Fleischverbot für Bremen? Grüne fordern vegane Ernährungsweise
Die Grünen-Bürgerschaftsfraktion ruft in einem Positionspapier eine „Ernährungswende“ für Bremen mit Verzicht auf tierische Produkte aus. Es gibt Gegenwind.
Bremen – Unter dem Titel „Ernährungswende für Klimaschutz vorantreiben“ fordern die Grünen, dass ganz Bremen quasi vegan wird und als gutes Beispiel für andere Bundesländer vorangeht. Unter anderem wird ein höherer Anteil veganer Speisen in Mensen und Kantinen gefordert. Aber auch der Weihnachtsmarkt, Breminale, Freimarkt oder Osterwiese wären betroffen. Konkret soll der Anteil veganer Speisen und Getränke in Zukunft laut der Forderung rund 75 Prozent betragen.
Fleischverbot für Bremen? Grüne fordern vegane Ernährungsweise im ganzen Bundesland
Erst einmal wird dem Leser des Papiers eingangs klargemacht, dass Ernährung keine Privatsache ist. Ernährung sei politisch, heißt es da. Und weiter: „Was wir essen, hat erheblichen Einfluss auf andere, oft unbeteiligte Dritte: Unsere Landwirtschaft verschärft dramatisch die größten ökologischen Krisen unserer Zeit, den Klimawandel und den Verlust von Artenvielfalt“, heißt es in dem Papier, das durch den klimapolitischen Sprecher der Bürgerschaftsfraktion, Philipp Bruck, verfasst wurde.

Auch wird gefordert, die Kochausbildung dementsprechend anzugleichen. „Kochen ohne Tierprodukte muss zum Standard werden, auch in Gastronomiebetrieben“, schreibt Bruck in dem Positionspapier. Um dies entsprechend umzusetzen, solle es „Beratungsangebote zur Ergänzung und Weiterentwicklung ihrer Speisepläne erhalten“, auch wenn Avocado, Kürbis und Mandeln nicht vegan sind. Sogar der Autobauer VW setzt in vielen Bereichen inzwischen auf vegane Ernährung.
Bremen soll vegan werden: Das sind die konkreten Forderungen der Grünen-Bürgerschachaftsfraktion
- Ernährungsempfehlungen aktualisieren:
Pflanzliche Ernährung soll in den Ernährungsempfehlungen einen größeren Stellenwert erhalten. Um eine klimagerechte Ernährung zu gewährleisten, sollte die Planetary Health Diet Grundlage der Ernährungspolitik werden. - Informieren und sensibilisieren:
Eine breit angelegte öffentliche Kampagne soll über die Vorteile pflanzlicher Ernährung, die Folgen der Tierhaltung für Umwelt, Klima, Gesundheit und Tiere sowie über klimakompatible Ernährungsweisen aufklären. - Zukunftsfähige Lebensmittelindustrie fördern:
Bremen ist wichtiger Standort der Lebensmittelindustrie, einer Branche, die gerade in starker Bewegung ist, insbesondere mit Blick auf Alternativen zu Fleisch, Fisch und anderen tierischen Nahrungsmitteln. Diese positive Entwicklung auch Bremer Unternehmen sollte unterstützt werden. Bremen sollte gezielt innovative Betriebe und die Entwicklung und Markteinführung pflanzlicher Lebensmittel fördern. - Alternativen in Gastronomie und Gemeinschaftsverpflegung stärken:
Kochen ohne Tierprodukte muss zum Standard werden, auch in Gastronomiebetrieben und der Gemeinschaftsverpflegung. Einhergehend damit fordern die Grünen, die Regeln zur Koch-Ausbildung in Deutschland entsprechend anzupassen. In Bremen soll die Training Kitchen auch als Lehrküche für pflanzliche Gemeinschaftsverpflegung und Gastronomie genutzt werden. - Öffentliche Mensen und Kantinen zu Vorbildern machen:
In der öffentlichen Gemeinschaftsverpflegung trägt Bremen eine besondere Verantwortung für gesunde und klimakompatible Ernährung. Im Land Bremen werden im Rahmen des Aktionsplans 2025 bereits in vielen Mensen und Kantinen die DGE-Standards angewandt und damit die Angebote tierischer Lebensmittel reduziert. Diese Standards sollen nun im Rahmen eines Modellprojekts klimafreundlich weiterentwickelt werden. - Ernährungsangebote in den Quartieren stärken:
In vielen Quartierszentren und anderen Einrichtungen in Bremen und Bremerhaven gibt es bereits Angebote wie einen günstigen Mittagstisch, um möglichst allen Menschen im Land Bremen eine vollwertige Ernährung zu ermöglichen. Diese Angebote sollen ausgebaut und klimafreundlich gestaltet werden. - Großveranstaltungen klimakompatibel machen:
