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Der Plan: Das alte Pastorenhaus „verrollen“

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Das alte Pastorenhaus von 1535 soll in die Kirchstraße in Martfeld „verrollt“ und dort zwischen zwei Häusern positioniert werden. Foto: Architekt Martin Tolksdorf
Das alte Pastorenhaus von 1535 soll in die Kirchstraße in Martfeld „verrollt“ und dort zwischen zwei Häusern positioniert werden. Foto: Architekt Martin Tolksdorf

Martfeld - Von Nala Harries. Der Verdener Hausforscher und Leiter des Bauernhaus-Archivs Syke, Heinz Riepshof, entdeckte gemeinsam mit dem Martfelder Bernd Kunze 1998 in einem alten Bauernhaus ein – wie sich in späteren Untersuchungen herausstellte – von 1535 stammendes Balkengefüge sowie eine alte Dachkonstruktion. Das Gebäude grenzt unmittelbar an das heutige neue Pfarrhaus in Martfeld an. Der örtliche Heimat- und Verschönerungsverein (HVV) informierte in Kooperation mit Heinz Riepshof, und dem Verdener Historiker, Hartmut Bösche, jetzt in einem Vortrag, über die Geschichte des Hauses sowie das weitere Vorhaben.

Nachforschungen hätten ergeben, dass das Gebäude, das ursprüngliche Haus des lutherischen Pastors Otto Homfeld gewesen sei, meinte Bösche. Der Eigentümer wollte es verkaufen oder abreißen, deswegen habe es große Handlungsnotwendigkeit gegeben, denn dem HVV war es sehr wichtig, dass das Gebäude in Martfeld bleibt. „Wenn wir die etwa 500 Jahre alte Glocke in der Catharinen-Kirche abhängen und wegschmeißen würden, würde eine Revolution ausbrechen. Aber bei diesem Haus schauen alle verlegen zur Seite“, sagt Bösche.

Der Pfarrer Otto Homfeld

Der Historiker vermutet, dass Otto Homfeld 1500 in Martfeld auf dem Kirsteinhof geboren ist. 1518 studierte er in Rostock, wechselte dann nach Wittenberg und übernahm 1524 das Amt des Pfarrers in Martfeld. Er heiratete, und Nachforschungen ergaben, dass er mindestens drei Söhne gehabt habe. „Seine Familie hatte keine Absicherung, falls Homfeld einmal sterben sollte. Denn dann müsste sie das Pfarrhaus verlassen und Platz für den neuen Pfarrer machen“, erklärte Bösche. Aufgrund dessen bat Homfeld den Hoyaer Grafen Jost, im Pfarrgarten ein Haus zu errichten. Nur drei Jahre, nachdem dieses stand, starb Homfeld im Jahr 1538. Laut Eintragungen im Hoyaer Lagerbuch, lebte daraufhin einer der Söhne, Albrecht Homfeld, 1583 in dem Haus.

Ein „Haus in einem Haus“

Mittlerweile sei aus dem ursprünglichen sechs mal acht Meter großem Ein-Raum-Pastorenhaus ein niederdeutsches Hallenhaus geworden, erklärte Riepshof. Das Gebäude von 1535 war in das Hallenhaus integriert worden. Riepshof spricht von einem „Haus in einem Haus“. Insgesamt sei es dreimal erweitert worden, das letzte Mal 1791. „Auf dem Heuboden fanden wir Giebel in Andreas-Kreuz-Optik, und Ständer mit Kopfbändern schauten heraus. Auch Knaggen mit Taubändern sind gefunden worden. Diese weisen auf den typischen Baustil des 16. Jahrhunderts hin“, sagt Riepshof. Auch die Hölzer, die im inneren Bau zu finden waren, stammten alle aus dem Jahr 1535. Zuerst sei das Hausforscher-Team davon ausgegangen, dass es sich um einen alten Speicher handele. Hartmut Bösche wies jedoch daraufhin, dass im 16. Jahrhundert an dieser Stelle ein Pastor gebaut hätte. „70 bis 80 Prozent des Hauses sind noch im Originalzustand“, meint Riepshof.

Der Plan: Das Gebäude „verrollen“

Das Projekt, das Gebäude zu „verollen“, startet bereits in diesem Jahr unter anderem mit den Aufräumarbeiten und soll im Jahr 2021 fertiggestellt werden. Das alte Pastorenhaus soll dann von seiner äußeren Hülle befreit werden, sodass nur noch die ursprüngliche Konstruktion übrigbleibt. Anschließend muss das Fachwerk stabilisiert und das Dach erneuert werden. „Geplant ist, dass wir es dann auf Rollen verladen und an seinen zukünftigen Platz an der Kirchstraße verschieben“, erläutert der Hausforscher. Dort soll es zwischen zwei anderen Häusern positioniert werden. Rund 200 bis 300 Meter müssen dafür überbrückt werden. Ob das Haus über die Straße oder eine Wiese „verrollt“ werde, muss noch entschieden werden. Das Vorhaben nehme rund zwei bis drei Tage in Anspruch, meinte Riepshof. Zwar könnte für den Transport auch ein Kran benutzt werden, der HVV besteht jedoch auf die Nutzung historischer Geräte. Der Hausforscher habe sich bereits vor 40 Jahren schon an einem solchen Projekt beteiligt. „Es ist eigentlich ganz einfach, wenn man weiß, wie es geht“, sagt er. Wäre es nicht einfacher, das Haus abzubauen und an der Kirchstraße wieder aufzubauen? Diese Frage verneint der Vorsitzende des HVV, Anton Bartling, denn um den Denkmalschutz des Gebäudes zu erhalten, muss dieses in einem Stück bleiben.

Die Kosten des Projekts belaufen sich laut Angaben von Bartling auf circa 300 000 Euro. 250 000 Euro habe der HVV durch Zuschüsse des Amts für regionale Landesentwicklung und Spenden bereits zusammen. „Die Landeskirche Hannover hielt unser Vorhaben leider für nicht förderwürdig, da es sich nicht um das Amtshaus handelt, sondern um das Privathaus des Pfarrers“, erklärt der Vereinsvorsitzende. Geplant sei, das Gebäude als Kulturdenkmal zu eröffnen. Für die Nutzung im Inneren könne sich der HVV eine Kooperation mit verschiedenen Universitäten und dem Kreismuseum Syke vorstellen.

Ausschuss sucht noch Unterstützer:

Um das Projekt „Altes Pastorenhaus“ umzusetzen, hat sich innerhalb des Heimat- und Verschönerungsvereins aus Martfeld ein Ausschuss unter der Leitung von der Pastorin und gebürtigen Martfelderin Ricarda Rabe gebildet. Dieser sucht noch Unterstützer. Interessierte können sich diesbezüglich beim Vorstand per E-Mail an vorstand@hvv-martfeld.de melden.

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