Gesundes Gemüse, glückliche Bienen und ein mutiges Experiment

Das Ausbildungsexperiment der „SoLawi“ Donstorf läuft gut, das Zwischenfazit fällt positiv aus - auch wenn eine der drei autodidaktischen Azubis doch lieber einen anderen Weg gehen möchte. In Kürze startet bei der „Solawi“ die neue Bieterrunde.
Donstorf – Es ist ein kurioses Projekt, aus dem Philipp Müller ein erstes positives Fazit zieht: „Wir blicken zurück auf ein erfolgreiches Anbaujahr 2022 – mit viel gesundem Gemüse, tollen gemeinsamen Aktionen und vielen glücklichen Bienen und Blümchen“, sagt Müller. Er ist einer von drei Gärtner-Azubis auf dem Hollerhof. Das Trio hat vor einem Jahr ein Ausbildungsexperiment bei der Solidarischen Landwirtschaft (SoLawi) Donstorf begonnen und ist bis heute dabei geblieben.
Müller und seine Kollegin Jana Hoppe befanden sich zu Beginn des Projektes bereits im zweiten Lehrjahr der Ausbildung zum Gärtner, Claas Groth startete damals als Praktikant. Eine „SoLawi“ ist für alle drei der Traumbetrieb, denn hier wird der Anbau bezahlt und nicht das Gemüse verkauft. Mit der freien Demeter-Ausbildung im Rücken und in Absprache mit Gärtnermeister Robert Franz übernahmen die Drei eigenverantwortlich den Anbau für die „SoLawi“ auf dem Hof Stubbe in Donstorf. „Das war ein bisschen der Sprung ins kalte Wasser“, erinnert sich Claas Groth, „aber es hat super geklappt. Wir hatten kaum Ausfälle.“ Das bestätigt auch „SoLawi“-Mitglied Martina Winter: „So vielfältiges Gemüse bekommt man nicht im Supermarkt zu kaufen – und schon gar nicht so frisch. Wir sind aus Tübingen nach Donstorf gezogen und sehr froh, dass es die „SoLawi“ hier gibt.“
Doch obwohl sich die drei Gärtner einig sind, dass ihr erstes Jahr gut gelaufen ist, sie viel gelernt haben und die Arbeit Spaß gemacht hat, wird es in diesem Jahr einige Veränderungen geben.
Die Bewässerung ist in Zeiten schwindender Ressourcen ein Thema, mit dem sich alle Betriebe auseinandersetzen müssen. Die „SoLawi“ Donstorf bereitet daher bereits jetzt auf einer Fläche von 0,5 Hektar Mulch vor, um mit der Abdeckung der Beete die Verdunstung zu minimieren.
Was steckt hinter dem Begriff „Solawi“?
„SoLaWi“ ist die Abkürzung für solidarische Landwirtschaft und bedeutet, dass eine Gruppe von Konsumenten „ihrem“ Landwirt die Abnahme der Ernte zu einem vorher vereinbarten Preis garantiert. Die gesamte Ernte wird verteilt, nichts wird aussortiert, weil es zu groß, zu klein, zu krumm oder anderweitig abseits der Norm ist. Damit hat der Landwirt Planungssicherheit, kann bei der Bewirtschaftung des Bodens ökologischen Kriterien den Vorrang geben und ist nicht mehr gezwungen, Chemie einzusetzen, um unter allen Umständen makelloses Gemüse abzuliefern. Die Vernichtung von Gemüse, das nicht den Handelsstandards genügt, entfällt. (Quelle: http://solawi-donstorf.de/solawi/).
Außerdem streben Müller und Groth eine Ausbildung mit rein gemüsebaulichem Fokus an. „Die landwirtschaftliche Ausbildung inklusive Tierhaltung bringt für uns nichts“, erläutert Philipp Müller, „da wir ohnehin nur mit Komposttee als Pflanzenstärkung arbeiten. Und Humusaufbau betreiben wir durch intensive Bodenpflege und Dauerbeete. Tierdung wird bei uns weitestgehend vermieden.“
Aktuell arbeiten die Azubis nach den Prinzipien der freien Ausbildung des „SoLawi“-Netzwerkes, in der die Auszubildenden ihre Inhalte selbst organisieren. Austausch über die Inhalte findet sowohl in Lerngruppen als auch online statt. Vor Ort begleitet Gärtnermeister Robert Franz die Arbeit gelegentlich. Er zieht künftig nach Donstorf und freut sich darauf, „das tolle Projekt“ in seiner Freizeit weiterhin zu unterstützen. Zudem plane er einige Workshops auf dem Hollerhof. In diesen sollen Erfahrungen zur Pflanzen- und Bodengesundheit durch minimale Bearbeitung weitergegeben und ausgetauscht werden.
Der Haken an der neuen, autodidaktischen Form der Ausbildung ist jedoch, dass sie nicht mit einem anerkannten Abschluss endet. Aus diesem Grund hat sich Jana Hoppe entschieden, den Hof zu verlassen und woanders eine Ausbildung mit anerkanntem Abschluss anzutreten. Sie ist daher aktuell auf der Suche nach alternativen Möglichkeiten. Bis sie einen anderen Ausbildungsplatz gefunden hat, bleibt sie dem Hof Stubbe jedoch treu und nimmt auch an der neuen Bieterrunde teil. Zu dieser lädt der Betrieb jetzt ein.
Die Anzucht für das neue Anbaujahr hat nämlich schon begonnen. In einer „SoLawi“ bezahlen die Mitglieder nicht das Gemüse, sondern sie finanzieren mit einem selbst gewählten Beitrag (Gebot) das Anbaujahr. Im Gegenzug erhalten sie wöchentlich ihren Anteil an der Ernte. Orientierung für die Beitragshöhe gibt der so genannte Richtwert, der sich aus dem benötigten Budget und der Anzahl der Teilnehmer errechnet.
Die diesjährige Bieterrunde findet am Montag, 27. März, um 19 Uhr in der Gaststätte Hibbelers, Rechtern 6, statt. Weitere Informationen gibt es auf der Webseite www.solawi-donstorf.de.