel sollte es sein, die Infrastruktur zu erhalten und zu sanieren. Klimisch wünschte sich „eine offene und ehrliche Diskussion über die Vor- und Nachteile der Einheitsgemeinde“.

Auch Ulf Schmidt (Grüne) betonte in seiner Ansprache, dass die Samtgemeinde familienfreundlich ist. Er lobte das Klimaschutzkonzept, das Klimaschutzmanager Frank Marquart derzeit erarbeitet und mahnte, endlich „die Umsetzung von Fotovoltaik-Anlagen auf gemeinde-eigenen Gebäuden“ anzugehen.

Bezogen auf die Finanzen der Samtgemeinde, zitierte Schmidt aus seiner eigenen Haushaltsrede von 2020, in der er im Namen der Grünen bereits „dringenden Handlungsbedarf“ angemahnt habe. Seine Fraktion wünsche sich drei Infoveranstaltungen, nicht nur für die Ratsmitglieder, sondern auch für die Bürger – mit folgenden Themen: die finanziellen Verflechtungen von Samtgemeinde und Mitgliedsgemeinden; denkbare Alternativen zur Samtgemeinde; eine ehrliche, realistische Gegenüberstellung von Samtgemeinde und Alternativen. „Gott sei Dank haben wir den Einstieg gefunden“, spielte er auf das geplante Gutachten an und wünschte sich eine ergebnisoffene Beratung.

„So kann es in der Samtgemeinde finanziell nicht weitergehen. Die Ausgaben steigen Jahr für Jahr, und die noch solide Lage der Mitgliedsgemeinden wird immer mehr belastet“, sagte Torsten Tobeck (Unabhängige Wählergemeinschaft, UWG). Zur möglichen Einführung einer Einheitsgemeinde äußerte er sich indes skeptisch: „Das Steueraufkommen werden wir dadurch nicht verändern. Ein Euro ist ein Euro. Wir müssen also dringend zu Einsparungen kommen und die freiwilligen Aufgaben ebenso auf den Prüfstand stellen wie die Pflichtaufgaben.“

Nach Tobecks Einschätzung sind die vier Mitgliedsgemeinden viel zu unterschiedlich und individuell, als dass sie eine Einheit bilden könnten. „Nur in Bruchhausen-Vilsen gibt es positive Stimmung, aus den – nennen wir sie mal – Trabantengemeinden ist noch nichts Positives gekommen“, sagte der Martfelder mit Blick auf eine mögliche Einheitsgemeinde. Er forderte, dass ein Gutachter speziell die Frage klärt, wie die Situation der Samtgemeinde verbessert werden kann, ohne sie aufzulösen.

Tobeck stellte eine Frage in den Raum, die unbeantwortet blieb: „Warum beschäftigen wir uns nicht intensiver mit der Schulträgerschaft?“

Bereits im Jahr 2017 hatte UWG-Kollege Hermann Schröder infrage gestellt, ob es sich die Samtgemeinde noch leisten kann, die Trägerschaft für Oberschule und Gymnasium in Bruchhausen-Vilsen zu behalten. Möglicherweise könnte durchs Abgeben an den Landkreis ein sechsstelliger Betrag im Jahr gespart werden, hatte Schröder damals nach eigenen Angaben aus dem Rathaus vernommen. Seine Politikerkollegen zeigten dagegen wenig Interesse an dem Thema.

Am Donnerstagabend ging FDP-Fraktionsvorsitzender Alexander Grafe ebenfalls auf das Stichwort Einheitsgemeinde ein: „Wir werden uns mit den Vor- und Nachteilen beschäftigen müssen. Aber die finanziellen Probleme würden sich so nicht nachhaltig lösen lassen.“ Die freiwilligen Ausgaben müssten überprüft, signifikante Steuererhöhungen unterdessen vermieden werden. Grafe wünschte sich mehr Gewerbeansiedlungen.

Eine launige Rede hielt Peter Hühne von „Die Partei“. „Auch eine Einheitsgemeinde wird die finanziellen Probleme nicht lösen“, sagte er – und präsentierte eine Idee, die für viele Schmunzler sorgte: „Wir brauchen eine kommunale Verordnung, um ein Existenzmaximum zu erwirken. Nehmen wir zum Beispiel zehn Millionen.“ Wer mehr Geld habe, solle es abgeben. Hühne: „Damit helfen wir den armen Schluckern. Und beim Brokser Markt können wir damit eine Bierpreisbremse einführen.“

Zahlen zum Haushalt

Der Ergebnishaushalt der Samtgemeinde hat laut Kämmerer Hannes Homfeld ein Gesamtvolumen von rund 28,3 Millionen Euro. Dieses Jahr steht unter dem Strich ein Minus von 444 300 Euro. Der Großteil des Geldes der Samtgemeinde fließt in die Pflichtaufgaben wie Kindertagesstätten, Schulen und Feuerwehren.

Der Finanzhaushalt schließt mit 2,5 Millionen Euro Defizit ab. Der Bankbestand lag nach Homfelds Angaben zum Stichtag 1. Januar bei 7,9 Millionen Euro, während die Samtgemeinde 10,9 Millionen Euro Schulden hatte.

Kommentar: Samt- oder Einheitsgemeinde - wen interessiert‘s?

Der Samtgemeinderat will sich einer Diskussion über Vor- und Nachteile einer Einheitsgemeinde stellen. Endlich! Diese Debatte ist seit Jahren überfällig.

Bisher scheuten einige Volksvertreter das Thema. Eine Begründung: Die Bevölkerung lehne eine Einheitsgemeinde ab. Ob die Mehrheit der Menschen wirklich unbedingt in einer Samtgemeinde und auf keinen Fall in einer Einheitsgemeinde leben will, ist allerdings fraglich. Die Zahl der Besucher in den Ratssitzungen der Mitgliedsgemeinden (in der Regel null bis maximal eine Handvoll) spricht zumindest nicht für ein großes Interesse an dem, was auf Gemeindeebene politisch passiert.

Argumente für eine Einheitsgemeinde gibt es viele: Die Gemeinderäte haben nicht viel zu sagen, die meisten großen Entscheidungen fallen bereits auf Samtgemeinde-Ebene.

Die Umwandlung in eine Einheitsgemeinde könnte zu einer Verbesserung der Finanzlage beitragen. Dieses Jahr sind für Sitzungsgelder und Co. in den vier Mitgliedsgemeinden insgesamt 123 000 Euro veranschlagt, von denen ein Teil in einer Einheitsgemeinde wegfallen würde. Denn dann gäbe es keine Gemeinderäte mehr – wohl aber könnten Ortsräte die Interessen ihrer Orte vertreten. Sie sind jedoch in der Regel kleiner und tagen seltener als Gemeinderäte.

Der Verwaltungsaufwand würde sinken, so müssten beispielsweise nicht mehr extra Haushaltspläne für Asendorf, Martfeld, Schwarme und den Flecken Bruchhausen-Vilsen erstellt werden.

Wie viel genau könnte die Samtgemeinde als Einheitsgemeinde sparen? „Jede Zahl wäre spekulativ“, sagt Kämmerer Hannes Homfeld. „Da müsste man eine organisatorische Untersuchung machen.“ Dass diese Untersuchung nun ansteht, ist richtig.

Die Ergebnisse müssen transparent und öffentlich diskutiert werden. Dann wird sich auch herausstellen, wie die Bürger zu dem Thema stehen. Und ob es sie überhaupt interessiert.

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