Im Kreis Diepholz drohen höhere Abfallentgelte

Eine Novelle des Brennstoff-Emissionshandelsgesetzes könnte die Abfall-Entgelte im Kreis Diepholz steigen lassen.
Landkreis Diepholz – Vor sieben Jahren hat die AWG (Abfall Wirtschafts Gesellschaft) das Heizkraftwerk in Bremen-Blumenthal gekauft und produziert dort seitdem Strom und Fernwärme – aus absolut nicht recycelbaren Abfallresten. Doch jetzt drohen Kosten dafür: Wenn das Brennstoff-Emissionshandelsgesetz wie in Berlin geplant auf Ersatzbrennstoffe ausgeweitet wird, müssten die Bürger mit einer Steigerung der Abfallentgelte um fünf bis zehn Prozent rechnen. Das geht aus einer Pressemitteilung der AWG hervor.
20 Euro pro Tonne CO2 drohen den Verbrauchern
„Dies würde die viele Jahre lange Serie der Preisstabilität im Landkreis beenden“, wird Landrat Cord Bockhop in dieser Mitteilung zitiert – und weiter: „Es kann nicht die Lösung sein, die Verbrennung zwangsweise anfallender und anders nicht verwertbarer Reste quasi zwangszubesteuern.“ Die Verabschiedung der Novelle würde im Landkreis demnach für gewerbliche und private Entgeltzahler im Schnitt mit 20 Euro pro Tonne CO2 zu Buche schlagen.
Dabei könnte die AWG über das Heizkraftwerk Blumenthal noch weitere Betriebe, Schulen, Schwimmbäder und sogar Wohnsiedlungen mit Fernwärme versorgen: „Wir haben noch Wärme übrig“, so AWG-Geschäftsführer Andreas Nieweler auf Anfrage dieser Zeitung. Die AWG sei bereits mit einem Investor im Gespräch, um das umsetzen zu können.
Auf diese Weise könnte also knappes Erdgas eingespart werden. Deshalb kommt die geplante CO2-Abgabe zur Unzeit – zumal es zur Verbrennung unverwertbarer Abfallreste zurzeit keine Alternative gibt. Andreas Nieweler: „Kohle, Öl und Gas kann man auch im Boden lassen, aber der Abfall kann nicht in den Tonnen bleiben.“

Gehe es nach der Bundesregierung, so AWG-Pressesprecher Dominik Albrecht, habe die geplante Änderung auch eine Lenkungswirkung. Die These: Werden mehr Abgaben auf Abfälle bei der Verbrennung erhoben, erhöht dies die Recyclingquote. „Für uns so nicht zutreffend“, sagt Nieweler. „Was hinsichtlich des Recyclings sinnvoll und wirtschaftlich möglich ist, setzen wir im Landkreis bereits um.“ Bei Bio-Abfällen, Glas, Metall, Altholz und Papier liege die Recycling-Quote bei 90 Prozent und mehr, so der AWG-Chef auf Anfrage – bei Kunststoff allerdings bei unter 50 Prozent.
Bundestagsabgeordnete Schierenbeck und Knoerig nehmen Kritik der AWG mit nach Berlin
Denn nur stoffgleiche Kunststoffe (der alte Plastikstuhl, die defekte Regentonne, der zerschlissene Wäschekorb) könnten wiederverwendet werden. Verpackungen für Lebensmittel seien aus völlig unterschiedlichen Kunststoffen zusammen gesetzt, ein Recycling sei nicht möglich. Deshalb hält es Andreas Nieweler für wesentlich zielführender, Verpackungsherstellern Anreize für biologisch abbaubare Produkte zu geben – statt eine weitere Abgabe zu beschließen. Gesetzlich zu mehr Recycling zu animieren, sei zwar verständlich, so Landrat Cord Bockhop. „Aber irgendwann ist ein Endpunkt erreicht. Und an diesem Punkt sind wir im Landkreis angekommen.“
Die neue Abgabe würde Haushalte und Unternehmen belasten, ohne wirklich etwas für den Klimaschutz zu erreichen. Das war Konsens in einem internen Fachgespräch, an dem die Bundestagsabgeordneten Peggy Schierenbeck (SPD) und Axel Knoerig (CDU) teilnahmen. Sie werden über die geplante Novelle in Berlin mit abstimmen. Peggy Schierenbeck zweifelt laut Pressemitteilung an der Lenkungswirkung der Novelle, bezeichnet eine mögliche weitere Belastung der Bürgerinnen und Bürger als kritisch: „Das Gesetz belohnt Verbraucherinnen und Verbraucher nicht für nachhaltiges Handeln und Abfallvermeidung“, so die Sozialdemokratin.
Für den Bundestagsabgeordneten Axel Knoerig (CDU) darf der positive Beitrag zur Energiebilanz durch Ersatzbrennstoff aus Abfall im Vergleich zu fossilen Brennstoffen nicht unterschätzt werden. „Die Einbeziehung der Abfallverbrennung in die CO2-Bepreisung halte ich für einen falschen Schritt. Es fehlt bei der Abfallentsorgung an klimafreundlichen Alternativen, auf die ausgewichen werden kann“, wird er zitiert. Insofern werde die Novelle lediglich höhere Gebühren nach sich ziehen. Die Regierung sollte hier nachbessern, hieß es.
„Wir würden die Verabschiedung des Gesetzesentwurfs als Bestrafung der Landkreisbevölkerung für ihr ausgeprägtes und sehr gut funktionierendes Trennverhalten empfinden“, so der Standpunkt der AWG, die auch durch Prokurist Sebastian Koch vertreten war.