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Post aus New York

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Von: Elisabeth Gnuschke

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Botschaft aus New York für Bremen: Urenkel Sebastian (v.l.), Inge Berger geborene Katz, ihre Tochter Ruth Bahar, ihre Enkelin Elise und Urenkel Gabriel.
Botschaft aus New York für Bremen: Urenkel Sebastian (v.l.), Inge Berger geborene Katz, ihre Tochter Ruth Bahar, ihre Enkelin Elise und Urenkel Gabriel. © -

Bremen – Post aus New York, die bekommen die Macher der Bremer „Nacht der Jugend“ wahrlich nicht alle Tage. Aber jetzt, im Vorfeld der 23. Nacht, die in diesem Jahr wegen Corona ganz anders stattfinden wird als sonst. In den Vorjahren tummelten sich jeweils mehrere tausend Menschen, insbesondere Jugendliche, im Bremer Rathaus. Das Motto diesmal lautet: „Solidarity now!“, zu deutsch: Solidarität jetzt. Per Livestream ist die Hybridveranstaltung am Mittwoch, 11. November, ab 18 Uhr, zu verfolgen.

Doch was hat die „Nacht der Jugend“ mit der Nachricht aus New York zu tun? Nun, in Zeiten, in den Veranstaltungen in Deutschland englische Titel tragen und wegen Corona vieles virtuell stattfindet, ist die Post natürlich kein Brief, sondern eine Videobotschaft. Sie kommt von Inge Berger geborene Katz. Die 96-Jährige lebt seit langem in New York, stammt aber aus Bremen. Sie gehört zu den Zeitzeugen, die Beiträge für die „Nacht der Jugend“ vorproduziert haben. Nach Inge Berger wurde im Dezember 2019 das Schulzentrum Neustadt in der Delmestraße umbenannt, das sie bis zum Schulverbot 1938 besucht hatte. „Wir haben uns sehr über ihre Botschaft aus New York gefreut“, sagte am Dienstag gegenüber unserer Mediengruppe Martina Höhns, Referatsleiterin Interkulturelle Angelegenheiten im Rathaus. Sie hat die Veranstaltung über viele Monate gemeinsam mit zahlreichen Jugendlichen vorbereitet.

„Nacht der Jugend“ in Bremen: Jugendliche haben Beiträge produziert

So haben sich Jugendliche mit vorproduzierten Beiträgen zum Thema Solidarität beteiligt, die im Livestream gezeigt werden. „Solidarität fängt bei jeder und jedem Einzelnen an. In der Zeit des Nationalsozialismus hat es an Solidarität mit jüdischen Menschen gefehlt“, so Höhns. Auch heute gebe es vielfältige Möglichkeiten, solidarisch zu handeln, sich für Respekt und Zivilcourage einzusetzen. Im Rathaus dürfen am Mittwoch nur wenige Menschen dabei sein, darunter eigentlich Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD). Doch er hat sich am Montag freiwillig ins Homeoffice begeben, da es im Rathaus einen Corona-Fall gibt (wir berichteten). Aber er beteiligt sich von zu Hause, versicherte Höhns. Auf den letzten Drücker passen musste Giano Weiß. Er hat Wurzeln in der Bremer Sinti-Familie von Anton Schmidt und engagiert sich für die Würdigung der von den Nationalsozialisten verfolgten Sinti und Roma. Wenn er nach Bremen gereist wäre, hätte er zwei Wochen in Quarantäne gemusst.

Den Angaben nach wird jedoch die Autorin, Bloggerin und Aktivistin Kübra Gümüsay aus ihrem Buch „Sprache und Sein“ lesen. Refiye Ellek und Soraya Jamal setzen sich in ihrem Podcast „Chai Society“ für eine demokratische und diverse Gesellschaft ein. Ibrahima Bah berichtet von seinem Engagement für Opfer von Rassismus. Die Gäste werden von den Moderatoren Irina Drabkina von der Jüdischen Gemeinde und Tammo Toppe vom Bremer Jugendring interviewt.

Auch Yuval Dvir aus Israel ist bei der „Nacht der Jugend“ wieder dabei. Der Direktor der Internationalen Schule Givat Haviva ist der Enkel des aus Bremen stammenden Martin Bialystock, der 2009 Ehrengast der „Nacht der Jugend“ war und im vergangenen Jahr mit 96 Jahren in Israel gestorben ist. Seine Eltern und seine jüngere Schwester kamen im Holocaust um, während ihm die Flucht aus Nazi-Deutschland gelang.

Aus dem französischen Ort Murat gibt es eine Grußbotschaft von Bürgermeister Gilles Chabrier, der 2019 mit Jugendlichen erstmals Gast bei der Nacht in Bremen war. 1944 waren in Murat nahezu alle männlichen Bewohner im wehrfähigen Alter gefangengenommen und deportiert worden. Viele der gefangenen Jugendlichen und Männer wurden zur Zwangsarbeit beim Bunker „Valentin“ nach Bremen-Nord (Farge) gebracht, etliche starben dort.

„Nacht der Jugend“ in Bremen: Ab 18 Uhr Livestream

Die „Nacht der Jugend“ findet seit 1998 jährlich im Bremer Rathaus unter dem Leitmotto „Unsere Zukunft hat Geschichte“ zum Gedenken an die Opfer der Reichspogromnacht 1938 statt. In diesem Jahr kann sie wegen der Corona-Pandemie am Mittwoch, 11. November, ab 18 Uhr, nur im Livestream verfolgt werden. Unter anderem ist dieser auf der Internetseite „www.nachtderjugend.de“ zu sehen.

Von Elisabeth Gnuschke

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