Lieber Grün als Grau: Bassum sieht Schottergarten-Urteil positiv

Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat Kommunen im Januar eine Handhabe gegeben, um Schottergärten zu verbieten. Die Stadt Bassum sieht das positiv.
Bassum – Mitte Januar hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg ein möglicherweise richtungsweisendes Urteil in Bezug auf Schottergärten in Niedersachsen gesprochen. Kommunen haben damit nun eine Handhabe, um Schottergärten zu verbieten oder den Rückbau anzuordnen – ein Urteil, das auch in Bassum wahrgenommen worden ist.
Bürgermeister Christian Porsch appelliert an die Vernunft der Bassumerinnen und Bassumer
Zum Beispiel von Bürgermeister Christian Porsch, der sich sicher ist: „Das Urteil wird Auswirkungen haben.“ Dem Verwaltungschef sind Schottergärten schon länger ein Dorn im Auge. „Das passt einfach nicht mehr in die Zeit“, sagt er.
Deshalb nimmt die Stadt Bassum das Verbot der Neuanlage von Schottergärten seit dem Jahr 2020 in neue Bebauungspläne auf. Porsch betont: „Wir halten uns da an das Landesgesetz.“ In der Niedersächsischen Bauordnung heißt es in Paragraf neun: „Die nicht überbauten Flächen der Baugrundstücke müssen Grünflächen sein, soweit sie nicht für eine andere zulässige Nutzung erforderlich sind.“ Ausgenommen davon sind beispielsweise Terrassen, Beeteinfassungen und Wege.
Doch abseits von Vorschriften und Verboten appelliert der Bürgermeister an die Vernunft der Bassumer. „Wir wollen alle motivieren, positiv an die Sache ranzugehen und gar nicht erst auf die Idee zu kommen, Schottergärten anzulegen.“ Als Beispiele nennt er Gutscheine für Staudenpflanzen, die über die Win-Region ausgegeben werden. Zudem verweist Porsch auf die Saatgutbibliothek, über die Bassumer sich Samen zum Anpflanzen ausleihen können – und auf Bassums Naturgartenbeauftragten Jens Diedrich.
Naturnahe Gärten verbinden für Insekten Biotope miteinander
Auch Diedrich setzt auf Beratung: „Man sollte aufzeigen, wo die Vorteile eines Naturgartens liegen.“ Von Verboten hält er wenig: „Das muss von selber kommen.“
Deshalb weist er auf die Schädlichkeit von Schottergärten hin: „Jeder Garten ist ein Kleinbiotop. Ohne naturnahe Gärten fehlen den Insekten Trittsteine zu anderen Kleinbiotopen.“ Und das wirke sich auf die ganze Natur aus: „Insekten stehen am Anfang der Nahrungskette. Die Wildbiene zum Beispiel kann nur 300 Meter am Stück fliegen – danach fällt sie tot vom Himmel.“ Dann würden den Pflanzen ihre Bestäuber oder anderen Tieren ihre Nahrungsquelle fehlen.
Diedrich habe in den vergangenen 10 oder 20 Jahren selber festgestellt, dass Schottergärten auch in Bassum in Mode gekommen zu sein scheinen. „Viele wollen ein eigenes Grundstück haben – aber möglichst pflegeleicht. In einigen Köpfen sieht das zwar schön aus, mit Natur hat das aber wenig zu tun.“ Deshalb klärt er auf, berät und empfehlt. Am besten seien heimische Pflanzen. Das Urteil aus Lüneburg habe Diedrich als „sehr positiv“ wahrgenommen.
Der Landkreis Diepholz ist die zuständige Aufsichts- und Sanktionsbehörde
Und wenn jetzt doch mal ein Bassumer seinen Garten mit Steinen anstatt Stauden geschmückt hat? „Wir werden jetzt nicht durch die Straßen ziehen und Schottergärten melden“, erklärt Christian Porsch. Da Bassum im Gegensatz zu Diepholz keine eigene Baubehörde hat, ist der Landkreis die Aufsichts- und Sanktionsbehörde für solche Angelegenheiten. Porsch: „Bei Hinweisen geben wir das an den Landkreis weiter.“
Wir werden jetzt nicht durch die Straßen ziehen und Schottergärten melden.
Ob Stadt und Landkreis gegen bestehende Schottergärten in älteren Baugebieten ohne explizites Verbot im Bebauungsplan vorgehen können, das weiß der Bürgermeister nicht, aber: „Ich bin fest davon überzeugt, dass es dort einen Bestandsschutz gibt.“ Allerdings erhofft er sich durch das Lüneburger Urteil eine Signalwirkung bei den Bürgern: „Ich hoffe, dass der eine oder andere dadurch zum Umdenken kommt“, sagt Christian Porsch und nickt.
Auch Jens Diedrich hegt die Hoffnung, dass sich in den Köpfen potenzieller Schottergarten-Besitzer etwas ändert. Und wie die Bürgermeister richtet auch der Bassumer Naturgartenbeauftragte einen Appell an alle Gartenbesitzer: „Jede Pflanze ist besser als Versiegelung.“