Kartoffeln mit Klassik auf dem Bremer Wochenmarkt

Bremen – Gurken und Blumenkohl, Suppe und Aufschnitt, Schubert und Ravel – Mischungen wie diese zählen jetzt zum Angebot des Wochenmarkts auf dem Domshof in der Bremer Innenstadt. Donnerstags beginnen dort um 11 Uhr „Marktkonzerte“ – an diesem Donnerstag feierte die Reihe Premiere. Das Angebot gilt bis in den September hinein.
Denn so lange soll das 50-Tonnen-Stahlgerüst auf dem Domshof stehen; ein Monstrum, das Bühne, Bar und Ausstellungsraum vereint – und Schauplatz der diesjährigen (und nunmehr bereits dritten) „Open-Space“-Saison ist. Studenten der Hochschule für Künste gestalten weite Teile des „Open-Space“-Programms.
Mit 500 000 Euro aus dem „Aktionsprogramm Innenstadt“ wird das Gerüst finanziert. Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke): „Es ist ein Experiment, ein gewagtes. Das wird nicht allen gefallen. Aber es ist wichtig, dass wir das machen.“ Denn: „Wir sind in der Verantwortung, neue Konzepte für die Innenstadt zu finden.“
Bremer Domshof: Premiere mit Ravel und Schubert
„Ich gehe mal eben Kartoffeln holen.“ – „Ich gehe ins Konzert.“ – Dank des Experiments lassen diese beiden Sätze sich in der Bremer City nun harmonisch kombinieren. Zum Auftakt spielten am Donnerstag Shinhye Kim, Zeyi Wang, Davit Aydiyan und Sebastian Jörgensen das Streichquartett in f-Dur von Maurice Ravel (1875 bis 1937). Anschließend folgten Wan-Yu Chang, Yuntao Shi, Hou Kuan und Liu Ziyi mit einem Streichquartett von Franz Schubert (1797 bis 1828).
Die Musiker saßen auf einem Zwischendeck des Stahlgerüsts, so dass sich die Musik gleichsam von oben, aus leicht erhöhter Position, über das Marktgeschehen ergoss. Für einige Zuschauer standen Liegestühle in coronakonformem Abstand bereit. Aber nicht jeder kletterte die Stahltreppen hoch. Manche Marktkunden hielten inne, blieben stehen zwischen Erdbeeren und Entrecote, hörten einfach zu. Andere sahen sich suchend um – wo kommt sie auf einmal her, die schöne Musik?
Plötzlich ein Wasserfall auf dem Domshof
Wieder andere nahmen weniger Anteil. Kommentar einer Marktfrau: „Das ist nicht meine Musik.“ Plötzlich ein lautstarkes Prasseln. Rauschender Applaus? Nein, so große Menschenmengen sind nicht hier. Regenwassermassen rauschen vom Dach des „Open-Space“-Gerüsts und landen auf einer Metallfläche, was eben mit Geräusch verbunden ist. Ein temporärer Wasserfall, sozusagen. Die Musiker spielen ungerührt weiter. Und die Marktfrau mit dem eigenen Musikgeschmack kommentiert ungerührt: „Wir können Euch auch Duschgel reichen!“