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Bis zu 15 Attacken im Monat: Wie Migräne das Leben der Betroffenen verändert

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Kopfschmerzen gehören zu den häufigsten Symptomen bei Migräne-Erkrankten. Symbo
Kopfschmerzen gehören zu den häufigsten Symptomen bei Migräne-Erkrankten. Symbo © Oliver Killing/dpa

Lieselotte Henke, Irmgard Brockmann und Dagmar Sambale sind an Migräne erkrankt. Bei einem Treffen mit der Kreiszeitung sprechen sie über den Alltag mit Migräne, über Symptome, Probleme und wie sie und andere Kraft aus der Selbsthilfegruppe Migräne aus Bassum ziehen.

Bassum – Lieselotte Henke wird in ihrem Wohnhaus in Groß Henstedt durch ein Fenster vom Sonnenlicht geblendet. Sie setzt sich um, mit dem Rücken zur Sonne. „Das ist ein Symptom der Migräne. Ich kann Helligkeit nicht so gut ab, jetzt ist es besser“, erzählt die stellvertretende Leiterin der Selbsthilfegruppe Migräne aus Bassum. Zusammen mit der Gruppenleiterin Irmgard Brockmann und Gruppenmitglied Dagmar Sambale spricht sie bei einem Treffen mit der Kreiszeitung über den Alltag mit Migräne, über Symptome und Probleme und wie sie und andere Kraft aus der Selbsthilfegruppe ziehen. Alle drei sind seit Jahren an Migräne erkrankt.

„Migräne ist bei den meisten Menschen erblich veranlagt. Es ist eine neurologische Krankheit und hat nichts mit der Psyche zu tun“, erklärt Lieselotte Henke. Sie leidet seit mehr als 20 Jahren an der Krankheit. Mehr als 15 Attacken hat sie im Monat. „Das sind meistens stechende Kopfschmerzen. Mal auf der einen Seite des Kopfes, mal auf der anderen, ganz unregelmäßig“, sagt sie. Die Attacken dauern von vier Stunden bis zu drei Tage an. Kopfschmerzen seien längst nicht das einzige Symptom. Übelkeit, Erbrechen, Lichtempfindlichkeit, Lärmempfindlichkeit gehören dazu. Insgesamt seien Frauen häufiger von Migräne betroffen als Männer. Die Krankheit gilt als nicht heilbar.

Tabletten und Ausdauersport können helfen

Laut den drei Frauen gibt es Behandlungsmethoden, damit die Lebensqualität der Betroffenen nicht so stark eingeschränkt wird. „Tabletten wie Triptane helfen. Ich habe sie, als ich noch berufstätig war, immer sehr früh morgens genommen, weil dort die Attacken kamen“, erzählt die ehemalige Verwaltungsangestellte Irmgard Brockmann. Danach hatte sie tagsüber wenig Probleme. Erst abends sei es wieder losgegangen. Nicht jeder ihrer Kollegen wusste, dass sie Migräne hat.

Vorbeugend kann Ausdauersport helfen. Walken, Radfahren oder Schwimmen. „Allerdings nicht, wenn man gerade eine Attacke hat. Das verschlimmert es nur“, sagt Dagmar Sambale. Süßigkeiten seien keine gute Idee gegen Migräne-Attacken.

Mit Unterstellungen zu kämpfen

Lieselotte Henke, Dagmar Sambale und Irmgard Brockmann sprechen darüber, dass ihnen immer wieder Simulation unterstellt worden ist. „Da hört man dann so etwas wie: ,Stell dich nicht so an´ oder: ,Jaja, ich habe auch manchmal Kopfschmerzen.´ Da werden wir einfach nicht ernst genommen“, ärgert sich Dagmar Sambale. Seitdem die Krankheit offener kommuniziert wird, komme das seltener vor. Bei Sambale diagnostizierte eine Apothekerin die Krankheit. „Als ich ihr gesagt habe, dass Triptane helfen, war klar, dass es Migräne ist und nicht einfach Kopfschmerzen.“

Auch das Leben mit der Familie macht die Migräne nicht einfach. „Die können das irgendwann auch nicht mehr hören – dass ich nicht mitkommen kann, weil ich Kopfschmerzen oder ähnliches habe“, erzählt Lieselotte Henke. Irmgard Brockmann fügt hinzu: „Ich wurde zu Feiern nicht mehr eingeladen‘. ,Dir brauchen wir nicht mehr Bescheid sagen. Wir wissen ja nie, ob du kommst´, hieß es da manchmal.“

Die Bassumer Migräne-Selbsthilfegruppe gibt es seit Anfang der 2000er-Jahre

Umso glücklicher sind die beiden über die Selbsthilfegruppe, die es seit Anfang der 2000er-Jahre in Bassum gibt. Beide waren von Beginn an dabei. Die Selbsthilfegruppe ist Mitglied des Vereins Migräne-Liga Deutschland. Der Verein wurde in den 90er Jahren gegründet, um auf die Krankheit aufmerksam zu machen. Der Austausch sollte verstärkt werden. Behandlungsverfahren sollten kommuniziert werden.

In diesem Zuge gründete sich die Selbsthilfegruppe Bassum. „Die Gleichstellungsbeauftragte von Bassum, Christine Gaumann, hat damals ein Treffen für Menschen mit Migräne und wiederkehrenden Kopfschmerzen arrangiert. Daraus ist die Selbsthilfegruppe entstanden“, erinnert sich die Leiterin Irmgard Brockmann zurück.

Einmal im Monat, jeden ersten Donnerstag, treffen sich die 15 Mitglieder der Gruppe von 19.30 bis 21.30 Uhr in der Heimatstube der Bassumer Freudenburg. „Wir tauschen uns über die Krankheit und Behandlungsweisen aus. Wir reden darüber, zu welchem Arzt man gehen kann“, gibt Dagmar Sambale Einblicke.

Das sei aber nicht alles. Lieselotte Henke betont: „Es geht auch um andere Themen. Wir lachen miteinander oder gehen gemeinsam Essen.“

Treffen zum Austausch einmal im Monat

So schlimm und anstrengend die Krankheit ist, die drei Frauen der Bassumer Selbsthilfegruppe haben gelernt, damit zu leben. Durch die Treffen fühlen sie sich besser verstanden. Lieselotte Henke schwärmt: „Für mich ist die Gruppe wie eine zweite Familie geworden. Wir verstehen uns einfach. Wir haben einen sehr guten Zusammenhalt.“

Wer sich der Selbsthilfegruppe Bassum anschließen will, kann sich bei Irmgard Brockmann unter 04253 /1442 melden. Die Mitgliedschaft ist kostenlos.

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