„Benötigen 100 weitere Mitarbeiter“

Die Zahnradfabrik Stelter baut eine neue Produktionshalle und investiert am Standort Bassum 40 Millionen Euro.
Bassum – Auf dem Betriebsgelände der Firma Stelter in Bassum türmen sich die Erdhaufen. Direkt an der Industriestraße entsteht eine neue Produktionshalle. Die Erdarbeiten sind bereits abgeschlossen. In Kürze beginnt der Hallenaufbau. „Im Mai wollen wir damit fertig sein“, sagt Dr. Christoph Westerkamp, Geschäftsführer der Firma, im Gespräch mit dieser Zeitung.
Die Maschinen sind seit Langem bestellt. Im September, so das ehrgeizige Ziel, soll die Produktion anlaufen. Dafür benötigt das Unternehmen dringend Mitarbeiter.
Gesucht wird alles - von Dienstleistern bis zum Maschinenbediener
Gesucht wird alles – von Dienstleistern, Kaufleuten, Logistikern bis hin zu Einrichtern und Maschinenbedienern. Auch Quereinsteiger sind willkommen. „Wir benötigen 100 weitere Mitarbeiter“, bringt es Westerkamp auf den Punkt. Gar nicht so einfach in der heutigen Zeit. Denn der Fachkräftemangel trifft alle Branchen.
Stelter nutzt bereits alle Kanäle: die üblichen Jobportale, Headhunter, Arbeitsamt und Stellenanzeigen. „Wir würden wesentlich schlechter dastehen, wenn wir das Taff nicht hätten“, sagt Westerkamp. Das Ausbildungszentrum ist eine Initiative regionaler Unternehmen aus dem gewerblich-technischen Bereich, wir berichteten mehrfach. Taff wurde 2019 gegründet mit dem Ziel, den Fachkräftebedarf der Mitgliedsunternehmen dauerhaft zu decken. Ob das gelingt, bleibt abzuwarten. Christoph Westerkamp ist zuversichtlich. „Sonst würden wir jetzt nicht 40 Millionen Euro in unseren Standort investieren“, sagt er mit einem Lächeln.
Stelter ist gut durch die Krise gekommen. So gut, dass das Unternehmen expandiert – auch dank eines neuen Großkunden. In der künftigen Produktionshalle entstehen Zahnräder für den drittgrößten Automobilhersteller der Welt.
Neuer Großkunde ist der drittgrößte Automobilhersteller der Welt
„Wir glauben an den Standort Deutschland und stehen zu Bassum. Wir sind überzeugt, dass wir auch in einem Hochlohnland wie Deutschland wachsen können“, sagt Westerkamp. Dass das Unternehmen die Coronazeit gut überstanden hat, liege auch daran, „dass wir uns als Zahnradhersteller produktseitig sehr breit aufgestellt haben. Das ist einmalig für ein Unternehmen in dieser Branche und gibt es in dieser Form kein zweites Mal“, ist der Geschäftsführer von der eigenen Strategie überzeugt.
Stelter setzt auf mehrere Standbeine; produziert Zahnräder für den Automotivebereich (60 Prozent), aber auch für Windkraft- und Bahnindustrie sowie die klassische Industrie. Bricht ein Standbein vorübergehend weg, decken die anderen die Kosten.
Derzeit spüre die Branche beispielsweise eine verhaltene Nachfrage im Bereich Windkraft. „Die Investoren warten ab, wie sich die Umstellung der angekündigten Energiewende der Politik tatsächlich auswirkt“, sagt Westerkamp. Dafür boomen der klassische Industriebereich ebenso wie die Elektromobilität. Zudem profitiere Stelter vom globalen Geschäft. Viele Kunden sind Global Player – Siemens beispielsweise, um nur einen zu nennen. Das Technologieunternehmen verzeichnet anhaltendes Wachstum, das schlägt sich in den Auftragsbüchern von Stelter durch.
Stelter garantiert Stabilität - Tag für Tag
Dennoch bleibt Westerkamp wachsam. „Wir haben schon mal drüber nachgedacht, unsere Produktion ins Ausland zu verlagern, uns aber dagegen entschieden“, räumt der Geschäftsführer ein. Denn bei steigenden Lohn-, und Energiekosten sei es nicht einfach, wettbewerbsfähig zu bleiben. Andererseits habe die Krise gezeigt, wie fatal es sein kann, wenn Lieferwege plötzlich wegbrechen und die Prozesse nicht mehr selbst managebar seien. Im Hinblick auf einen möglichen China-Taiwan-Konflikt seien bereits nach Asien abgewanderte Kunden zu Stelter zurückgekommen. Corona und auch der Ukraine-Krieg lassen Firmen ihre Strategien überdenken. „Großkunden wollen Stabilität“, weiß Westerkamp. Und Stelter könne garantieren, dass Tag für Tag Zahnräder in großer Stückzahl die Hallen verlassen – je nach Konjunkturlage sind es 30 000.
„Als ich ankam, hatten wir einen Umsatz von 40 Millionen Euro. Mittlerweile sind wir bei 85 Millionen angekommen“, sagt Westerkamp nicht ohne Stolz. Und er sieht weiteres Potenzial. Der Manager ist überzeugt, den Umsatz 2024/2025 auf 100 bis 120 Millionen Euro ausbauen zu können. „Wir können unseren Umsatz verdreifachen, wenn wir den Platz geschickt nutzen.“ Deshalb hat sich das Unternehmen erst vor Kurzem weitere Flächen rund um das Grundstück gesichert.
Arbeitgeber für 420 Mitarbeiter - 100 neue werden gesucht
Zum Wachstum gehören aber eben auch die Mitarbeiter. Die Automatisierung im Fertigungsprozess liege zwar bei etwa 98 Prozent, dennoch braucht es Menschen, die die Maschinen bedienen. „Wir diskutieren sehr viele Ideen, was wir tun können, um als Arbeitgeber attraktiv zu sein und wie wir neue Mitarbeiter gewinnen“, so Westerkamp. Von der Kita-Gründung mit weiteren Unternehmen in der Nachbarschaft über die Möglichkeiten, Hunde mitzubringen. Noch sind es Ideen, aber eines kann Westerkamp bereits jetzt garantieren: „Wir bieten sichere und langfristige Arbeitsplätze.“ Derzeit beschäftigt Stelter 420 Mitarbeiter.

Mit der neuen Produktionshalle endet die Bautätigkeit auf dem 100 000 Quadratmeter großen Betriebsgeländes nicht. Ein neues Verwaltungsgebäude sowie weitere bauliche Veränderungen sind in Planung. Zudem werden in Kürze alle Hallendächer mit Fotovoltaik-Anlagen bestückt sein. „Energiemanagement und Nachhaltigkeit stehen für uns ganz oben auf der Agenda. Wir möchten unseren eigenen Strom produzieren. Zu 100 Prozent werden wir das nicht schaffen, 80 Prozent sind machbar, vielleicht sogar mehr.“
Eine weitere Zukunftstechnologie, die das Unternehmen verfolgt, ist der 3-D-Druck. Stelter möchte bereits in fünf Jahren die erste Serie Zahnräder drucken lassen. Ein weiteres Geschäftsfeld am heimischen Standort.