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Schwarmer Heimatverein „Eule“ veröffentlicht Fundstücke

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Von: Mareike Hahn

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Die ersten Dokumente stammen von (von links) Helga Röpke, Carsten Ravens und Elisabeth Rieckers. Hermann Schröder hofft auf weitere Fundstücke.
Die ersten Dokumente stammen von (von links) Helga Röpke, Carsten Ravens und Elisabeth Anft. Hermann Schröder hofft auf weitere Fundstücke. © Mareike Hahn

Die ersten drei besonderen Fundstücke aus Schwarme sind weltweit einsehbar.

Schwarme – Seit 25 Jahren befasst sich Carsten Ravens damit, die Bewohner aller Schwarmer Höfe von 1500 bis heute aufzulisten. „Zwischendurch habe ich die Arbeit weggelegt, weil ich dachte, das schaffe ich nie“, sagt er. Doch er hat es geschafft: Auf 655 Din-A4-Seiten hat Ravens seine Erkenntnisse festgehalten, chronologisch geordnet und sortiert nach den verschiedenen Hofstellen seines Heimatorts. Sein „Ortsfamilienbuch“ gehört zu den besonderen Fundstücken, die der Heimat-, Umwelt- und Kulturverein „Eule“ neuerdings sammelt und im Internet veröffentlicht.

„Früher hat man solche Dinge gedruckt“, sagt Vereinsvorsitzender Hermann Schröder. Aber ein Buch zu veröffentlichen, koste schnell 10 000 Euro – und das Risiko, nicht alle Exemplare zu verkaufen, sei groß. Daher „finden sich solche Dinge heute im Internet“, erklärt Schröder.

Und so können Interessierte unter www.eule-ev.de (unter „Aktivitäten A-Z“ und dann „Geschichtswerkstatt“) das „Ortsfamilienbuch“ von Carsten Ravens einsehen und herunterladen. Anstoß für diese Arbeit gab die 1997 erschienene Höfechronik von Erich Hillmann-Apmann. „Ich fand sie sehr spannend und gut“, erinnert sich Ravens. Hillmann-Apmann habe darin die nächsten Erben der Schwarmer Höfe erwähnt. Ravens wollte mehr wissen: „Ich dachte mir, die Leute hatten viele Kinder.“ Wie diese Kinder hießen, wann sie lebten, heirateten und starben, hat er recherchiert.

Ravens forschte in Kirchenbüchern in der Umgebung, im Online-Kirchenportal „Archion“ und bei den Standesämtern. Außerdem las er Chroniken aus dem ganzen Umkreis, in denen zum Teil auch Schwarmer erwähnt sind. Über Facebook hat er Kontakt zu einem US-Amerikaner, der viele Informationen zu Auswanderern aus Schwarme beisteuerte. Auch die Bücher von Heimatforscher Henns Harries halfen Ravens weiter.

Ungezählte Stunden Arbeit hat er investiert: „Es ließ mir keine Ruhe.“ In seinem „Ortsfamilienbuch“ sind nicht nur Verstorbene aus den letzten Jahrhunderten aufgelistet, sondern auch noch lebende Hofbewohner, deren Einverständnis sich Ravens geholt hat. Trotz aller Mühe sei die Auflistung sicher nicht vollständig und vermutlich zum Teil fehlerhaft, sagt er und bittet um entsprechende Hinweise unter der E-Mail-Adresse carsten.ravens@ewetel.net oder Telefon 04258/1436. Eine große Schwierigkeit bei der Recherche sei etwa, dass einige Namen mehrfach vorkommen.

Man kann Ergänzungen vornehmen und Fehler korrigieren – für Hermann Schröder neben dem Kostenfaktor ein weiterer Vorteil der Veröffentlichung im Internet. „Wir würden uns freuen, Sie als konstruktiven Assistenten bei der Suche nach der Wahrheit in der Vergangenheit gewinnen zu können“, spricht er die Leser auf der Homepage an. Er hoffe auf Schwarmintelligenz, sagt Schröder schmunzelnd.

Außerdem freut er sich, dass die Arbeiten weltweit einsehbar sind. Tatsächlich gebe es bei der „Eule“ zwei, drei, manchmal auch vier Anfragen im Jahr von Menschen aus anderen Ländern, etwa aus Amerika, die familiäre Beziehungen zu Schwarme hatten oder haben.

Wer auf der Webseite des Vereins stöbert, findet unter „Gefundenes“ auch zwei Jahresarbeiten, die beide 1960 von Schülerinnen der Mittelschule Bruchhausen-Vilsen verfasst wurden. Jutta Precht, Leiterin der Geschichtswerkstatt des „Eule“-Vereins, hat die Werke mit dem Scanner des Samtgemeindearchivs digitalisiert.

Eins davon stammt aus der Feder von Elisabeth Anft geb. Rieckers. Mit 16 Jahren beschäftigte sich die Schwarmerin mit dem Schwarmer Bruch und der hiesigen Molkereigenossenschaft. „Als ich die mittlere Reife gemacht habe, war es üblich, eine Jahresarbeit abzugeben“, erinnert sich Anft. Angesichts von 69 fehlerfreien, in hübscher Handschrift sauber geschriebenen Seiten mit kleinen Zeichnungen und Fotos „freut sich das Lehrerherz“, lobt Schröder, der bis zu seiner Pensionierung am Achimer Marktgymnasium als stellvertretender Schulleiter tätig war. Er spricht von einer „sehr qualifizierten Arbeit. So mancher Oberstufenschüler am Gymnasium würde heute nicht zu so einem Ergebnis kommen, weder mit künstlicher Intelligenz noch selbst.“

1960 gab es im Schwarmer Bruch 1 000 Kühe, erzählt Schröder. „Heute braucht Schwarme keine Molkerei mehr, da hier kaum noch Kühe gehalten werden.“ Auch sei damals die Struktur eine ganz andere und das Bruch regelmäßig überschwemmt gewesen. Im Zuge der Flurbereinigung 1963 habe man Gräben angelegt und das Gebiet entwässert.

Mit der Bewässerung hat sich Helga Röpke geb. Prange in ihrer Jahresarbeit „Rund um den Schwarmer Meliorationskanal“ auseinandergesetzt. Darin stellt die Verfasserin dar, wie es zu der Bewässerung des Bruchs kam, welche Rolle der Meliorationskanal spielte und welche Entwicklungen in der Landwirtschaft damit zusammenhingen. Auf den 41 Seiten finden sich ebenfalls Zeichnungen und eine große, handkolorierte Karte. Schröder bezeichnet das Werk als „sehr beeindruckend“. Als Melioration werden verschiedene Verfahren zur Wertsteigerung von Böden bezeichnet.

Wenngleich beide Jahresarbeiten mehr als sechs Jahrzehnte alt sind, haben die Rechercheergebnisse auch in der Gegenwart noch Relevanz. Röpke: „Das Thema Melioration ist heute so wichtig, wo so viel abgeholzt und die Ökostruktur zerstört wird.“

Mehr Material erwünscht

In der Rubrik „Gefundenes“ möchte der Heimatverein „Eule“ gerne mehr Material aus und über Schwarme veröffentlichen. „In den Schubladen, Regalen und Schränken vieler Mitbürger im gesetzten Alter fristen weitere interessante Dokumente ein Schattendasein“, glaubt Vereinsvorsitzender Hermann Schröder. Er freut sich über Hinweise und Angebote unter Telefon 04258/284.

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