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Wegen Kündigung: Bassumer Mieter sind sauer auf ihren Vermieter

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Von: Gregor Hühne

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Timo und Marion L.
Überraschende Kündigungen: Timo und Marion L. müssen ihre Wohnungen sowie die Geschäftsräume ihres Copyshops verlassen. Sie fordern nun 5.000 Euro pro Person vom Vermieter als Umzugs-Unterstützung. © Gregor Hühne

Das Haus an der Bremer Straße 19 in Bassum soll totalsaniert werden. Den privaten und geschäftlichen Mietern ist daher gekündigt worden. Die reagieren mit Unverständnis.

Bassum – „Der Junior hat dem Senior gekündigt“, sind sich Marion L. und ihr Sohn Timo sicher, und sie sind sauer. Seit rund zehn Jahren mieten beide jeweils eine eigene Wohnung an der Bremer Straße 19 in Bassum, wo sich mehr als 55 Jahre auch der Herrenbekleider Lammers befand. Die beiden betreiben dort noch einen Copyshop. Am 1. August des vergangenen Jahres kam für sie und alle weiteren Parteien in dem Haus die überraschende Nachricht: Kündigung.

Wohngebäude an der Bremer Straße 19 in Bassum soll totalsaniert werden

Irritiert lasen Mutter und Sohn Ende Dezember in der Kreiszeitung, dass die Schließung des Modehauses Lammers „wegen Personalmangels“ erfolgt sei und Inhaber Günter Lammers nicht wisse, was aus dem Gebäude werden soll. Das Gebäude gehört seinem Sohn Dirk Lammers. „Ich habe den Mietern damals eine gestaffelte Abfindung angeboten“, sagt Lammers.

„Unser Mandant plant zukünftig, das komplette Wohngebäude und die darunter befindlichen Geschäftsräumlichkeiten im Erdgeschoss komplett zu sanieren“, informierte eine Kanzlei Timo L., dessen Mutter sowie die übrigen Mietparteien im August. In dem Schreiben, das der Kreiszeitung vorliegt, heißt es weiter: Es würden „moderne bedarfsgerechte Neubaumietwohnungen nach dem Konzept unseres Mandanten anstelle der alten und den heutigen Wohnbedürfnissen nicht mehr entsprechenden Bebauung verwirklicht“.

In welchem baulichen Zustand befindet sich das Gebäude an der Bremer Straße 19 in Bassum?

Die Eigentümerseite beruft sich in dem Kündigungsschreiben auf die Verwertung des Grundstücks. Daher bestehe ein „berechtigtes Interesse“ an der Beendigung der Mietverhältnisse, weil „die Fortsetzung des Mietverhältnisses eine angemessene wirtschaftliche Verwertung des Grundstücks“ behindere. Im Zuge dessen plane Lammers eine „Totalsanierung“. Laut Anwaltsschreiben sei anzumerken, dass „vom Gebäude lediglich zwei Grundwände bestehen bleiben“.

Weiter heißt es: „Sowohl die Bausubstanz als auch die im Inneren befindlichen Räumlichkeiten befinden sich in einem schlechten Zustand.“ Das bestreiten die Mieter allerdings und zeigen Bilder verschiedener Räume aus unterschiedlichen Wohnungen des 1979 errichteten Gebäudes. Marion L. widerspricht der Anwalt-Darstellung, der Zustand der Wohnungen sei schlecht. Im Gegenteil: „Die Wohnungen sind 1a in Schuss, außer die bei einem Mieter, der hat die verkommen lassen“, führt Timo L. aus.

„Hat nie etwas unternommen“: Bassumer Mieter machen ihrem Vermieter Vorwürfe

Mutter Marion nimmt die Gegenseite in die Pflicht: „Der Vermieter hat nie irgendwas unternommen, um das Gebäude instand zu halten.“ Die Dachrinnen seien nicht gemacht, der Garten werde nicht gepflegt und außerdem tropfe das Dach. In einigen Wohnungen habe es einen „ständigen Mieterwechsel“ gegeben.

Auf Anfrage sagt Dirk Lammers, dass die oberen Wohnungen in dem Gebäude sehr wohl hinüber und „völlig verwohnt“ seien. „Mit einer einfachen Sanierung ist das nicht getan“, sagt er.

Modehaus Lammers.
Modehaus Lammers: Die letzten Mietparteien verlassen das Gebäude. © Gregor Hühne

Mutter und Sohn, die seit ihrem Einzug nie eine Mieterhöhung erhielten, richteten sich in dem Gebäude wohnlich ein. Ausziehen wollten sie nicht. Doch daran führe kein Weg mehr vorbei, sagen sie. Nach einem Wiedereinzug nach der Renovierung habe bei Dirk Lammers keine Partei angefragt, sagt er.

Marion L. habe stets ein gutes Verhältnis zu Vermieter Lammers gehabt, sagt sie. Was sie ärgert: Er habe nie das persönliche Gespräch gesucht. Die Wohnungs- und Geschäftsraumkündigungen kamen per Post. Seitdem kommuniziere man über Anwälte. Auf einen Anruf habe sie keine Antwort erhalten.

Die Mieter wollen 5.000 Euro pro Person Umzugshilfe

Bis zum 30. März müssen die Mieter nun ihre zwei Wohnungen sowie die Gewerbefläche in dem Haus räumen. Timo und Marion L. sehen derweil noch Gesprächsbedarf. „Wir fordern 5.000 Euro pro Person als Umzugs-Entschädigung von Dirk Lammers“, sagt Sohn Timo.

Kurz nach dem Erhalt der Kündigungsschreiben hatten die beiden Mieter einen Anwalt eingeschaltet und ihre Forderung formuliert. Die Antwort der Anwälte der Vermieterseite: „Total überzogen!“ Angesprochen darauf, sagt Dirk Lammers: „Die Mieter wollen nur Geld rausschlagen.“

Auf die Antwort eines zweiten Schreibens warteten die Mieter bis heute. Für sie ist die Sache noch nicht vorbei: „Wir hoffen, dass er ein angemessenes Angebot unterbreitet und uns entgegenkommt“, sagt Timo L. Einer weiteren Mietpartei, die seit mehr als 20 Jahren im Haus wohnt, raten sie nun ebenfalls zum Klageweg.

Glück im Unglück für den Copyshop: Die Stadt habe den beiden Mietern eine Gewerbefläche an der Sulinger Straße 14 zur Miete zur Verfügung gestellt. Gar nicht einfach etwas zu finden, so Marion L. Für den Umzug der Arbeitsmittel, Plakatdrucker und Lagerbestände sieht die Bassumerin jedoch noch „enorme Kosten“ auf sie zukommen.

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