Haben 6 Bremer den Staat um Millionen betrogen?
Vor dem Landgericht Bremen hat am Mittwoch der Prozess gegen sechs Personen aus Bremen begonnen. Sie sollen den Staat um Millionen betrogen haben.
Bremen – Großer Aufmarsch im größten Gerichtssaal des Gebäudes: Am Mittwoch hat vor dem Bremer Landgericht ein Wirtschaftsprozess begonnen. Fünf Angeklagte, zehn Verteidiger, zwei Staatsanwälte, eine Ergänzungsrichterin, zwei Ergänzungsschöffen warten auf die sechste Angeklagte – vergeblich.

Und so tritt das Gericht zwar in die Hauptverhandlung wegen Veruntreuung und mehr ein, unterbricht sie jedoch schnell wieder – noch vor Verlesung der Anklageschrift.
6 Bremer sollen Staat um 3,5 Millionen Euro betrogen haben: Prozess gestartet
Fünf Männer im Alter von 34 bis 57 Jahren sind angeklagt, im Zeitraum von Januar 2019 bis April 2022 unter anderem in Bremen Arbeitnehmer entweder gar nicht oder in zu niedrigem Umfang in der Sozialversicherung und beim Finanzamt angemeldet zu haben. Dadurch sparten sie Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge, also Renten- und Krankenkassenzahlungen, ein.
Die Arbeitnehmer erhielten ihren „Schwarzlohn“ überwiegend in bar ausgezahlt sein. Die weitere Angeklagte (31) – die, die heute durch ihr Nichterscheinen für das schnelle Ende des Verhandlungstages sorgte – soll durch Übernahme der Kommunikation gegenüber offiziellen Ämtern sowie durch Beseitigen von Unterlagen unterstützend tätig geworden sein.
Angeklagte sollen „Schwarzlöhne“ ausgezahlt haben
Zur Verschleierung des Geldflusses und der tatsächlichen Arbeitgebereigenschaft der Firmen sollen der Anklage zufolge von Subunternehmen sogenannte Scheinrechnungen – also Rechnungen, ohne dass Leistungen erbracht wurden – ausgestellt und in die Buchhaltung übernommen worden sein. Die auf den Bankkonten der Subunternehmen eingegangenen Gelder wurden demnach bar abgehoben und flossen an die Angeklagten zurück.
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Mit einem Teil dieses Bargeldes, so die Anklage, wurden die „Schwarzlöhne“ bezahlt. Die jeweiligen Aufgabenbereiche wie etwa die Erstellung und Verbuchung von Scheinrechnungen, die Beschaffung und Auszahlung des Bargeldes oder die Koordinierung der Schwarzarbeiter nebst Beschaffung von Arbeitskleidung, Werkzeug und mitunter gefälschten Dokumenten für die Arbeiter sollen die Angeklagten unter sich aufgeteilt haben. Laut Anklage entstand ein Schaden in Höhe von 3,5 Millionen Euro.
Ehemaliger SPD- Bürgerschaftsabgeordneter angeklagt
Auf der Anklagebank sitzt auch ein ehemaliger Bürgerschaftsabgeordneter (57). Er gehörte seinerzeit der SPD-Fraktion an. In dieser Zeit als Parlamentarier wurde gegen ihn bereits in einem anderen Fall wegen Steuerhinterziehung und des Nichtabführens von Sozialabgaben ermittelt.
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Nachdem die Bürgerschaft seine Immunität aufgehoben hatte, stellte das Amtsgericht das Verfahren gegen den Bauunternehmer schließlich ein – gegen Zahlung einer Geldauflage von 20.000 Euro. Der Prozess vor dem Landgericht ist bis Ende des Jahres terminiert und wird am Donnerstag, 9. März, fortgesetzt – falls alle Beteiligten erscheinen.