Till Kohlwes berichtet über seine Schulzeit

Till Kohlwes hat eine Radioreportage über seine alte Grundschule Neubruchhausen gemacht. Die Reaktionen darauf sind sehr positiv.
Neubruchhausen – Und zack – hat die Lehrerin für Textiles Gestalten dem kleinen Till seinen Topflappen weggeschnappt und betrachtet ihn misstrauisch. Die Aufgabe an diesem Tag lautet, dass die Schüler der Grundschule Neubruchhausen ihre Topflappen, die sie zuhause begonnen haben, nun vollenden sollen. Doch wie kann es sein, dass Till, der im Unterricht so mit dem Häkeln kämpft, einen solch passablen Lappen vorweisen kann?
„Den hast du nicht selber gemacht“, erkennt die Lehrerin – und ribbelt den Lappen wieder auf. Till ist geschockt – denn er wurde durchschaut. Tatsächlich war es nämlich seine liebe Oma, die Mitleid mit ihrem Enkel hatte und den Lappen für ihn häkelte.
Die Lehrerin von damals hätte sich wohl nicht träumen lassen, dass über 20 Jahre später zahllose Menschen in ganz Deutschland von dieser Anekdote erfahren und sich darüber amüsieren. Denn der kleine Till ist inzwischen 31, macht ein Volontariat für Radio, Fernsehen und online beim SWR und hat seiner alten Grundschule eine 25-minütige Radioreportage gewidmet, gespickt mit Fakten und persönlichen Geschichten zum Schmunzeln.
Liebeserklärung an die Grundschule Neubruchhausen
„Der Vorfall mit dem Topflappen ist mir am stärksten in Erinnerung geblieben“, erzählt Till Kohlwes und lacht. Er steht auf dem Hof seiner alten Schule, die er von 1996 bis 2000 besuchte, und schaut sich um. So viel hat sich gar nicht verändert, findet er. Der Baumstamm ist noch da, auf dem er und seine Schulkameraden „Baumstamm-Kämpfen“ gespielt haben. Ebenso wie die Schaukeln, die Schulhof-Legenden zufolge sogar etwas über Gefühle verraten: „Wenn man synchron schaukelt, ist man verliebt“, erklärt Kohlwes, tritt an das Gebäude und späht durch ein Fenster. „Es sieht immer noch aus wie damals. Die bunten Haken für die Jacken, die Bänke für die Hausschuhe... .“
Der 31-Jährige lässt den Blick schweifen. Ringsherum grünt und blüht es. „Das ist so schön hier“, schwärmt er. „Und gleich nebenan die Sporthalle – hier ist doch alles, was man braucht.“ Man merkt deutlich, wie stark Kohlwes noch immer mit seiner Schule verbunden ist. Das zeigt er auch mit seiner Reportage, eine Art kleine Liebeserklärung an die Grundschule Neubruchhausen.
Neubruchhausen als Beispiel für Dorfschulen in ganz Deutschland
Doch wie kam es überhaupt dazu? „Durch Corona bin ich ins Homeoffice gewechselt und wieder bei meinen Eltern in Neubruchhausen eingezogen. So habe ich auch davon erfahren, dass die Grundschule womöglich geschlossen wird.“ Was ging in ihm, vor, als er davon hörte? „Das kann doch nicht wahr sein! Die kann man doch nicht einfach dichtmachen. So eine schöne Schule an einem so schönen Standort!“ Da stand für Kohlwes fest, mit welchem Thema er sich in seiner nächsten Reportage beschäftigen will. Denn: „Neubruchhausen ist überall. Sie steht als Beispiel für Dorfschulen in ganz Deutschland.“
Und so packte der 31-Jährige Aufnahmegerät und Mikrofon ein und machte sich auf zu der Schule, die er vor 20 Jahren jeden Morgen mit dem Rad innerhalb weniger Minuten erreichen konnte. Die vielen Erinnerungen und Gefühle, die ihn bei seinen Besuchen begleiteten, ließ er in seine Reportage mit einfließen. Er beschreibt, was er sieht, vergleicht mit dem, was früher war und nimmt so den Zuhörer mit auf seine Reise in die Schule von heute und damals.
Und Kohlwes hat – trotz der „Topflappen-Affäre“ – viele schöne Erinnerungen. „Unser Klassenlehrer ging viel mit uns in den Wald und erklärte dort die Tiere und Pflanzen. Das ist ja hier problemlos möglich, weil der Wald um die Ecke ist. Die Grundschulzeit war die totale Geborgenheit, eine schönere hätte ich mir nicht wünschen können.“ Aber der Radioreporter schildert auch das harte Ringen der Schule ums Überleben. Dafür sprach er mit Lehrerin Ulrike Templin, Elternvertreter Joachim Hinrichs, Bürgermeister Christian Porsch und dem Ersten Stadtrat Norbert Lyko. Zwölf Stunden Tonmaterial sind so zusammengekommen.
Viele positive Rückmeldungen
„Mit Recherche und allem drumherum hat das Erstellen der Reportage etwa vier Wochen gedauert“, schätzt Kohlwes und lacht. „18 Seiten Text habe ich geschrieben. Irgendwann träumst du davon. Für die Produktion bin ich extra in die Studios zum SWR nach Baden-Baden gefahren. Umso glücklicher ist man aber, wenn man es geschafft hat. Ich habe die Möglichkeit, in die Welt hinauszutragen, wie schön unsere Dorfschule ist.“
Kohlwes freut sich auch über die vielen positiven Rückmeldungen, die er bekommen hat, unter anderem von ehemaligen Schulkameraden. „Die Reportage weckt bei den Leuten Erinnerungen, auch wenn sie nicht in Neubruchhausen zur Schule gegangen sind. Denn die Erlebnisse ähneln sich, egal auf welcher Grundschule man war.“ Besonders schön sei, dass er seinen Bericht mit der Nachricht schließen konnte, dass die Schule Neubruchhausen weitere fünf Jahre bestehen bleiben kann.
Für das Pressefoto hat Kohlwes sich das bunte Klettergerüst ausgesucht, auf dem er früher oft gesessen hat. „Ein Hörer hat mit erzählt, dass das schon 1963 hier stand“, erzählt er und steigt hinauf. Die richtige Position zu finden, ist gar nicht so einfach („Wie haben wir denn damals hier gesessen?“), doch schließlich ist es geschafft.
Wie würde Kohlwes sich als Grundschüler beschreiben? „Ich war ein Kind, das viel Quatsch im Kopf hatte. Ich bringe gern Leute zum Lachen und stand ziemlich oft vor der Tür.“ Der 31-Jährige schmunzelt. „Wenn ich meine alten Zeugnisse heute lese, denke ich, es ist Wahnsinn, wie gut die Lehrer uns kannten. Meine Klassenlehrerin hat in der zweiten Klasse sogar mal zu jedem ihrer Schüler ein kleines Gedicht geschrieben, das ich noch heute habe. Bei mir stand: ,Meistens kann er alles, was er nur will. Ihr kennt ihn alle, es ist der Till’.“
Zur Reportage
Zum Nachhören gibt es die Reportage „Die Dorfschule – Rettungsversuch für einen prägenden Ort“ in der ARD Audiothek und bei Spotify.
Einfach Dorfschule ins Suchfeld eingeben und schon erscheint die Reportage.