Ob Freimarkt, Breminale oder Weihnachtsmarkt, auf Großveranstaltungen in Bremen dominieren tierische Lebensmittel das Essensangebot. Zukünftig soll mindestens die Hälfte der Essensstände rein vegan sein. An den übrigen Ständen sollen, wie von der Enquetekommission beschlossen, zumindest vegane Alternativen angeboten werden. - Subventionen umsteuern:
Tierische Lebensmittel sollten nicht länger durch den reduzierten Mehrwertsteuersatz subventioniert werden, stattdessen fordern die Grünen, dass die Klima- und Umweltfolgekosten eingepreist werden. Im Gegenzug sollten klimafreundliche und gesunde Lebensmittel wie Obst, Gemüse, Nüsse und Hülsenfrüchte vergünstigt werden, damit sich alle Menschen eine gesunde und klimakompatible Ernährung leisten können. - Tierbestände reduzieren, Alternativen fördern:
Wenn der Konsum tierischer Lebensmittel um drei Viertel sinkt, sollen laut der Forderung der Grünen auch die Tierbestände entsprechend sinken. Auf nationaler und europäischer Ebene gilt es, wirksame Instrumente zum Abbau der Tierbestände einzuführen, ob Moratorien für Stallbauten, eine Flächenbegrenzung, Produktionsquoten, Zertifikatesysteme oder Transformationsprogramme. Ziel soll es dabei nach Wünschen der Grünen sein, vor allem die Landwirtschaft zu erhalten, die für die Umwelt und insbesondere die Biodiversität wichtige Beiträge leistet, beispielsweise im Bremer Blockland. - Verbrauchertäuschung beenden, Transparenz schaffen:
Glückliche Kühe auf einer Wiese, die man in Wirklichkeit nie sieht: Die Bilder auf Milchtüten und anderen Tierprodukten oder in Werbespots haben nach Meinung der Grüner Bremen oft nichts mit der Realität der Tierhaltung zu tun. Daher wird der Abbau von – aus grüner Sicht – sprachlichen und bildlichen Beschönigungen auf Verpackungen und in der Bewerbung von Tierprodukten gefordert. - Ernährungsempfehlungen klimakompatibel machen:
Die Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag erklärt, die DGE-Standards überarbeiten zu wollen. Dabei sollen laut den Grünen zukünftig neben den gesundheitlichen Zielen der Ernährungsempfehlungen auch die ökologischen Grenzen stärker beachtet werden, insbesondere durch Kompatibilität mit den Pariser Klimazielen. (Quelle: gruene-fraktion-bremen.de)
Dass diese Forderungen für Bremen und Bremerhaven nicht ohne Widerspruch bleiben, dürfte selbst den kühnsten Träumern von einer veganen Welt bei den Grünen einleuchten. „Man muss die Menschen überzeugen, wenn man noch nachhaltiger und ökologischer wirtschaften möchte. Das erreicht man nicht durch Verbote oder gesetzliche Vorgaben. Das hat ja bereits die Prohibition gezeigt, dass das nicht funktioniert“, zitiert das Regionalmagazin buten un binnen von Radio Bremen Thorsten Lieder von der Bremer Gastro Gemeinschaft. Der Adlon in Berlin bewirtet zum Beispiel erst gar keine Veganer.
Bremen soll vegan werden: Gegenwind aus Gastronomie und Rathaus für Vorschlag der Grünen
Auch aus dem Rathaus Bremen kam am Mittwochnachmittag, nach der TV-Berichterstattung von Radio Bremen, ordentlich Gegenwind für den Vorschlag der Grünenfraktion. Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) stellte sich demonstrativ an die Seite der Gastronomen, die klar gegen die vermeintliche Bevormundung sind. „Ich bin sehr dafür, dass wir uns gesund, ausgewogen und klimabewusst ernähren. Aber ich bin sehr dagegen, dass der Staat den Menschen vorschreibt, was beim Essen auf den Tisch kommt“, sagte Bovenschulte dem Weser-Kurier.
„Wir müssen über die Zusammenhänge von Fleischkonsum und Klimazielen informieren und das Bewusstsein für nachhaltiges Leben stärken“, sagte auch FDP-Landeschef Thore Schäck dem Weser-Kurier. Einen Katalog mit Vorschriften, welches Essen auf welchen Festen angeboten werden dürfe oder für den Ernährungsalltag der Bremerinnen und Bremer, lehnt er allerdings kategorisch ab.
Als sogenannte „Verbotspartei“ will Philipp Bruck die Grünen in Bremen aber nicht abgestempelt wissen, wie er buten un binnen sagte: „Das Papier hat das Ziel, Angebote zu verändern und mehr Angebote zu schaffen. Die Leute sollen die Möglichkeit haben, sich vegan zu ernähren. Aber alle, die weiterhin Fleisch essen wollen, können das auch tun.“ Jetzt soll in der Bürgerschaft diskutiert werden.