Aki Harima untersucht Gründerlandschaften in Entwicklungsländern

Bremen - Von Viviane Reineking. „Entrepreneurship“ – zu Deutsch: Unternehmertum – und „Refugee“ (Flüchtling) sind wichtige Begriffe in der Forschungsarbeit von Dr. Aki Harima. Die 32-jährige Japanerin ist Wissenschaftlerin am Bremer Lehrstuhl für Mittelstand, Existenzgründung und Entrepreneurship (Lemex) an der Uni Bremen. Zusammen mit Prof. Jörg Freiling und Prof. Sibylle Heilbrunn hat die Gründungsforscherin ein Buch herausgegeben. 25 Autoren erzählen darin 16 Geschichten von Flüchtlingen, die sich eine eigene Existenz in einem anderen Land aufgebaut haben.
So entstanden etwa kommerzielle und soziale Unternehmungen in Deutschland, Frankreich, Israel, Irland, Jordanien und Pakistan. Aki Harima will mit ihren Kollegen herausfinden, welche Hilfen Flüchtlinge brauchen, um mit einem eigenen Geschäft Fuß zu fassen.
Viele Flüchtlinge, vor allem aus Syrien und dem Iran, hätten bereits in ihrem Heimatland Erfahrungen darin gesammelt, ein Unternehmen zu gründen. Daher sei es für sie auch im neuen Land die erste Option. Viele möchten Harima zufolge einen ähnlichen Job machen wie zuvor in ihrer Heimat. Oft ginge das nicht, weil ihre Qualifikationen, etwa in Deutschland, nicht anerkannt würden. Auch wenn es dann nicht mit ihrem ursprünglichen beruflichen oder akademischen Hintergrund zu tun habe, schafften sie dann mit ihrer eigenen Unternehmung zumindest etwas Neues. „Das hat auch etwas mit Stolz zu tun, ist mein Eindruck.“
Engagiert hat sich die Bremer Forscherin auch mit einem Projekt in Namibia. Mit Studenten ist sie in die Hauptstadt Windhuk gereist. Dort haben sie im Bokamaso-Gründungszentrum Konzepte für Start-up-Unternehmer entwickelt. Im März fliegt Harima wieder in das Land in Südwest-Afrika, um dort mit Partnern über neue Projekte zu diskutieren, Projekte, an denen möglichst auch Bremer Studenten mitarbeiten können.
Geboren und aufgewachsen ist die Wissenschaftlerin in der Megacity Osaka. Schon als Jugendliche zog es Harima in die Welt hinaus, sie ist viel als Backpackerin unterwegs gewesen. „Ich mag besonders die Länder Europas“, sagt sie, „ihre Geschichte, ihre Vielfalt, die Ähnlichkeiten und Unterschiede.“ Diese Vorliebe hat sie von ihrem Großvater, der in der Physikforschung in Nordrhein-Westfalen tätig war. „Deutschland ist ein gutes Land, die Deutschen sind direkt und argumentativ-logisch“, hat der inzwischen Verstorbene seiner Enkelin mit auf den Weg gegeben. Noch während sie an der Kobe-Universität in Japan ihren Bachelor machte, absolvierte sie ein Austauschjahr an der „Otto Beisheim School of Management“ in der Nähe von Koblenz. Das Masterstudium hat sie dann an der Uni Mannheim angeschlossen.
Seit zehn Jahren ist Harima in Deutschland, die Sprache spricht die 32-Jährige fließend. „Erst schwäbisch, jetzt hochdeutsch“, lacht sie. 2013, nach ihrem Master in Wirtschaftswissenschaft, ist Aki Harima nach Bremen gekommen und seither am „Lemex“ beschäftigt. Unternehmer, die aus Industrieländern in Entwicklungsländer auswandern, waren Thema ihrer Doktorarbeit, „summa cum laude“ – „mit höchstem Lob“ – das Bewertungsergebnis. Harima ist jetzt sogenannte Postdoc-Forscherin und auch in der Lehre aktiv. Gerne würde sie länger an der Uni Bremen bleiben. Doch nach der Promotion darf sie nur maximal sechs Jahre an derselben Uni arbeiten. Doch irgendwann aber möchte sie hierher zurückkommen.
Schön finde sie an Deutschland, dass man Glück selbst definieren könne. In Japan herrsche ein starker Kollektivismus: Die Gesellschaft lege fest, was Glück bedeute, was man machen solle, damit man glücklich sei. Man müsse als Kind viel lernen, um an einer guten Uni studieren und später bei großen Unternehmen arbeiten zu können. In Deutschland könne man dagegen sagen: „Ich mag etwas, deshalb bin ich glücklich. Die Menschen schätzen hier individuelle Arten von Glück.“ Für die Zukunft hat sie viel vor. Ihr Fokus gilt etwa Gründungspotenzialen von Menschen mit Fluchthintergrund, der Rolle von transnationalen Unternehmern im Gründungsökosystem Santiago de Chile und Gründerlandschaften in Entwicklungsländern.