Prozess um getötete Ekaterina: Zähes Ringen um die Wahrheit

Fortsetzung im Prozess um die getötete Ekaterina in Bremerhaven: Am Dienstag hat ihre Mutter in der Verhandlung den Angeklagten, also ihren Schwiegersohn, befragt.
Bremen – Es ist ein zähes Ringen. Mit den Fragen von Ekaterinas Mutter ist am Dienstag vor dem Bremer Landgericht der Prozess gegen Walter B. fortgesetzt worden. Fast zwei Stunden lang stellt sie Fragen auf Russisch, die werden übersetzt, der Angeklagte antwortet, die Dolmetscherin überträgt für die Fragestellerin ins Russische.
Manchmal nickt ihr Schwiegersohn, ein gebürtiger Kasache und damit des Russischen mächtig, schon, wenn Svetlana Bolgova ihre Frage formuliert. Walter B. ist angeklagt, seine Frau Ekaterina am 4. Februar 2022 betäubt, getötet und später zerstückelt zu haben. Der Anklageschrift zufolge legte er den Torso und die abgetrennten Körperteile in einen Reisekoffer und warf ihn in einen Fluss. Knapp vier Wochen später wurde der Koffer in der Nähe des „Sail-City“-Hotels angespült. Als Motiv wird die Befürchtung des Mannes angegeben, Ekaterina werde sich trennen und mit der gemeinsamen Tochter nach St. Petersburg ziehen. Im Laufe des Prozesses hatte die Mutter des Angeklagten erklärt, Ekaterina getötet und deren Leiche Stunden später zerteilt und in einen Koffer gepackt zu haben – alles ohne das Wissen des Sohnes.
Dessen Antworten kommen am Dienstag wohlüberlegt und sind in der Regel schlüssig. Bei Nachfragen zum Tatgeschehen oder die Stunden hat es der Angeklagte leicht, schließlich hat er bislang erklärt, zur Tatzeit geschlafen zu haben und am nächsten Tag, als seine Mutter die Leiche zerstückelt haben will, mit seiner kleinen Tochter beim Muschelsammeln gewesen zu sein. Warum der rechte Oberschenkel nicht in den Koffer gepackt worden sei, übersetzt die Dolmetscherin eine Frage. „Ich habe das nicht gemacht, ich weiß das nicht“, wiederholt er seine Version von der alleinigen Tat der Mutter. Nur bei der Beseitigung des Koffers, das hat der Sohn geschildert, half er seiner Mutter.
Bei einer Frage gerät der 46-jährige dann allerdings doch in Bedrängnis. Die sechsjährige Tochter der Eheleute soll gegenüber einer Betreuungsperson geäußert haben, Papa habe die Mama festgehalten und „aua gemacht“; dabei habe sie eine Bewegung, eine Geste zum Hals gemacht. Wie er sich diese Aussage seiner Tochter erkläre, wird er von seiner Schwiegermutter gefragt. Ekaterina habe mit der Tochter Filme wie „Spider-Man“ oder „Harry Potter“ angeschaut, sagt der Angeklagte. Er habe das nicht für richtig gehalten, denn in diesen Filmen würden ja auch Menschen sterben. „Und wie kann es denn sein, dass sie die Oma nicht erwähnt?“, übersetzt die Dolmetscherin. Schließlich soll nach der Version des Angeklagten seine Mutter die Zerteilung vorgenommen haben. Da seien seiner Tochter von Dritten wohl Dinge aus „Medienberichten“ zugetragen worden, so die Antwort des Angeklagten.
Wollte sich seine Frau nach ihrer Rückkehr aus Russland über Weihnachten wirklich nicht mehr von ihm trennen? Das hat der Angeklagte bisher erklärt. Dann hätte sie sich von ihrem russischen Piloten („Alexander“), dem sie innige Zeilen schrieb („Du bist mein Licht und Wärmestrahl“) und diese als Foto an ihn schickte, abgekehrt, als sie ihm ganz nahe war. Ein Chat mit dem Angeklagten während Ekaterinas Reise zu dem Geliebten könnte dagegen sprechen: „Ich liebe Euch alle, aber auf eine andere Weise“, schrieb sie kurz vor Heiligabend offen ihrem Mann. Der antwortete: „Ich werde nicht die Liebe mit Alexander teilen.“
All diese Beweismittel werden an diesem Tag in das Verfahren eingeführt. Das ist notwendig, wenn das Gericht darauf sein Urteil stützen sollte. Als mögliches Indiz dafür, dass seine Mutter ein falsches Geständnis abgelegt hat, um ihren Sohn vor einer Haftstrafe zu bewahren, gelten auch seine Briefe aus der Untersuchungshaft, allein drei innerhalb von vier Tagen im März 2022. Neben den Liebesbekundungen des Sohnes („mein Sonnenschein“) enthalten sie eindringliche, verzweifelt wirkende Appelle: „Hilf uns allen, Mutti, rette uns, Du kannst es“ und „Du bist meine einzige Hoffnung für die Zukunft“. Einmal heißt es sogar: „Bitte rette mich auf jede erdenkliche Weise“. In einem der Briefe bittet er zudem seine Mutter um Verzeihung. Warum er dies getan habe, fragt ihn der Vorsitzende Richter. Eine klare Antwort bleibt Walter B. schuldig.
Der Prozess wird am Mittwoch fortgesetzt. Für den März sind fünf weitere Verhandlungstage angesetzt.