Von Bremen nach Tarmstedt…

Bremen – Mit der Bahn nach Borgfeld? Ja, das war einmal möglich. Und einiges mehr in Bremen und dem Umland – in diesem Fall auf der Strecke von Bremen nach Tarmstedt. Dort fuhr die Kleinbahn „Jan Reiners“. Längst gibt es sie nicht mehr, so ist sie heute Thema in unserer Serie „Verschwunden“.
Der Name „Jan Reiners“ hingegen ist noch allgegenwärtig – auf dem Jan-Reiners-Wanderweg zum Beispiel, den Radfahrer zuweilen als reine Rennstrecke missdeuten. Er wurde in den 70er Jahren angelegt und folgt in weiten Teilen der alten Bahnstrecke. Im einstigen Torfhafen-Stadtteil Findorff erinnert die „Jan-Reiners“-Lok an die Zeit der schmalspurigen Eisenbahnverbindung.
Und in Borgfeld? Am Jan-Reiners-Wanderweg treffen Spaziergänger, Radfahrer und Rennrad-Raser kurz vor Lilienthal auf ein auffälliges und großes Schild, das der Bürgerverein des Bremer Ortsteils dort aufgestellt hat. Mitten im Grünen steht es, zeigt das Borgfelder Wappen und vor allem in großen Lettern den Namen des Ortsteils. Wie ein Bahnhofsschild. Und so ist es wohl auch gedacht, wie das Kleingedruckte auf der Tafel andeutet. An dieser Stelle sei von 1900 bis in die 50er Jahre hinein ein Bahnsteig der Kleinbahn „Jan Reiners“ zu finden gewesen.
Aus dem Moor in die Stadt
Die Kleinbahn, sie war ausgesprochen eng verbunden mit der Region, durch die sie fuhr. Sie erschloss die Moorgebiete nördlich von Bremen landseitig – zusätzlich zu den noch sehr schlechten Verbindungen auf der Straße und auf dem Wasserweg (etwa mit den Torfkähnen, die über Kanäle den Hafen in Findorff ansteuerten). Torf war als Brennmaterial begehrt.
Anno 1891 schlug der Landwirtschaftliche Verein Lilienthal mit seinem Vorsitzenden – dem Ökonomierat Johann „Jan“ Reiners (1825 bis 1908) – vor, die Moorgebiete durch den Bau einer Bahn besser zu erschließen. Reiners ließ nicht locker, blieb am Thema dran, warb für die vergleichsweise kostengünstige Kleinbahn-Lösung. 1898 war es dann so weit: Spatenstich in der Wümme-Niederung zwischen Borgfeld und Lilienthal, der offizielle Beginn der Bauarbeiten.

Im Oktober des Jahres 1900 fuhr der erste Zug auf der neuen Strecke, die insgesamt 27 Kilometer lang war. Die Route, sie führte von Findorff aus über Horn, Lehesterdeich, Borgfeld, Lilienthal, Moorhausen (ab 1927), Falkenberg, Trupermoor, Worphausen, Wörpedorf (Grasberg), Eickedorf und Tüschendorf nach Tarmstedt.
Berufspendler und Erholungssuchende
Die Menschen in der Region, sie waren begeistert – so jedenfalls ist es in vielen Chroniken und Erinnerungen zu lesen. Die Kleinbahn „Jan Reiners“ brachte den Personen- und Güterverkehr in der Region so richtig in Schwung. Mit ihr waren die Moorgebiete wirtschaftlich nun viel näher dran an der Stadt, sprich: an Bremen.
Neben Torf transportierte die Bahn auch Kohle, Dünger und Getreide. Die schlechten Straßenverbindungen fielen nun nicht mehr so ins Gewicht. Jugendliche und Erwachsene pendelten mit der Kleinbahn in die Stadt – die einen gingen in die Schule, die anderen zur Arbeit. Oder sie hatten Einkäufe zu erledigen. „Jan Reiners“ eröffnete den Menschen etliche neue Möglichkeiten.
An den Wochenenden wiederum fuhren Erholungssuchende aus Bremen mit der Kleinbahn aufs Land, um Natur und Landschaft zu genießen (unter Ausblendung der harten Arbeits- und Lebensbedingungen der Torfbauern). In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg aber endete die Kleinbahn-Herrlichkeit. Der Güterverkehr verlagerte sich mehr und mehr auf die nun besseren Straßen. Im Personenverkehr machten neue Busverbindungen der Kleinbahnlinie Konkurrenz. Sie war bald nicht mehr wirtschaftlich – und stellte ab 1954 den Betrieb ein.