Fragen um das „Große Meer“: Reicht die reine Entschlammung?

750.000 Euro würde eine Entschlammung des Großen Meers in Eydelstedt kosten - zu 90 Prozent könnte diese Summe durch Fördergelder gedeckt werden. Doch in Eydelstedt regt sich der Wunsch, dass es mit einer Entschlammung nicht getan sein soll. Der Rat diskutiert über weitere Maßnahmen am Großen Meer
Holte – Was geschieht mit dem Großen Meer in Holte? Über diese Frage hat der Eydelstedter Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung diskutiert. Eine Entschlammung scheint unumgänglich. Das ergab eine Untersuchung im Rahmen der Flurbereinigung Donstorf. Im selben Zuge sei eine Machbarkeitsstudie zur Erhaltung und Sanierung des Großen Meeres erstellt worden. Diese hat Claudia Emker, stellvertretende Fachbereichsleiterin Bau und Liegenschaften bei der Samtgemeindeverwaltung, den Ratsmitgliedern nun vorgestellt. Sie wünschen sich allerdings noch mehr als eine reine Entschlammung.
Die geschätzten Kosten für die Entschlammung liegen bei rund 750 000 Euro. Allerdings sei eine Förderung von 90 Prozent möglich. „Das ist eine Hausnummer“, meinte Emker. Das ergebe sich aus der Richtlinie Naturnahe Entwicklung von Oberflächengewässern (NEOG). Diese werde derzeit erstellt. Die Gemeinde müsste allerdings in Vorleistung gehen. Emker: „Aber man kann dann auch mit Abschlägen aus der Fördersumme arbeiten.“ Dadurch würde die Gemeinde nicht bis zur endgültigen Abrechnung auf den Kosten der Entschlammung sitzen bleiben.
Projekt „Großes Meer“ steht noch ganz am Anfang
Cord-Hinrich Egelriede, Zuhörer und früherer Gemeindebürgermeister, fragte an: „Gibt es die Möglichkeit, das Ganze kostengünstiger zu machen?“ Außerdem sei Eile wegen des Klimawandels geboten. Der Wasserspiegel liege derzeit 55 Zentimeter „unter dem Höchststand, den wir jetzt haben müssten“. Er schlug vor: „Wir brauchen einen Bagger, drei Fahrzeuge und zehn Tage lassen wir sie dort wirken. Das ist zwar etwas rabiat, aber es besteht Bedarf, kurzfristig zu handeln.“ Dieser Idee schob Emker einen Riegel vor: „Das mit dem Bagger funktioniert aus Naturschutzgründen nicht.“ Sedimente müssten aus dem Großen Meer entnommen und zwischengelagert werden. So könne das im Sediment enthaltene Wasser in das Große Meer zurückfließen. „Es ist eine Utopie“, diese Maßnahme in nur wenigen Tagen durchzuführen.
Das Projekt zur Entschlammung steht noch ganz am Anfang. Noch sind überhaupt keine Anträge gestellt worden, weil es noch gar nicht möglich ist. Sobald sie im Rahmen der NEOG-Richtlinie eingereicht werden können, werde die Verwaltung informiert. Die Eydelstedter Ratsmitglieder nutzten nun aber schon die Möglichkeit, über das geplante Vorhaben zu reden und ihre Meinungstendenzen zu nennen.
Großes Meer soll attraktiver werden
Einig waren sich alle Mandatsträger in dem Punkt, dass das Große Meer erhaltenswert ist und nach Möglichkeit wieder attraktiver gemacht werden soll. „Für mich als Bürger ist das Große Meer eines der wenigen Highlights, die wir in der Region haben“, sagte Karsten Brokering. „Wir sollten alles daran setzen, dass wir den See als Freizeitraum erhalten.“ Deswegen reicht einigen die reine Entschlammung nicht aus. „Uns als Gemeinderat ist die Entschlammung zu wenig“, meinte Bürgermeisterin Martina Thesing. Auf diese Aussage folgte ein Nicken einiger Ratsmitglieder.
Mindestens ein Teilbereich des Sees solle wieder für die Bürger zugänglich gemacht werden, sagte Thesing. „Der See soll wieder von der Straße aus sichtbar werden.“ Dafür solle ein Gesamtkonzept erstellt werden – in Zusammenarbeit mit dem Landkreis Diepholz. In die gleiche Kerbe schlug Ulrich Aumann: Seit Jahren passiere nichts am Großen Meer. „Wir werden immer wieder ausgebremst“, meinte er. Schuld daran sei die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises. Er ist deswegen der Meinung, dass der „Landkreis beteiligt werden muss, wenn dort eine Entschlammung stattfindet“.
Ein Freischnitt um den See herum sei nicht umsetzbar, erklärte Claudia Emker. „Eine Nutzung, wie sie es früher gab, wird es so nicht mehr geben.“ Das liege daran, dass das Große Meer ein Naturschutzgebiet ist. Aber: „Die Entschlammung durchzuführen. ist trotzdem eine Chance für Eydelstedt, den See wieder attraktiver zu machen.“ Karsten Brokering merkte an, dass der Rat nicht gegen die Entschlammung ist. „Dieser Eindruck darf nicht entstehen, aber es muss ein vernünftiges Konzept geben.“ Es müsse einen Konsens zwischen den Belangen der Bevölkerung und des Naturschutzes geben, meinte Stefan Heitz. Deswegen einigten sich der Rat und die Verwaltung darauf, erneut die Gespräche mit dem Landkreis in Bezug auf Maßnahmen am Großen Meer zu suchen.
Friedrich Heitmann fragte an, on das Laub der Bäume um den See der Hauptgrund für die Sedimente im Großen Meer sind. „Was passiert mit dem Laub, das jährlich ins Große Meer fällt? Das verrottet dort? Wir haben dann in ein paar Jahren doch das gleiche Problem wieder“, meinte er. Emker entgegnete, dass die Bepflanzung um den See herum nicht hauptverantwortlich für die Sedimentablagerungen seien. Die Untersuchung des Großen Meeres habe ergeben, dass Einträge durch die Landwirtschaft für die Sedimentablagerung im Gewässer seien.
Maßnahme hält Wasser 20 Jahre sauber
Das wollten Karsten Brokerin und Ulrich Aumann so nicht stehen lassen. Vor 80 Jahren habe es um das Große Meer „gar keine Bäume“ gegeben, sagte Aumann. „Damals hatte das Wasser eine gute Qualität.“ Jetzt sei es so, dass im Herbst viel Laub in den See falle. „Ich bin der Meinung, das ist die Hauptursache für diese Verschlammung.“ Brokering sagte: „Die Reglementierung der Düngeverordnung verringert die Belastung des Gewässers automatisch. Die Landwirtschaft immer an den Pranger zu stellen, halte ich für falsch.“
„Wie lange haben wir Ruhe, falls diese doch sehr kostspielige Maßnahme von Erfolg gekrönt ist?“, fragte Stefan Heitz an. Sollte die Entschlammung umgesetzt werden, „wird davon ausgegangen, dass wir in absehbarer Zeit nichts wieder machen müssen“, sagte Emker. „Wir müssen in vielleicht 20 Jahren wieder etwas tun, aber nicht in fünf Jahren und auch nicht in zehn Jahren.“