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Die Jungen müssen ran

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Wer mit Kindern arbeitet, muss selbst noch ein bisschen Kind in sich haben, sagen Catherina Voss und Thomas Mohrmann.
Wer mit Kindern arbeitet, muss selbst noch ein bisschen Kind in sich haben, sagen Catherina Voss und Thomas Mohrmann. © Albrecht

Bassum – Schule in Zeiten von Corona zu organisieren, ist selbst für gestandene Schulleiter eine große Herausforderung. Deshalb schwankt die Gefühlslage von Thomas Mohrmann und Catherina Voss derzeit zwischen freudiger Erwartung und Anspannung. Die beiden jungen Pädagogen sind erst vor Kurzem in die Leitungsposition an der Grundschule Mittelstraße aufgestiegen – unerwartet.

Nachdem klar war, dass die Schulleiterin Birgit Timmerberg die Mittelstraße verlassen wird (wir berichteten) und auch ihre Stellvertreterin Andrea Hahne nicht bleibt, suchte die Landesschulbehörde per Ausschreibung eine Nachfolgerin beziehungsweise einen Nachfolger. Bisher ohne Erfolg. Das Schuljahr naht und so musste intern eine Lösung gefunden werden. Die Wahl fiel auf den 34-jährigen Thomas Mohrmann und die 27-jährige Catherina Voss.

Beide sind zwar diejenigen, die am kürzesten an der Schule unterrichten. Aber nicht nur die Landesschulbehörde hält sie für geeignet. „Das ganze Kollegium steht hinter ihnen“, bescheinigt auch Andrea Hahne.

In den vergangenen Jahren seien viele altgediente Kräfte in Pension gegangen. „Wir haben uns personalmäßig enorm verjüngt. Das bedeutete, das auch neuer Schwung in die Schule kam, und demnach sind es jetzt zwei junge Kollegen, die Verantwortung übernehmen“, sagt Hahne erfreut.

Mohrmann und Voss sind engagiert, motiviert und belastbar. Und beide trauen sich die Aufgabe zu.

Nun nutzen sie die Ferienzeit, um den Kindern den Einstieg in den Schulalltag zu ermöglichen. „Die Vorgabe ist schließlich, im August so viel Normalität wie möglich herzustellen“, sagt Mohrmann.

Gar nicht so einfach, weil sie weder mit den Akteuren des Ganzstagsangebots noch mit den Kollegen, die zu der Risikogruppe zählen, sicher planen können.

Aus dem vorangegangenen Schuljahr wissen sie, dass sich die Situation durch Corona mit jedem Tag verändern könne und sich Schule immer wieder neu organisieren müsse. Das funktioniert nur mit dem gesamten Team. „Wir bekommen Unterstützung von allen Seiten“, fühlen sich Mohrmann und Voss gut aufgehoben.

Sie gehen davon aus, mit einer 80-prozentigen Versorgung starten zu können. Der Präsenzunterricht werde laufen. Noch unklar ist, wie sie die Sport- und Musikangebote gestalten. „Wie sollen wir beispielsweise die Geräte nach Gebrauch sofort desinfizieren? – Nur eine Frage von vielen.“ Es bleibt also spannend.

Um sich der Aufgabe komplett widmen zu können, musste der kommissarische Schulleiter die bisherige Klassenleitung abgeben. Das fällt ihm schwer. Denn der Beruf des Grundschullehrers ist sein Traumberuf. Das hat er mit Voss gemeinsam, der eine Lehrerin bereits in der fünften Klasse bescheinigt habe: „Die wird mal Lehrerin!“

Mohrmann ist seit 2016 an der Schule. Der Weyher hat in Oldenburg Mathematik und Sport auf Lehramt studiert und in Scholen sein Referendariat absolviert. „Ich wollte unbedingt zurück in den Kreis Diepholz“, erzählt er. Als an der Mittelstraße eine Stelle frei wurde, habe er sofort zugegriffen. Mohrmann fühlt sich wohl in Bassum.

Warum wird man Grundschullehrer? „Weil man selbst noch ein bisschen Kind ist“, sagt er und lacht. Seine Kollegin Catherina Voss lächelt ebenfalls: „Stimmt!“. Beide beginnen zu schwärmen: „Es ist unheimlich schön mit Kindern zu arbeiten, sie sind wie ein unbeschriebenes Buch, deren Entwicklung wir begleiten dürfen“, sagt Mohrmann. „Das Leuchten in den Augen der Kinder zu sehen, wenn sie sagen: ,Frau Voss, ich habe es verstanden...’ das ist ein tolles Gefühl.“ Und wenn auf die Frage: „Wen wirst du in den Ferien vermissen?“, die Antwort kommt: „Sie“ – dann wissen die beiden Pädagogen, dass sie die richtige Berufswahl getroffen haben. „Wir sind für die Kinder ein sehr wichtiger Bestandteil ihres Lebens. Und wir wollen ihnen möglichst viel mitgeben.“

Voss ist seit 2018 an der Mittelstraße. Sie hat nach dem Studium (Deutsch und Mathe) als Referendarin an der Grundschule Mittelstraße begonnen. Es hat ihr dort so gut gefallen, dass sie bleiben wollte – und durfte.

Würden die beiden sich auf die Ausschreibung bewerben? Sie schmunzeln. „Da fühlen wir uns noch nicht sicher genug“, lautet dann die Antwort. Sie hoffen, dass jemand gefunden wird. Sie sind aber auch realistisch – schließlich gibt es nicht nur einen Lehrermangel, sondern vor allem einen Schulleitermangel –, und gehen davon aus, dass sie das ganze Schuljahr übernehmen müssen.

Darauf bereiten sie sich vor. Fallen die Ferien für sie deshalb aus? „Nein. Wenn die Arbeiten, die wir uns vorgenommen haben, abgeschlossen sind, dann fahre ich beruhigt nach Hause und versuche, zu entspannen“, sagt Voss. Mohrmann nickt zustimmend. Die beiden sind sich einig.

Andrea Hahne geht nach Medelby

Andrea Hahne möchte keinen großen Bahnhof zum Abschied und so scheint es ihr ganz recht, den Interviewtermin mit den beiden künftigen Schulleitern zu verpassen. Sie muss kurzfristig zum Arzt. Hahne ist seit 2006 an der Grundschule Mittelstraße und lobt „das gute Miteinander“. Sie verlasse die Schule nicht im Streit, sondern um ihrer Mutter näher zu sein. Hahne wird Schulleiterin an einer einzügigen Grundschule in Medelby. Das ist ein kleiner Ort in der Nähe der dänischen Grenze, zirka 20 Kilometer von Flensburg entfernt. „Ich habe die ganzen Jahre sehr gerne an der Grundschule Mittelstraße gearbeitet. Frau Timmerberg und ich haben perfekt und sehr vertrauensvoll zusammengearbeitet, obwohl oder vielleicht auch, weil wir ganz unterschiedlich sind. Es gab in den ganzen Jahren nie ein böses Wort zwischen uns beiden“, erinnert sie sich. Sie freut sich auf die Veränderung, denn ihre ganze Familie wohnt in Schleswig-Holstein. „Ich wollte gerne wieder zurück.“ Sie verlässt Bassum und Syke „wirklich auch mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Ich lasse ein tolles Kollegium und viele liebe Freunde zurück“.

Von Frauke Albrecht

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