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„Haus der syrischen Kunst“: Ein neues Museum im Herzen Bremens

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Von: Thomas Kuzaj

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Brücken schlagen: Chawkat Takla und Frizzi Krella im neuen „Haus der syrischen Kunst“ in der Bremer Innenstadt.
Brücken schlagen: Chawkat Takla und Frizzi Krella im neuen „Haus der syrischen Kunst“ in der Bremer Innenstadt. © Kuzaj

Bremen – In Bremen hat ein neues Museum eröffnet, ein Kleinod im Herzen der Stadt: „Takla – Haus der syrischen Kunst“, zu erreichen über den Hoetger-Hof der Böttcherstraße. Hier öffnet sich eine Welt, in der etliche Brücken geschlagen werden zwischen Orient und Okzident .

„Unter einem Dach“ – das ist der Titel der Eröffnungsausstellung, die bis zum 25. Februar 2023 zu sehen sein wird und zeitgenössische Kunst aus Syrien vereint. Die Gemälde und Skulpturen stammen aus der Sammlung der Bremer Takla-Stiftung, hinzu kommen Leihgaben aus Privatbesitz. Der Titel bezieht sich auf das gleichnamige Gemälde des Künstlers Ahmad Moualla, der im Jahr 2014 in Syrien sein Atelier durch einen Brandanschlag verloren hat.

„Die syrische Kunst ist eine noch zu wenig bekannte Landschaft“, sagt der Bremer Unternehmer Chawkat Takla. Nun steht er im „Haus der syrischen Kunst“ und freut sich sichtlich, dass es endlich losgeht mit dem lange vorbereiteten Museumsbetrieb – das Haus ist eine Einladung, die „zu wenig bekannte Landschaft“ zu entdecken. Takla ist gebürtiger Syrer, er stammt aus Homs. Im Jahr 1968 kam er für sein Studium der Elektrotechnik nach Deutschland. Seit Mitte der 70er Jahre lebt er in Bremen, ab Anfang der 80er Jahre baute er hier ein Unternehmen für Sicherheitssysteme auf. „Wir entwickeln und fertigen hier in Bremen“, sagt Takla. Seit 2010 vertritt er Syrien als Honorarkonsul in Bremen und Niedersachsen.

Bremer Stiftung hilft syrischen Familien und Künstlern

Gemeinsam mit seiner Frau – Dr. Gudrun Takla – hat der Unternehmer vor einigen Jahren die Takla-Stiftung gegründet, die sich der syrischen Kunst und humanitärer Hilfe widmet. „Wir unterstützen 30 Familien mit 56 Kindern, die dort leben“, so Takla im Gespräch. „Die Armut dort ist gewaltig.“ Ein Ziel der Hilfe ist es, den Kindern Bildung zu ermöglichen. Takla fliegt regelmäßig nach Syrien, um die Familien zu besuchen.

Seit mehr als zehn Jahren herrscht Krieg in Syrien. Die Menschen sind ausgezehrt, Erfahrungen von Tod und Zerstörung haben sich „tief in das kulturelle Gedächtnis“ des Landes eingeschrieben, heißt es im „Haus der syrischen Kunst“. Und: „Dass unter diesen Bedingungen überhaupt Kunst entstehen kann, grenzt an ein Wunder.“

Ort der Begegnung: Lesungen und Konzerte sollen Ausstellungen begleiten

Das Museum zeigt „Arbeiten von Künstlern, die in Syrien leben und solchen, die das Land verlassen haben – manche bereits vor längerer Zeit, andere erst nach dem Ausbruch des Krieges“, so die Berliner Kunsthistorikerin Frizzi Krella, Direktorin des „Hauses der syrischen Kunst“. Geplant sind zwei Ausstellungen im Jahr, die von weiteren Veranstaltungen begleitet werden – beispielsweise von „Vorträgen, Konzerten, Diskussionen“, so Frizzi Krella im Gespräch mit unserer Zeitung.

Es gehe darum, Brücken zwischen den Kulturen zu schlagen – zwischen Kulturen, die auch gemeinsame Bezugspunkte haben, etwa in der antiken Tradition und Überlieferung. Zugleich eröffnet die Beschäftigung mit der syrischen Kunst die Möglichkeit, sich von einer auf Europa fixierten Perspektive zu lösen und einmal „neu“ auf Bekanntes oder vermeintlich Bekanntes zu blicken. Und auf diesem Weg andere Bildtraditionen zu entdecken. Und eben: Verbindungen.

Syriens zeitgenössische Kunst: Identität und Moderne

Die zeitgenössische Kunst Syriens setzt in den 50er Jahren und vor allem zu Beginn der 60er Jahre ein; eine moderne Auseinandersetzung mit Fragen der Identität beginnt. Junge Menschen studieren an Einrichtungen wie der Akademie der Künste der Universität in Damaskus, andere gehen zum Studium nach Europa, gewinnen Anregungen zum Beispiel in Italien – die Stichworte auch hier wieder: Brückenschläge und Austausch. Von mittlerweile „vier Generationen“ der zeitgenössischen syrischen Kunst spricht Krella.

Auf vielfache Weise korrespondieren syrische und europäische Traditionen, die Kunst bringt vieles zusammen, lässt Neues daraus entstehen. Beim Rundgang durch die Ausstellung zeigt Direktorin Krella ein eindrückliches Beispiel: „Current Scene“ („Aktuelle Szene“), ein Gemälde des syrischen Malers und Bildhauers Edward Shahda, Jahrgang 1952. Shahda hat es 2012 gemalt, nach Beginn des Kriegs. Er zeigt die Schrecken, das Grauen des Krieges – und weckt in Komposition und Farbgebung eine starke Assoziation: „Current Scene“ erinnert an Picassos „Guernica“.

Das „Haus der syrischen Kunst“ öffnet dienstags bis sonnabends in der Zeit von 15 bis 18 Uhr. Sonntags und montags: geschlossen. Der Eintritt ist frei. Führungen auf Anfrage: info@takla-stiftung.org.

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