Doris Decker hat sich zur Beratungslehrerin ausbilden lassen: „Es geht darum, die richtigen Fragen zu stellen“

Bassum – Egal ob Schüler, Lehrer oder Eltern, wer an der Grundschule Mittelstraße von Sorgen, Ängsten oder andere Problemen geplagt wird, hat zwei Personen, an die er sich wenden kann: Die eine ist Schulsozialarbeiterin Jennifer Görlitz, die allerdings zurzeit in Elternzeit ist. Die andere ist Lehrerin Doris Decker. Denn die hat sich in einer über zweijährigen Ausbildung zur Beratungslehrerin weiterbilden lassen.
Und diese Ausbildung hatte es ganz schön in sich. „Jeden Mittwoch haben ich und die übrigen Lehrer aus dem Landkreis uns immer in einer anderen Schule getroffen oder bekamen eine Aufgabe, die wir zu Hause bearbeiten mussten. Vier Mal waren wir eine Woche am Stück auf Fortbildung. Am Ende musste jeder eine Hausarbeit schreiben und eine mündliche Prüfung bestehen“, erzählt Decker. Seit 20 Jahren ist sie Lehrerin an der Grundschule Mittelstraße. Warum hat sie sich diese zusätzliche Arbeit noch aufgeladen? „Ich fand es sehr bereichernd und spannend“, erklärt Decker.
Das empfindet sie auch heute noch so. „Situationen, in denen ich mich früher gefragt habe: ,Warum verhält dieses Kind sich jetzt so?‘, kann ich heute besser einschätzen und verstehen. Ich habe einen neuen Blick gewonnen und erkenne eher, was gerade dahinter steckt.“
Die Ausbildung sei „total gut“ gewesen, schwärmt Decker, „und stark psychologisch.“ Es habe viele Rollenspiele gegeben und Fragetechniken seien vermittelt worden. „Ich habe auch gelernt, mich selber mehr zu beobachten und im Blick zu haben, wie ich mich verhalte.“ Aber auch Vernetzung sei ein großes Thema gewesen: „Welche Einrichtungen im Umkreis gibt es, die bei verschiedenen Problemen mit Kindern weiterhelfen können, wenn unsere Kapazitäten erschöpft sind?“
Decker bietet nun jede Woche drei Stunden Beratung an. Wobei ihr das Wort Beratung eigentlich nicht gefällt. „Das klingt so nach: ,Du kommst her und ich rate dir, was du tun sollst.‘ Es geht mir viel mehr darum, die richtigen Fragen zu stellen, dass der Hilfesuchende selber auf die Antworten kommt.“ Eine Stunde dieses Angebots verbringt sie in einem gesonderten Beratungsraum zu einer festen Zeit. Die anderen beiden Stunden kann sie flexibel anbieten, „auch mal am Nachmittag“.
Hinzu kommen Projekte, die Decker mit der Schulsozialarbeiterin oder dem Präventionsrat an der Schule durchführen möchte. Aber was unterscheidet ihre Tätigkeit eigentlich von der der Schulsozialarbeiterin? „Ich habe andere Schwerpunkte. So mache ich zum Beispiel keine Behördengänge und gehe auch nicht vormittags in die Familien, da ich ja dann selber Unterricht halte“, erklärt Decker. Aber es gebe schon viele Überschneidungen.
Mit welchem Problemen kommen die Kinder zu ihr? „Hauptthemen sind Probleme mit den Eltern oder Lehrern, Streit untereinander oder das Gefühl, ein Außenseiter zu sein“, schildert Decker. Sie mag an ihrer Rolle besonders, dass sie die Kinder nicht bewerten muss, wie sie das als Lehrerin tut. „Ich mache vor dem Gespräch auch deutlich, dass ich jetzt keine Lehrerin bin.“ Und nehmen die Kleinen das an? Decker nickt. „Das klappt gut. Einer hat mal gesagt: ,Das war toll, jetzt durfte ich mal alles sagen.‘“
Auch Schulleiter Thomas Mohrmann freut sich über das neue Angebot an seiner Schule. „Es ist schön, weil wir jetzt noch mehr Möglichkeiten haben, etwas aufzufangen. Es ist eine ergänzende Arbeit zur Schulsozialarbeit. Sie schafft mehr Zeit, um sich Problemen zu widmen und gemeinsame Projekte anzubieten, die präventiv wirken sollen.“
Kontakt
Mehr Informationen und den Kontakt zu Doris Decker gibt es auf der Homepage der Grundschule Mittelstraße.