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„Es ist schön, wenn nichts verloren geht“

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Geschichte bewahren: Holger Rullhusen möchte, dass die Erinnerungen an das alte Ortsbild nicht verloren gehen.
Geschichte bewahren: Holger Rullhusen möchte, dass die Erinnerungen an das alte Ortsbild nicht verloren gehen. © juk

Neubruchhausen – Sie stehen vor Pferdekutschen, vor alten Fachwerk- und Backsteinhäusern und schauen mal ernst, mal fröhlich in die Kamera. Und der Betrachter fragt sich: Wie würden sie wohl gucken, wenn sie ihr Neubruchhausen heute sehen könnten? Vermutlich würden die damaligen Anwohner es kaum wieder erkennen. Denn der Bau der Landesstraße 332 hat das Gesicht des Ortes nachhaltig verändert.

Und wie das damals in den 1960er- und 1970er-Jahren so war: Alles muss neu, weg mit dem Alten! Ohne Rücksicht auf Verluste wurde abgerissen und verändert.

Holger Rullhusen vom Mühlenverein und Heimatgeschichtlichen Arbeitskreis seufzt schwer, wenn er darüber spricht. Für den Geschichtsfan ist ein solches Vorgehen schwer nachzuvollziehen, aber „so war das eben damals“. Zwar kann auch Rullhusen die Entscheidungen damaliger Verantwortlicher nicht rückgängig machen, aber er möchte daran erinnern, wie sein Wohnort einmal ausgesehen hat – und welche Schätze dem Sturm der neuen Zeit weichen mussten. Auf fünf Schautafeln an zwei Standorten (an der Wassermühle und auf dem Parkplatz gegenüber vom Restaurant Zum Mühlenteich zeigt er historische Bilder der Gebäude, neben denen auch ein kurzer Text deren Geschichte erzählt.

Da wäre zum Beispiel der Gemischtwarenladen Delekat, der 1977 abgerissen wurde, weil die Landesstraße ausgebaut wurde. „Die Fotos habe ich unter anderem von den Nachfahren der Familie bekommen“, freut sich Rullhusen über die Unterstützung für sein Projekt, das er ganz allein finanziert hat.

Gleich daneben wird an ein Gebäude erinnert, dessen Verschwinden viele Neubruchhäuser bis heute schmerzt: Die alte Kapelle. „Viele trauern ihr hinterher“, sagt Rullhusen und betrachtet die Bilder des Gotteshauses. Erbaut 1610 bis 1612, abgerissen 1970. Nur Altar und Kanzel sind geblieben und befinden sich heute in der neuen Kirche des Ortes.

Kurios muss es bei Feiern in Tepes Gasthof gewesen sein, das in der Kurve der Landesstraße stand, wo heute eine Grünfläche ist. „Das war die erste Adresse für Feiern zu Beginn des 20. Jahrhunderts“, sagt Rullhusen. Der Besitzer besaß zwei Häuser. In dem einen war die Gastwirtschaft, in dem anderen wurde unten das Vieh untergebracht, und oben war der Saal. Auch zu diesem Betrieb hat Rullhusen eine Infotafel gestaltet. Auf einer anderen blickt man auf einen historischen Bau, auf das Restaurant Zum Mühlenteich, das noch heute existiert, zwischenzeitlich auch schon mal Zum Hachestrand – oder im Volksmund Zum blutigen Eimer hieß. Weil es dort laufend Schlägereien gab, berichtet Rullhusen schmunzelnd.

„Ich habe diese Tafeln vor allem für die Jüngeren und Zugezogenen gemacht, die wie ich den Ort in seiner ursprünglichen Erscheinung nie kennengelernt haben“, erklärt der Neubruchhauser. Auf die Idee hat ihn ein Urlaub auf den Azoren gebracht, wo er ein Fischdorf besuchte, das ebenfalls solche Schautafeln aufgestellt hatte.

„Das fand ich toll!“ Und da er selber schon einige historische Bilder von Neubruchhausen besaß, war der Plan schnell gefasst.

Und Rullhusen würde gerne weitere Tafeln erstellen. Zum Beispiel über das Schröder Haus oder Trümpers Gemischtwarenladen. Zu beiden fehlen ihm noch Informationen. Wer etwas über diese Gebäude erzählen kann oder Hinweise auf weitere ortsbildprägende Bauten hat, die im Laufe der Jahre verschwunden sind, kann sich melden. „Es ist schön, wenn nichts verloren geht“, findet der Neubruchhauser.

Von Julia Kreykenbohm

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